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Heiliges Land – Betlehem

               Betlehem, wo der Lebensweg Christi begann, ist heutzutage mit Jerusalem grundsätzlich zusammengewachsen. Also, es wäre zusammengewachsen, gäbe es zwischen den beiden Städten nicht eine acht Meter hohe Mauer. Die Grenzübergänge werden von bewaffneten israelischen Soldaten überwacht. Betlehem liegt nämlich in Palästina also in der „Westbank“, im autonomen palästinischen  Gebiet. Betlehem gehört zur „Zone A“, also zum palästinischen Gebiet mit einer vollständigen Autonomie, also mit Zivilverwaltung und palästinischer Polizei (Palästinenser dürfen keine Armee haben). Man wird nach der Überquerung der Grenze von einer großen roten Tafel ein bisschen überrascht, auf der, geschrieben mit großen weißen Buchstaben, steht: „Dieser Weg führt in ein palästinisches Dorf. Benutzung dieser Straße ist für israelische Staatsbürger lebensgefährlich“. Aus diesem Grund wechseln die Reisegruppen, die einen israelischen Reiseführer haben, an dieser Stelle diesen in einen palästinensischen. In Betlehem machen die Führungen ausschließlich Palästinenser.

               Zur „Geburtskirche“ muss man also über die Grenze – am bestens im Taxi mit einem arabischen Fahrer. Betlehem ist eine prosperierende Stadt, gleich wie Rammallah profitiert es von der Loyalität der derzeitigen palästinischen Führung – und von der Touristik. Es gibt hier Vier – und Fünfsternhotels (obwohl man im Vergleich mit mitteleuropäischen Verhältnissen einen Stern abziehen sollte). Es ist doch ein bisschen anders, zum Beispiel im Hotel Gabriel ist die ganze Bar eine Raucherzone, also für Nichtraucher ist es dort ein bisschen schwierig. Eine Zigarette gehört im Orient zum Image eines erwachsenen Menschen noch viel mehr als bei uns und medizinischer Tratsch über die Schädlichkeit des Rauchens ist hier noch nicht angekommen. Im Stadtzentrum gibt es ein riesiges modernes Einkaufszentrum, wäre es nicht arabisch beschriftet (nur arabisch, hebräische Aufschrift würde man vergeblich suchen), könnte man glauben, man wäre zu Hause.

               Die Basilika „Geburtskirche“ist ein riesiges Gebäude im romanischen Stil. Angeblich ist es die einzige Kirche in ganz Palästina, die das Wüten der Perser im Jahr 614 überlebte. Der Grund war das Mosaik mit einer Abbildung der drei Könige vor ihrem Eingang. Diese wurden in den traditionellen persischen Gewänden dargestellt und das hielt die Soldaten des persischen Königs ab – sie fürchteten, sie könnten einen persischen Tempel zerstören. Das Mosaik gib es hier heutzutage nicht mehr, der Eingang in die Basilika ist trotzdem sehr interessant. Grundsätzlich handelt sich um drei Eingänge in einem. Der größte und der mittelgroße (sagen wir der normal große) sind beide zugemauert, es bleibt nur ein kleiner Eingang, in dem man sich viel bücken muss, um durchzukommen. Angeblich ist der Grund, dass kein Mann in der Rüstung und mit einer Waffe hineinkommen durfte. Was funktionieren könnte. Ein gepanzerter Ritter kann sich sicher nicht so klein machen, um durchzukommen. Das Innere der Kirche ist dafür groß. Groß genug, damit sich hier eine dreistündige Schlange bilden kann, die auf den Eintritt in die Höhle im Untergeschoß wartet, wo das Christkind zur Welt kam. 

               So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa  in die Stadt Davids, die Betlehem heißt, denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. (Lukas 2, 4-7)

               Das apokryphische Matthäus Pseudoevangelium bereichert diese Erzählung mit unseren zwei bekannten Tieren: „Am dritten Tage nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus trat die seligste Maria aus der Höhle, ging in einen Stall hinein und legte ihren Knaben in eine Krippe, und Ochs und Esel beteten ihn an. Da erfüllte sich, was durch Propheten Jesaja verkündet ist, der sagt: Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn“

               Weil die Apokryphen in der christlichen Tradition eine bedeutende Rolle spielen, muss natürlich der Geburtsort Christi in einer Höhle sein – die Stelle der Geburt ist auf dem Boden mit einem Stern gekennzeichnet.

Vorher muss man aber eine mehrstündige Schlange überstehen, die sich durch die orthodoxe Basilika schlängelt, bis man zum Eingang in die Höhle kommt. Die Menschen sickern in den Eingang der Höhle wie Sand in ein Loch im Boden, der Ort hat aber trotz dieses Andrangs der Pilger und Touristen etwas in sich. Hier klingen die Worte des Evangelium von Lukas: „In jeden Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl…“ einfach anders als wo anders.

               Die wunderschöne Ikonostase und riesige Kronleuchter aus Silber stiftete der russische Zar Nikolaus II. für die Kirche. Der Herrscher, der in seinem Heimatsland zu einem heiligen Märtyrer erklärt worden ist, da er mit seiner ganzen Familie dem Terror der Bolschewiken zum Opfer fiel.

               Da die Geburtskirche ein orthodoxes Gotteshaus ist, gibt es in ihrer unmittelbaren Nähe die Kirche der Heiligen Katharina von Alexandria. Diese monumentale katholische Kirche (verwaltet wird sie von Franziskanern) steht auf dem Ort, wo laut Überlieferung der heiligen Katharina Jesus erschien und ihr bevorstehendes Martyrium voraussagte.  Die katholischen Weihnachtsmessen aus Betlehem werden in die ganze Welt aus dieser Kirche übertragen. Übrigens, die Orgel ist ein Werk der österreichischen Firma Rieger und wurde in den Jahren 2002 – 2003 gebaut.

               Betlehem ist der Geburtsort Königs David, des Gründers des ersten jüdischen Staates und Eroberers Jerusalems. Also des ersten ( obwohl eigentlich des zweiten) jüdischen Königs. Er, sowie auch Josef und Christus, leiteten ihre Herkunft vom jüdischen Stamm Benjamin ab, sie waren also Nachfahren des jüngsten der Söhne Jakobs. An Davids Geburt wird auf dem Gebiet des Feindes nicht erinnert, die Juden ehren ihn an seinem fiktiven Grab auf dem Berg Zion vor den Mauern Jerusalems.

               Also wenn der Weg Christi in Betlehem seinen Anfang nahm, endete dieser nach vielen Zwischenstationen in dem weitentfernten Galiläa, in Nazareth, in Kapernaum, am See Genezareth und – vielleicht – auch in Kana, in Jerusalem – so, wie er enden musste.

Aber darüber das nächste Mal.

Jerusalem II.Teil

Der Berg Zion wird von der Kirche Maria Himmelfahrt dominiert. Nach der christlichen Tradition stieg sie gerade von diesem Ort in den Himmel, laut einer anderen Überlieferung passierte es in Ephesos im Kleinasien. (Dort gibt es auch eine Pilgerkirche zur Ehre der Jungfrau Maria) Auf dem Berg Zion ließ Kaiser Wilhelm auf seiner Pilgerreise nach Palästina im Jahr 1910 eine monumentale Kirche bauen. Er ließ damals in Jerusalem insgesamt vier Kirchen bauen, zwei für Katholiken und zwei für Protestanten, diese auf dem Berg Zion, die der Jungfrau Maria gewidmet ist, ist logischerweise katholisch.

               Gegenüber dem Tempelberg steht der Ölberg. In keinem Fall empfehle ich mit einem eigenen Fahrzeug hinzufahren. Wenn dort irgendwelche Verkehrsregel gelten, dann ist es mir nicht gelungen, sie zu entziffern – außer dem Rechte des Stärkeren. Hier einen Parkplatz zu suchen ist eine absolut verrückte Idee und sie ist nur für Lebensmüde geeignet. Es zahlt sich aus, sich mit Taxi hinfahren zu lassen. Hier, auf dem Ölberg, beginnt die Prozession am Palmsonntag, also der Weg, den Jesus mit seinen Jüngern auf dem ausgeliehenen Esel zum Goldenen Tor ging, durch das er Jerusalem betrat. An der Prozession am Palmsonntag nehmen bis zu 20 000 Pilger teil.  Es ist sicherlich nichts für Menschen mit Agoraphobie. Übrigens, es gibt auf diesem Weg mehr als genug Menschen auch an anderen Tagen ohne die Palmsonntagsprozession. Heutzutage kann natürlich der Weg in die Stadt nicht durch das Goldene Tor führen. Man muss das Tal Cedron (oder Kidrun) überqueren und dann die Stadt durch ein anderes Tor betreten – oder sich mit dem Taxi zur Altstadt hinfahren lassen.

               Die Hänge des Ölberges sind mit jüdischen Gräbern dicht bedeckt. Gerade im Tal Cedron vor den Mauern von Jerusalem sollte das Jüngste Gericht stattfinden und es gibt viele, die dabei die Ersten sein wollen. Für einen Grab auf dem Hang des Ölberges werden Unsummen bis zu einer halben Million Dollar bezahlt. Eine „Pole position“ kostet halt etwas. Obwohl – ich hätte es nicht so eilig. Die Erfahrung sagt, dass Richter im Prozessverlauf eher nachsichtiger werden und im Himmel gibt es  genug Platz für alle. Übrigens – in der Hölle auch.

               Der Pilgerweg auf dem Ölberg beginnt bei der Kirche „Paternoster“ (Vater unser). Nirgends in der Bibel wird beschrieben, wo Jesus seine Jünger dieses Grundgebet des neuen Glaubens, das durch seine Einfachheit genial ist, gelehrt hat: Vater unser im Himmel, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf der Erde. Gib uns heute das Brot, das wir brauchen. Und erlass uns unserer Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen (Matthäus 6, 9-13, modifiziert und etwas verkürzt auch Lukas 11, 2-4))

               Matthäus erwähnt den Ort gar nicht, Lukas schreibt nur es geschah „an einem Ort“. Es ist merkwürdig, dass Markus dieses Gebet gar nicht erwähnte. Sollte Markus tatsächlich der Sekretär des heiligen Petrus gewesen sein und die Erinnerungen seines Meisters aufgeschrieben haben, wäre es möglich gewesen, dass er dieses Gebet nicht kannte?  Entstand es vielleicht doch später? Oder war es Petrus nicht wert, es zu erwähnen? So oder so, „Vater unser“ ist eine schöne Kirche im gotischen Stil aus der Zeit der Kreuzfahrer über einer Höhle, wo angeblich dieses Gebet das erste Mal gesprochen wurde (wahrscheinlich entschied darüber wieder einmal die Kaisermutter Helena). Die Kirche ist  mit einem schönen Garten voll mit blühenden Rosen umgegeben. Überall gibt es Tafeln mit dem Text des Gebetes in allen Weltsprachen. Im Inneren der Kirche, im Kreuzgang, sowie auch im Garten. Den deutschen Text findet man im Kreuzgang, wie auch den tschechischen, dieser ist an der Wand in unmittelbarer Nähe von Latein, Griechisch und Arabisch. Die Slowaken schafften das sogar direkt ins Kircheninneren. Der einzige Wermuttropfen für sie könnte sein, dass sich ihre Tafel in der direkten Nachbarschaft des ungarischen Textes befindet. Diese zwei Nationen lebten einfach eintausend Jahren in einem Staat, sie bekamen in der Kirche also Plätze nebeneinander zugeteilt, ob das ihnen gefällt oder nicht.

               Von der Kirche steigt man ab zum Cedrontal. Auf dem Weg gibt es ein Kirchlein „Dominus flevit“ (Der Herr weint) auf dem Ort, wo Jesus über das Schicksal Jerusalems weinte, da er wusste, dass die Stadt vernichtet würde. Als er näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was dir Frieden bringt. Jetzt aber bleibt es vor deinen Augen verborgen. Es wird eine Zeit für dich kommen, in der deine Feinde rings um dich einen Wall aufwerfen, dich einschließen und von allen Seiten bedrängen. Sie werden dich und deine Kinder zerschmettern und keinen Stein auf dem anderen lassen, denn du hast die Zeit der Gnade nicht erkannt. (Lukas 19,41-44)

               Es steht hier ein entzückendes Kirchlein in der Form eines Tropfens oder eigentlich einer Träne, ein Werk des italienischen Architekten Antonio Barluzzi. Eröffnet wurde es im Jahr 1955, als der Ölberg noch zu Ostjerusalem gehörte und damit unter arabischer Verwaltung stand. Gleich nebenan steht die orthodoxe Kirche der Maria Magdalena mit goldenen Kuppeln, eine Dominante beim Blick auf den Ölberg von der Moschee Al Aqsa aus. Diese Kirche ließ auf diesem Ort der russische Zar Alexander III. bauen. Von der Kirche „Dominus flevit“ gibt es wunderschöne Blicke auf Jerusalem mit dem Felsendom und dem zugemauerten Goldenen Tor, aber auch auf die Hänge des Ölberges, bedeckt mit tausenden Gräbern der ungeduldigen Juden.

               Dann führt der Weg ins Tal in den Garten Getsemani. Dieser Garten wurde als der Ort der Gefangennahme Christi in drei Evangelien beschrieben ( Markus, Matthäus und Lukas), nur Johannes nennt ihn nicht mit dem Namen, sondern er schreibt über einen Garten hinter dem Bach Cedron, was allerdings geographisch mit dem Garten von Getsemani übereinstimmt. Das verleiht dem Ort eine unbezweifelbare Authentizität.   Einige der Olivenbäume sind tatsächlich zweitausend Jahre alt und mussten also die Geschehnisse des damaligen Freitagsmorgens erleben. Dem Menschen läuft es bei dem Anblick dieser stummen Zeugen kalt über den Rücken. Im Garten steht eine Kirche „Allen Nationen“ (Auch genannt „Kirche des Leidens des Herren“ – „Basilica agoniae domini“). Sie hat fünfzehn Kuppeln, weil so viele Nationen sich an den Kosten für den Bau dieser Kirche beteiligten. Der Architekt war wieder einmal Antonio Barluzzi, die Kirche wurde im Jahr 1924 fertiggestellt. Vor dem Altar, umrahmt mit einem niedrigen Geländer in der Form der Dornkrone, gibt es einen Felsen, auf dem Christus betete. Die erste Kirche über diesen Felsen ließ Kaiser Theodosius bauen, auch diese Kirche fiel dem Persischen Einfall im Jahr 614 zu Opfer. Die Nachfolgekirche der Kreuzfahrer verschwand irgendwann im vierzehnten Jahrhundert, also ist die heutige Kirche bereits das dritte Gebäude auf dem Ort, wo Jesu Schweiß zu Blut wurde.

               Vater, wenn du willst, nimmt diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschein ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm Kraft. Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte. (Lukas 22, 42 – 44)

               Diesem Felsen kann man sich nähern und ihn berühren sowie direkt auf dem Ort, wo Jesus betete, auch ein Gebet sprechen. Obwohl ein Felsen in den Evangelien nicht direkt erwähnt wurde, ist es ein logischer Ort, da auf dem Stein seine Jünger kaum schlafen konnten, von denen er sich zum Gebet entfernte. Alle Darstellungen Christi, wie er in Getsemani betet, zeigen ihn auf einem Stein, also kann man glauben, dass es gerade an diesem Ort geschah. Wenn man es glaubt, ist das Gefühl faszinierend.

               Direkt unter  dem Garten ist dann der Cedron und dann gibt es einen Aufstieg zu den Toren von Jerusalem. Dorthin, zum Kreuzweg und nach Betlehem, wo Jesus geboren wurde, schauen wir in zwei Wochen.

Jerusalem 1.Teil

               Jerusalem ist ein ewiger Streitpunkt zwischen Religionen. Es ist ein Symbol für Christen, Juden und leider auch für Moslems. Der Prophet Mohammed ahnte wahrscheinlich gar nicht, was er seinen Kindern eingebrockt hat, als er sich entschied, für seine Himmelfahrt auf seinem Zaubertier Buraq als Startfläche gerade den Tempelberg  in Jerusalem zu wählen. Was er dort tat in der Zeit, als die Stadt noch unter byzantinischen Verwaltung stand, werden wir wahrscheinlich niemals erfahren, rückblickend wäre es möglicherweise günstiger gewesen zum Treffen mit den anderen Propheten von einem anderen Ort aufzubrechen, zum Beispiel von Mekka oder Medina oder – eigentlich egal woher, nur nicht von Jerusalem aus! Aber es geschah so.

               Jerusalem ist also ein Symbol, nicht umsonst beharren die Juden darauf, dass gerade diese Stadt die Hauptstadt von Israel sein sollte. Trotz aller Proteste und Unruhen, die das mit sich bringt.

               Im Film „Königreich der Himmel“ fragt Orlando Bloom Saladin: „Was ist Jerusalem wert?“ Und Saladin antwortet mit einem Lächeln: „Nichts! Und alles!“

               Wenn man an diesem Ort steht, beginnt man diesen Widerspruch zu verstehen. Der Tempelberg mit dem Felsendom, der Berg Zion oder der Ölberg sind Orte, von denen man vielmals gelesen und unzähligemal gehört hat und wenn man sie sieht, ist man trotzdem nicht enttäuscht. Das geschieht nicht so oft im Leben.

               Jerusalem wurde irgendwann um das Jahr 1000 vor Christus von König David erobert und dieser machte es zur ersten Hauptstadt der Juden, die bis dahin als Nomaden lebten. Sein Sohn Salomon baute hier den ersten Tempel – die Juden dürfen nur einen Tempel haben, alles anderes sind nur Synagogen, also Gebetshäuser. Diesen Tempel zerstörte der babylonische König Nebukadnesar, als er Jerusalem im Jahr 586 vor Christus eroberte. Er führte Juden in die babylonische Gefangenschaft, also in die Sklaverei. Als sie dann nach der Rückkehr, die ihnen der persische König Kyros erlaubte, einen neuen Tempel bauten, war es nur ein bescheidenes Gebäude, das man mit dem Tempel von Salomon nicht vergleichen konnte. Um eine Korrektur dieser beschämenden Tatsache bemühte sich König Herodes der Große. Er ließ das Gebäude aus dem sechsten Jahrhundert vor Christi allen Protesten des Volkes zum Trotz niederreißen und baute ein großartiges Gotteshaus, das in der damaligen Welt seinesgleichen vergeblich suchen musste. 

               Genau in diesem Tempel spielten sich die Geschichten des Neuen Testamentes ab. Herodes war überzeugt, dass der Messias aus seiner Familie stammen würde und gerade auf dem Tempelberg würde er dann die Lebenden und die Toten richten, nachdem er durch das Goldene Tor in die Stadt triumphal einziehen würde. Deshalb sparte Herodes nicht bei den Baukosten, immerhin war er in dieser Zeit im Auftrag des Augustus der Verwalter des ganzen asiatischen Teils des römischen Reiches. Am Geld mangelte es also nicht.  Herodes freute sich sicherlich, wenn der Erlöser einmal sagen würde – „Und diesen prachtvollen Tempel ließ mein Ur- Ur – Urgroßvater Herodes bauen.“ Und Herodes selbst würde vor dem Messias als der Erste stehen und dank seiner Verdiensten um diesen prächtigen Bau seiner Verbrechen begnadigt und paradieswürdig gesprochen werden. 

               Es sollte anders kommen. Im Jahr 70 nach Christus wurde Jerusalem von den Römern erobert und der römische Heerführer und spätere Kaiser Titus ließ die Stadt samt dem Tempel dem Boden gleichmachen. Von dem ganzen monumentalen Gebäude des Herodes blieb nur ein Teil der westlichen Mauer erhalten, die heutige Klagemauer. Im Jahr 530 ließ Kaiser Justinian auf dem Tempelberg eine Kirche der Jungfrau Maria bauen, diese hatte aber nur eine kurze Lebensdauer, im Jahr 614 wurde sie, wie alle anderen Kirchen auch, von Persern zerstört. Dann kamen die Araber. Sie erinnerten sich, dass gerade von diesem Ort Prophet Mohammed zu seiner Himmelfahrt aufbrach und bauten hier die erste Moschee. Bereits im Jahr 692 stand hier ein „Felsendom“. Seine goldene Kuppel ist eine Dominante der ganzen Stadt. Im Jahr 1099 wurde die Stadt von Kreuzfahrern erobert und  diese verursachten unter der Zivilbevölkerung, die Asyl im Tempel gesucht hatte, ein furchtbares Massaker. Hier entstand der Templerorden und die Templer hatten dann gerade hier (in einem Teil des königlichen Palastes) ihr Hauptquartier.

               Im Jahr 1187 wurde die Stadt von Sultan Saladin erobert und mit einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1229 – 1244 blieb sie dann schon in moslemischen Händen. Im Jahr 1517 wurde Jerusalem von Türken eingenommen und die Symbole des Vollmondes wurden durch türkische Halbmonde ersetzt. Im Jahr 1917 kamen Briten hierher und im Jahr 1947 wurde die Teilung der Stadt zwischen den beiden hier lebenden Nationen beschlossen. Die Juden bekamen den westlichen modernen Stadtteil, den Arabern wurden die Altstadt und die östlichen Stadtviertel zugesprochen. Diese Teilung wurde im Sechstagekrieg beendet, als Ostjerusalem von jüdischen Truppen eingenommen wurde. Später annektierte der Staat Israel den östlichen Teil der Stadt und erklärte Jerusalem zu seiner „unteilbaren“ Hauptstadt.       

               In der Stadt gibt es das Viertel Mea Shearim, wo ultraorthodoxe Juden leben. Sie betrachten den Staat Israel als Gotteslästerung, da in ihren Vorstellungen den Staat Israel nur der Messias gründen kann. Sie verweigern den Militärdienst, sie zahlen keine Steuern, die arbeiten nicht und leben von Spenden (angeblich besonders von den Juden aus den USA). Alle Männer waren hier in der traditionellen Kleidung zu sehen mit Hüten und Kaftanen, die Frauen mit Kopfbedeckung und ungeschminkt, die Kinderwagen (die Familien der ultraorthodoxen Juden sind sehr kinderreich) wurden aber ausschließlich von Männern geschoben.

               Die heutige Mauer, die die Altstadt umgibt, ließ Sultan Suleiman „der Prächtige“ bauen. Sie ist mehr als vier Kilometer lang und hat acht Tore. Nur sieben davon sind offen. Das wichtigste aller Tore, das Goldene Tor, direkt unter dem Tempelberg in Richtung Ölberg, ließ Suleiman zumauern. Diese Tat hat eine Logik. Gerade durch dieses Tor sollte der jüdische Messias in die Stadt einziehen (deshalb betrat auch Christus die Stadt durch dieses Tor). Also wenn man dieses Tor zumauert, wird dadurch die Wahrscheinlichkeit des Einzugs des Messias minimalisiert.

               Zum Tempelbezirk kommt man durch das „Mülltor“. Den Namen bekam das Tor dank der Tatsache, dass gerade durch dieses Tor die Abfälle aus der Stadt getragen wurden. Durch Check points kommt man auf das Tempelplateau. Den Juden ist der Zutritt verboten, das ganze Plateau ist eigentlich jordanisches Gebiet und der jordanische König  ist auch offiziell der Wächter über den Felsendom. Die Juden dürfen diesen Platz aber auch in Folge ihrer eigenen Gesetze nicht betreten. Niemand weiß nämlich, wo sich das Heiligtum des Tempels befand, das nur der Hohepriester betreten durfte. Also ein orthodoxer Jude würde ein Sakrileg begehen, wenn er sich – auch unabsichtlich, auf diesen Platz stellen würde. Ariel Sharon war es egal, als er im Jahr 2000 den Tempelbezirk betrat, was die zweite Intifada auslöste und ihm den Wahlsieg im Jahr 2001 sicherte. Auf dem Tempelplateau stehen zwei Gebäude – die Moschee Al Aqsa und der Felsendom. Beide dürfen seit dem Jahr 2000 von Nicht-moslems nicht betreten werden. Ich suchte lange die Minarette, die zu einer Moschee einfach untrennbar gehören. Um das Gebäude  Al Aqsa fand ich keine, obwohl nach meiner Schätzung diese Moschee mindestens vier haben müsste (die Zahl der Minarette entspricht der Wichtigkeit der Moschee, sechs Minarette darf offiziell nur die Moschee in Mekka haben). Letztendlich fand ich sie. Sie stehen an den Ecken des Plateaus – also offiziell ist das ganze Plateau eine Moschee und der Felsendom mit seiner vergoldeten Kuppel gehört dazu.                  

               Die Juden beten an der Klagemauer. Die Männer und Frauen tun das getrennt, wie es schon im Orient üblich ist. Männern steht ein wesentlich größerer Teil der Mauer zu Verfügung, ich zählte aber mehr betende Frauen als Männer. Neben säkularen Juden und Touristen, die auf dem Kopf eine kleine Kippa (oder Jarmulka) tragen – (ohne sie darf man nicht zur Mauer, man kann sich aber eine solche Kopfbedeckung beim Eingang kostenlos ausleihen) beten hier auch orthodoxe Juden mit Schläfenlocken, in Kaftanen und Hüten. Diese beten sehr intensiv, nämlich mit dem ganzen Körper, da ihnen das Gesetz befiehlt, alle körperlichen Organe beim Gebet zu bewegen. Die Mehrheit der orthodoxen Juden betet in dem überdachten Teil der Klagemauer, links bei der Mauer gibt es einen kleinen Eingang.              

               Durch das jüdische Viertel (mit der größten Synagoge und dem riesigen siebenarmigen Leuchter aus echtem Gold) und das armenische Viertel mit dem Ziontor ( in der Altstadt gibt es noch ein arabisches und ein christliches Viertel) kommt man auf den Berg Zion. An dem Ziontor sieht man noch immer die Einschüsse  aus dem Sechstagekrieg. Gerade durch dieses Tor drangen die israelitischen Truppen in die Altstadt ein. Zion ist der bedeutendste jüdische Berg, obwohl er bereits außerhalb der Stadtmauer liegt. Nach ihm heißt die Zionistische Bewegung, die das Recht der Juden auf die Rückkehr in ihre alte Heimat predigt und die vom wiener Juden Theodor Herzl gegründet wurde. König David hat hier sein symbolisches Grab. Sein Grabmal ist wirklich nur symbolisch. Sein Leichnam liegt nicht hier, trotzdem ist das ein jüdischer Pilgerort. Zu dem Sarg des Königs werden Männer und Frauen getrennt zugelassen. Frauen sehen nur einen kleineren Teil, unsere Damen begegneten im Gegenteil zu uns also keinen betenden orthodoxen Juden, dafür aber wunderschön singenden argentinische Frauen.

               Der Berg Zion ist auch für Christen heilig. Hier fand das letzte Abendmahl statt, hier wurde die neue Tradition, das neue Ritual gegründet, das uns bei jeder Messe begleitet: Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst, das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: Trink alle daraus, das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ (Matthäus 26, 26-28, auch Markus 14, 22-25 und Lukas 22 14 – 20). Johannes lokalisiert die Lehre über das Blut und Körper Christi in die Synagoge in Kapernaum, das Mysterium des letzten Abendmals beschreibt er nicht.

               Der Saal des letzten Abendmals ist ein gotisches Gebäude aus der Zeit der Kreuzfahrer, ein Olivenbaum aus Bronze mit drei Fruchtarten – neben Oliven auch Weizen und Weintrauben – erinnert an den Besuch des Papstes Johann Pauls II. im Jahr 2000 und symbolisiert das Zusammenleben aller drei monotheistischen Religionen.

Obwohl der Saal natürlich immer voll mit Menschen ist, hat er doch ein bestimmtes Flair, gerade hier wurde doch das Ritual gegründet, das die christliche Kirche zusammenhält und die Verbreitung der Botschaft Gottes ermöglicht: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst! (Markus12, 31, Galater 5,14). Es ist faszinierend, dass Christus, der sein ganzes Leben gegen jüdische Rituale kämpfte, am letzten Abend seiner Mission erkannte, dass ohne Ritual seine Lehre nicht überleben konnte und er nutzte dieses letzte Abendmahl mit seinen Aposteln zur Gründung einer neuen Tradition. Angeblich passierte es gerade an diesem Ort. Aber wenn auch nicht, es konnte nicht zu weit von hier sein.

Galiläa Teil II.

Der See Genezareth befindet sich 200 Meter unter dem Mittelmeerspiegel, er hat also den gleichen Ursprung wie das Tote Meer, das Wasser im See ist aber süß.

Trotzdem konnte Christus auf seiner Wasseroberfläche gehen. „In der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen, er ging auf dem See. Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, er sei ein Gespenst und sie schrien vor Angst. Doch Jesus begann mit ihnen zu reden und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ (Matthäus 14,25-27, auch Markus 6,48-51 und auch Johannes 6, 19-20) Heutzutage werden natürlich Bootausflüge auf dem See organisiert, sie gehören zum Pflichtprogramm, das Ziel ist der Hafen in Tiberias. Einen Sturm erlebten wir nicht, um sich ein Bild machen zu können, was die Jünger dort erlebten.  (Matthäus 8, 23 – 27, Markus 4 35- 41, auch Lukas 8, 22-25)

Einen wunderschönen Blick gibt es vom Berg der Seligpreisung.

Es ist ein zauberhafter Ort mit einer Kirche, einem Hospiz für Pilger, das die Franziskaner verwalten und mit Gärten voll mit Blumen. Es ist ganz gut möglich sich vorzustellen, dass gerade hier Christus seinen Jüngern die Grundsätze seiner Lehre mitteilte, obwohl nur Matthäus Christus auf den Berg steigen lässt (Matthäus 5,1-12). Lukas lässt ihn im Gegensatz dazu vom Berg in die Ebene absteigen. Auf dem Berg ist es aber sicher schöner, geben wir also Matthäus recht und lassen wir die faszinierenden Sätze ertönen: „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben. Selig die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ (Matthäus 5, 3-10) Diese Sätze sind hier geschrieben – in Englisch entlang des Weges zur Kirche, in der Kirche dann in den Glasfenstern in Latein.

               Eine weitere wichtige Pilgerstätte ist der Ort der Brotvermehrung. Das war eines der berühmtesten Wunder Christi, als er mit einigen Broten und Fischen ganze Menschenmengen satt machte.

Hier gerieten wir mit unserem Reiseführer in einen Streit. Er ließ immer an den heiligen Orten Texte aus der Bibel lesen, die den Bezug zu diesen Orten hatten. Unsere Freunde aus der Gruppe brachten einen eigenen Text mit und lasen über das Sattmachen von vier Tausend mit sieben Broten und einigen Fischlein. Unser lieber Schibli regte sich sehr auf und wollte wissen, woher sie diesen Text hätten. Er beharrte auf fünf Fischen und zwei Broten. Ich gebe zu, dass ich auch einigermaßen verwirrt war, da ich auch diesen Text, also fünf Fische und zwei Brote, kannte. Ich musste also im Text der Bibel suchen und ich fand eine Erklärung dieses Problems.        

               Es gibt nämlich in der Bibel sogar zwei Wunder der Brotvermehrung. Zumindest  in Markus und Matthäus, Lukas und Johannes kennen nur ein solches Wunder und dort gibt es wirklich fünf Fische und zwei Brote. Also dieses Wunder ist in allen vier Evangelien beschrieben und es ist demzufolge bekannter. Laut Lukas kam es aber dazu in Betsaida und laut Johannes auf einem nicht genannten Hügel. Die Kirche des Wunders der Brotvermehrung  – identifiziert mit dem ersten Wunder mit fünf Fischen und zwei Broten – steht auf dem westlichen Ufer des Sees Genezareth an einem Ort mit einem unaussprechlichen Namen Taghba. Betsaida, wo Lukas das Wunder lokalisierte, (Lukas 9,10-17) liegt nördlich des Sees, an der Mündung des Flusses Jordan, in Erwägung kommt noch ein Ort an dem östlichen Ufer des Sees namens Tell Hadar. Keines dieser Orte liegt auf einem Hügel, was der Schilderung des Johannes widerspricht. Taghba hat einen Vorteil, dass es einfacher erreichbar ist – besonders vor dem Sechstagekrieg, weil nur während dieses Krieges Israel die Golanhöhen besetzte und damit auch das Ostufer des Sees mit Betsaida und Tell Hadar unter seine Kontrolle brachte. Möglicherweise deshalb gewann in diesem Wettbewerb eben Taghba. Heute steht hier eine schöne Kirche mit einem großen Atrium mit Wasserbecken, in dem große Fische schwimmen und diese Kirche wollten angeblich militante Juden anzünden. Der Name des Ortes stammt aus arabischem El-Tabega, was eigentlich eine Verstümmelung des griechischen Namens Heptapegon, also „die Quelle der Sieben“ ist.  Das Ort des Wunders wird mit biblischen Namen Magadan, also „Glückwasser“ (Matthäus 15,39) oder Dalmanutha „das Ort seines Aufenthaltes“ (Markus 8,10) identifiziert. Was kleine Probleme zur Folge hat. Beide diese Namen sind nämlich in der Bibel im Zusammenhang mit dem zweiten Wunder der Brotvermehrung erwähnt. Allerdings mit Nachsatz, dass Christus an diese Orte NACH der Vollendung des Wunders ging. „Danach schickte er die Menge nach Hause, stieg ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan“ (Matthäus 15,39) oder „Gleich darauf stieg er mit seinen Jüngern  ins Boot und fuhr in das Gebiet von Dalmanuta.“ (Markus 8,10)

               Daraus kann man nur eines folgern – das zweite Wunder der Brotvermehrung konnte sich nicht in Taghba abspielen, dieses Wunder musste auf dem anderen, also auf dem östlichen Ufer geschehen. Wo aber fand das erste, bekanntere, Wunder statt? Nirgends außer in Lukasevangelium wird der Ort genannt. Die Angabe von Lukas – also Betsaida – wird aus irgendwelchen Gründen nicht akzeptiert. Wahrscheinlich war entscheidend, dass Taghba ein Pilgerort der Christen aus Kapernaum war und um das Jahr 350 hier eine Pilgerkirche gebaut wurde. Es ist gut möglich, dass es auf die Initiative der Kaisermutter Helena zurückzuführen ist, der bei ihrem Besuch von Kapernaum dieser Ort gezeigt wurde und sie ihn als den Ort des Wunders bestimmte. Die Tradition war also stärker als die Worte des Evangeliums. Auf den Fundamenten der ersten Kirche wurde um 480 eine byzantinische Kirche erbaut, die im Jahr 614 zerstört wurde. Im Jahr 1932 wurden die Reste dieser Kirche inklusiv unversehrter frühchristlicher Mosaiken vom Team des Paters Andreas Mader entdeckt und in den Jahren 1980 – 1982 wurde hier von Architekten Anton Goergen und Fritz Baumann aus Köln eine neue Kirche gebaut. Also heute ist es der offizielle Ort, wo folgendes geschah:

               „Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät. Schick sie weg, damit sie in die umliegende Gehöfe und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können. Er erwiderte: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Sollen wir weggehen für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen geben, damit sie zu essen haben? Er sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach! Sie sahen nach und berichteten: Fünf Brote und außerdem zwei Fische. Dann befahl er ihnen, den Leuten  zu sagen, sie sollten sich in Gruppen ins grüne Gras setzen. Und sie setzen sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig. Darauf nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie an die Leute austeilten. Auch die zwei Fische ließ er unter allen verteilen. Und alle aßen und wurden satt. Als die Jünger die Reste der Brote und auch der Fische einsammelten, wurden zwölf Körbe voll. Es waren fünftausend Männer, die von den Broten gegessen hatten.“ (Markus 6, 35 – 44)

               Sein erstes Wunder tat Christus ein bisschen ungern und gezwungenermaßen, wer könnte aber eine Bitte der eigenen Mutter abschlagen? Es geschah in Kana in der Nähe von Nazareth, wo er lebte.

Dieses Wunder, eines seiner populärsten, wurde zum Thema vieler Theaterstücke – ich wohnte einmal der Aufführung des Brünner Theaters „Na provázku“ bei und es war wunderbar. Es wird nur im Evangelium des Johannes beschrieben, weil es eigentlich mit der wahren Mission Christi nichts zu tun hatte. Die übrigen drei Evangelisten wissen nichts von diesem Wunder. Heute steht in Kana in Galiläa auf dem Ort dieses Wunders eine katholische Kirche aus dem Jahr 1883, in der unterirdischen Krypta wird ein Weinsteingefäß aufbewahrt, das wirklich aus dem ersten Jahrhundert stammt und zweihundert Liter Wein umfassen kann. Die Weingefäße wurden aus Stein gemacht, damit der Wein kalt blieb.

Wir wollen also glauben, dass das Gefäß authentisch ist, unter der Kirche gibt es auch Ausgrabungen eines Hauses aus dem ersten Jahrhundert, wo sich die in der Bibel beschriebene Hochzeit abgespielt haben sollte. Die orthodoxen Christen sind wieder einmal anderer Meinung, ihre Kirche gibt es an dem Ort, wo einmal das „Haus von Nathanel“ stehen sollte. Natürlich gibt es gleich neben der Kirche ein Souvenirgeschäft, wo man Wein kaufen kann – entweder süß, wie man ihn in den Zeiten Christi trank, oder trocken, den man heute lieber trinkt – besonders, wenn man nach süßem Wein an Sodbrennen leidet wie ich. Allerdings, da der Verkäufer ein Palästinenser war, machte man sich bei ihm mit den israelischen Schekeln nicht beliebt  – und das, obwohl Kana im israelischen Gebiet liegt.

               Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. (Johannes 2, 1-4)

               Aber ob gern oder ungern, zornig oder nicht zornig, letztendlich tat der Sohn, wofür ihn seine Mutter bat.

               Was wäre eine Pilgerreise ins Heilige Land ohne einen Besuch von Nazareth? Von dem Ort, wo die Jungfrau Maria empfing, wo sie Erzengel Gabriel besuchte und wo Jesus nach seiner Rückkehr aus Ägypten bei seinem Stiefvater Josef lebte und den Beruf eines Zimmermanns erlernte. Nazareth ist heute eine Stadt mit 90 000 Einwohnern, fast ausschließlich Palästinenser. Das ist die Folge der Tatsache, dass gerade Nazareth im Krieg des Jahres 1948 zum Zufluchtsort für Palästinenser aus den umgebenden Dörfern wurde. Bis zum Jahr 1948 lebten hier angeblich nur 1500 Menschen. Die hier lebenden Palästinenser haben natürlich israelische Bürgerschaft, die Aufschriften auf den Mauern erinnern den Besucher aber daran, dass sie sich keinesfalls als Israelis fühlen wollen. Die Kirchen der Verkündigung Marias sind wieder einmal zwei. Es ist die Folge unterschiedlicher Interpretationen der orthodoxen und katholischen Christen, was den Ort betrifft, wo der Erzengel Gabriel Maria besuchte. Nach der Meinung der Orthodoxen passierte es bei der Wasserquelle, woher sie das Wasser für den Haushalt holte und deshalb gibt es bei allen orthodoxen Ikonen zwischen Maria und dem Erzengel eine Wasserquelle.

Die Katholiken dagegen sind überzeugt, dass der Erzengel seinen Besuch bei Maria zu Hause abstattete und dieser Tatsache entsprechen alle Bilder von den Ikonen bis zu Bildern von Leonardo da Vinci oder Sandro Botticelli. Deshalb steht die orthodoxe Kirche über der Quelle und die katholische Kirche über dem Haus Marias. Praktisch an dieser Regelung ist, dass beide Kirchen nicht um das Grundstück streiten. Wie kam es aber überhaupt zu diesem Streit?

               Die Ankündigung Marias wir lediglich in einem Evangelium beschrieben und das ist das Lukasevangelium. Dieser schreibt aber nur: Im sechsten Monat wurde der Erzengel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazareth zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte, der Name der Jungfrau war Maria. Der Erzengel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ (Lukas 1, 26-28)

Lukas beschäftigte sich also gar nicht mit der Frage, wo zu dieser schicksalhaften Begegnung kam. Wir müssen wieder einmal zu Apokryphen greifen, also zu den zwar nicht anerkannten Evangelien, die aber einen großen Einfluss auf die christliche Tradition haben. Im Jakobs Proevangelium, das vor allem ein Lobgesang an die Jungfrau Maria ist, wird geschrieben: Und sie nahm den Krug und ging hinaus, um Wasser zu schöpfen. Und siehe, eine Stimme sprach: „Sei begrüßt, du Begnadete! Der Herr sei mit dir, du gepriesene unter Frauen! Und sie blickte sich um nach rechts und nach links, woher diese Stimme wohl käme. Und es kam ihr ein Zittern an. Da ging sie heim in ihr Haus und stellte den Krug ab. Dann nahm sie den Purpur und setzte sich auf ihren Sessel und zog ihn zu Fäden. Und siehe, ein Engel des Herren trat vor sie hier und sprach: „Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade gefunden bei dem Gebieter über alles und du sollst empfangen aus seinem Wort.“

               Wie wir sehen, der Wortlaut dieses eigentlich verworfenen Textes fand sogar den Einzug in das Gebet „Gegrüßet seist du, Maria“, eines der christlichen Grundgebete überhaupt.

               Es geht also darum, ob für die Verkündigung die Stimme, die Maria zur Rückkehr nach Hause bewegte, oder die eigentliche Erscheinung Gabriels, der eine wichtige, allerdings für eine verlobte Jungfrau höchst problematische Nachricht brachte, für die Verkündigung angenommen wird. Da die Worte der Stimme im Text des Apokryphen mit dem Evangelium von Lukas übereinstimmen, wird von Orthodoxen bereits die Stimme als Besuch des Erzengels betrachtet. Die orthodoxe Kirche steht also über der Quelle.

Sie ist ganz lieb, umgeben von Ikonen mit Darstellung der Jungfrau Maria, in ihrem Inneren sind natürlich die Heiligen der orthodoxen Kirche auf den Wänden dargestellt und wenn man Glück hat wie wir, und dort gerade eine Messe gefeiert wird, ist der Gesang, der die orthodoxe Messe begleitet, eine wunderschöne Kulisse zum Kennenlernen dieses heiligen Ortes.     

Zur katholischen Kirche    führt ein relativ langer Weg. Maria musste also mit dem Wasser lange Strecken zurücklegen. Im Gegenteil zur orthodoxen Kirche handelt sich um ein großartiges monumentales Gebäude. Sein Grundstein wurde vom Papst Johann XXIII. im Jahr 1959 auf seiner Pilgerreise ins Heilige Land gelegt, geweiht wurde es fünf Jahre später vom Papst Paul VI.

Bei dieser Gelegenheit kam es zum ökumenischen Treffen und der Versöhnung zwischen dem Papst und dem Patriarch von Jerusalem.  Die Kirche besitzt eine prachtvolle moderne Fassade mit Darstellung der Jungfrau Maria und des Erzengels Gabriels, unter ihnen gibt es Symbole der vier Evangelisten und der vier Elemente. Die Bilder auf der Bronzetür stellen das Leben Christi dar, auf dem Nebeneingang rechts sind Szenen aus dem Alten Testament von Adam und Eva bis zur Opferung des Isaks, die Darstellungen auf der Tür links, durch die man die Kirche betritt, sind dem König David gewidmet. Die Kirche selbst ist modern mit prachtvollen Glasfenstern – ein Geschenk von Oberösterreich – und mit einer Kapelle über die Ruinen eines antiken Hauses, wo auf dem Altar eine Anschrift in Latein steht: „Verbum caro hic factum est“  (An dieser Stelle wurde das Wort zum Fleisch).

Die Kirche wurde nach einer traditionellen romanischen Tradition in zwei Stockwerken gebaut, eine untere und eine obere Kirche, wobei die obere die größere ist. Auf den Wänden der Kirche, aber auch auf der Mauer, die die Kirche umgibt, gibt es Darstellungen der Jungfrau Maria, die verschiedene Länder gestiftet haben.

Das österreichische Bild aus Glas ist sehr interessant, die Slowaken haben ein eigenes Bild, was man versteht, wenn man das Bild findet, das von dem damals noch gemeinsamen Staat Tschechoslowakei gestiftet wurde. Hier gibt es die Anschrift „Maria Regina Bohemie und Moravie“, also die „Königin von Böhmen und Mähren“ – die Slowakei wurde offensichtlich vergessen. Oder wurde das Bild nach der Trennung von Tschechien gespendet und mit einer falschen Aufschrift beschriftet.   

               In unmittelbarer Nähe der Ankündigungskirche steht die Kirche des heiligen Josefs, angeblich steht sie über den Fundamenten seiner Werkstatt – sie wurde im Jahr 1914 von deutschen Architekten über die Reste einer Kreuzfahrerkirche aus dem zwölften Jahrhundert gebaut. Die Reste der Werkstatt findet man in der Krypta tief unter der Erdoberfläche und man findet hier auch ein Taufbecken aus der byzantinischen Zeit – also war es wieder einmal die byzantinische Tradition, die den Ort bestimmte, wo Josef seinem Beruf nachgegangen sein sollte.

               In Nazareth verlassen wir Galiläa und in der Fortsetzung unserer imaginären Pilgerreise übersiedeln wir in zwei Wochen nach Jerusalem und Betlehem, wo das Leben Christi begann und sein Ende fand.

Heiliges Land Galiläa Teil I.

               Der erste Stopp in diesem Land wird euch vielleicht überraschen, aber ich halte ihn aber für einen der wichtigsten und eindrucksvollsten Orten mit einem Bezug zur Bibel überhaupt. Schon deshalb, weil im Gegensatz zu vielen anderen Orten der Mission Christi dieser Platz authentisch ist und einen großen symbolischen Wert besitzt.

               Hier, am Ursprung des Flusses Jordan (an einem der drei Quellen, wo dieser Fluss entspringt, aber dem einzigen, der auf dem Gebiet des Staates Israel liegt, die zwei weiteren sind in Syrien), ertönten die Worte des Erlösers: „Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben: was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ (Matthäus 16 – 18,19)

               Warum gerade hier? Und warum gewannen diese Worte gerade an diesem Ort ihre außerordentliche magische Bedeutung?

               Die Stadt Caesarea Philippi ließ der Sohn Herodes des Großen Philipp, der jüngste seiner Söhne, der die Herrschaft seines Vaters überlebt hatte, bauen. Drei seine ältesten Söhne ließ Herodes hinrichten (den ältesten – Antipatros – sogar noch fünf Tage vor seinem eigenen Tod!), die drei übrigen teilten sich sein Reich. (Der vierte, Herodes Boethos, auch manchmal Philipp genannt, wurde bei der Reichsteilung nicht berücksichtigt, er lebte als Privatperson und nach seinem Tod heiratete seine Gattin Herodias Herodes Antipas, was der Anlass zum Malheur mit Johannes dem Täufer war). Der älteste der überlebenden Söhne Archelaos bekam Judea (er hielt es aber nur bis zum Jahr 6.n.Ch, als er wegen Unruhen, die seine Herrschaft begleitet haben, von Römern abgesetzt wurde, und diese setzen hier eine eigene Verwaltung ein). Herodes Antipas, den wir aus der Geschichte des Johannes des Täufers, aber auch als den unwilligen Richter Christi am Karfreitag kennen, bekam Galiläa und der jüngste Sohn, Herodes Philippos, bekam eine Tetrarchie (also ein Viertel des Reiches) Gaulanitis (heutige Golanhöhen) und Paneas auf dem Fuße des Berges Hebron. Und gerade am Ursprung des Jordans baute er die Hauptstadt seiner Tetrarchie. Diese Stelle war nämlich sehr begehrt. Bereits in den Zeiten des Herodes des Großen ertrotzte sich diesen Ort die ägyptische Königin Kleopatra. Sie besuchte diesen Ort einmal als Gast ihres jüdischen Verbündeten Herodes und er gefiel ihr so sehr, dass sie ihn unbedingt haben wollte. Weil hinter Kleopatra ihr Liebhaber und langjähriger Freund des Herodes Mark Anton und mit ihm eine Menge römischer Legionen standen, konnte Herodes den dringenden Wunsch der ägyptischen Königin nicht abschlagen und übergab ihr  „gern“ das Gebiet. Nachdem die beiden obengenannten Liebenden Oktavianus Augustus unterlagen und Selbstmord begingen, nahm sich Herodes dieses Gebiet zurück und baute hier einen dem Kaiser Augustus gewidmeten Tempel. Das gefiel zwar den Juden überhaupt nicht, sie konnten aber nichts dagegen tun.

               Der Platz ist auch heute noch sehr schön. Aus einer Höhle sprudelte hier eine Quelle des Flusses, der für alle Menschen in Palästina das Leben symbolisierte. Heute ist der Abfluss aus der Höhle in Folge eines Erdbebens blockiert, der Fluss entspringt etwas tiefer. Gerade hier, vor dem rotgelben Felsen, unter dem der Fluss entsprang, an dem Ort mit der unermesslichen symbolischen Bedeutung, beauftragte Christus Petrus mit der Führung seiner Kirche, die er gründen wollte und die für die Welt die gleiche Bedeutung haben sollte, wie der Fluss Jordan für Palästina – nämlich die Bedeutung einer gewaltigen Quelle des Lebens.

               Unter dem Felsen gibt es eine Reihe Ruinen hellenistischer Tempelanlagen und eine Menge Plätze, wo man eine Messe für die Pilger lesen könnte. Wenn man einen Nachwuchs in der Familie erwartet, könnte man das Wasser aus dem Fluss, in dem Christus selbst getauft worden ist, mitnehmen (Obwohl die Stelle, wo er getauft worden ist, weit flussabwärts liegt, nur ein kleines Stück oberhalb von Jericho. Man kann aber nur schwer herkommen, da dieses Ort direkt an der Grenze zwischen Israel und Jordanien liegt und damit in der Militärzone. Es gibt hier eine orthodoxe Kirche, die an diese Taufe erinnert).

               Das Zentrum der Mission Christi war das Städtchen Kapernaum (Kefar Nahum) am Ufer des Sees Genezareth. Er kam hierher nachdem er in Nazareth nicht als Messias anerkannt worden war. Hier lebte Petrus bei seiner reichen Schwiegermutter. Über den Fundamenten des Hauses des Petrus steht heute als das Zentrum Kapernaums eine schwebende Kirche der Franziskaner. Natürlich drängt sich die Frage auf, wie man das Haus des Petrus identifizieren konnte. Übrigens Katholiken können sich mit Orthodoxen über die Lage des Hauses nicht einigen – das orthodoxe Kapernaum steht um ca. hundert Meter weiter und ist von dem katholischen durch eine Mauer getrennt.

               Zur Lokalisation der heiligen Stätte kann man allgemein sagen: die Orte bestimmte die heilige Helena, die Mutter Kaisers Konstantins. Als ihr Sohn durch das Edikt von Mailand im Jahr 313 das Christentum für eine mit dem alten Polytheismus gleichwertige Religion anerkannte, unternahm seine Mutter, die bereits in der Zeit der Christenverfolgung mit der neuen Religion sympathisierte und sich im Jahr 312 taufen ließ, im Jahre 326 eine Pilgerreise ins Heilige Land. Sie entschloss sich, alle Orte der Tätigkeit Christi zu besuchen und als Mutter des Kaisers fand sie natürlich überall genug Menschen, die bereit waren, ihr diese Orte zu zeigen – egal, ob sich jemand an sie erinnern konnte oder nicht – eine Reihe dieser Plätze wurde dann zu Pilgerorten. Übrigens, die Kaisermutter fand auf Golgota sogar auch das Kreuz, an dem Christus gekreuzigt worden war. Auf den Orten, die die Kaisermutter als authentisch betrachtete, wurden gleich Kirchen gebaut. Sie wurden alle während der persischen Invasion im Jahr 614 zerstört und nach der arabischen Landeinnahme im Jahr 635 nicht wieder gebaut. Es waren die Kreuzfahrer, die in ihrem Königreich in den Jahren 1099 – 1291 eine Reihe dieser Kirchen erneuerten, sie beschränkten sich aber im Allgemeinen auf das Gebiet von Jerusalem und Betlehem. Also, die derzeitigen Kirchen, die auf den Fundamenten der byzantinischen Vorfahren stehen, die Kaiserin Helena bauen ließ, stammen großteils aus dem zwanzigsten, manche sogar aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert. Über das Haus des Petrus stehen also Ruinen einer byzantinischen Kirche und über die schwebt dann die Konstruktion der neuen Franziskanerkirche. Hier wird der Anfang der Mission Christi in Kapernaum erwähnt (in Latein): „Jesus ging in das Haus des Petrus und sah, dass dessen Schwiegermutter im Bett lag und Fieber hatte. Da berührte er ihre Hand und das Fieber wich von ihr. Und sie stand auf und sorgte für ihn.“ (Matthäus 8, 14-15, Markus 1, 29 – 31 und Lukas 4, 38-39)        

Kapernaum kann sich auch mit Resten einer wunderschönen Synagoge im hellenistischem Stil mit korinthischen Säulen rühmen, die im vierten Jahrhundert gebaut worden ist, offensichtlich begannen zu dieser Zeit die Juden nach Palästina zurückzukehren.             

               Unweit von Kapernaum am Ufer des Sees Genezareth steht ein Kirchlein des heiligen Petrus. Es steht auf dem Ort, wo Christus Petrus mit der Führung der Kirche nach seinem Tod und Auferstehung beauftragt haben soll. Also handelt sich hier um den Ort, an dem der erste Papst inauguriert wurde: „Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! (Johannes 21,15)

               Das Johannesevangelium, das nicht zu den synoptischen Evangelien gehört und den anderen sogar mehrmals widerspricht, hat eine große Ausdruckkraft. Auch diese Geschichte der Erscheinung Christi bei den Fischern, seinen ehemaligen Gefährten, die ihn zuerst nicht erkannten, als er sie beriet, an welcher Seite des Bootes sie ihr Netz auswerfen sollten um eine reiche Beute zu haben (sie fingen eine symbolische Zahl von 153 Fischen, da es damals genau so viele bekannte Nationen gab) Dann tischte er für sie auf einem Felsen einen Frühstück aus Brot und gebratenen Fischen auf. Nur seine einfache Worte: „Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du.“ (Johannes 21,12) verleihen der Geschichte eine starke Authentizität, bei der es einem kalt über den Rücken läuft. Besonders, wenn man direkt auf dem Ort, wo sich dieses Ereignis abgespielt hat, steht. Der Felsen, auf dem Jesus seinen Gefährten zu essen gab, steht im Inneren der Kirche. Er ist mit einer Anschrift: „Mensa Christi“ gekennzeichnet und man darf ihn berühren und bei ihm beten. Eine Statuengruppe vor der Kirche erinnert an die Ernennung Petri, rund um gibt es dann viele Vordächer für Lesung der Messen und viele Blumen. Der Ort wird vom Wasser des Sees umspült und auf dem See segeln auch heute gleich wie damals Fischerboote – der beste Fisch, den der See bietet, ist „St. Petersfisch“. Er hat weißes feines Fleisch und schmeckt wunderbar, besser gegrillt als paniert.

               In der Gegend des Sees Genezareth spielte sich der Großteil der Mission Christi ab. Die größte Stadt in dieser Gegend ist Tiberias. Die Stadt ließ Herodes Antipas auf den dortigen thermalen Quellen bauen und benannte sie nach dem damaligen Kaiser Tiberius, sie steht bis heute. In der Bibel wird deshalb der See Genezareth manchmal auch Tiberiassee genannt. Ob gerade hier Johannes der Täufer hingerichtet wurde, wird in der Bibel nicht erwähnt, es ist aber sehr wahrscheinlich. Sollte es am Tag des Geburtstages des Herodes passieren, wo zahlreiche ehrenwerte Gäste eingeladen wurden, dann ist naheliegend, dass es in seiner repräsentativen Residenz geschehen musste. Ich muss zugeben, es ist mir bis heute nicht klar, warum Johannes der Täufer Herodes wegen seiner Ehe mit seiner Schwägerin Herodias, die er wirklich liebte, so aggressiv angegriffen hat. Das Alte Testament befiehlt sogar dem Bruder eines Verstorbenen, der ohne Sohn und damit ohne Erben starb, mit der Witwe einen Sohn als den Erben des Verstorbenen zu zeugen. Wir wissen, dass es mit Onan, der sich weigerte, diesen Befehl des Gesetzes vollzuziehen, ein schlechtes Ende nahm. Herodes Boethos, der Halbbruder von Antipas, hatte mit seiner Gattin lediglich eine Tochter Salome, also keinen Sohn und Erben. An einer anderen Stelle des Alten Testaments verbietet zwar die Schrift einem Mann seine Schwägerin nackt zu sehen, hier handelt sich aber offensichtlich um die Frau eines lebenden Bruders. Herodes Antipas war ein gutmütiger Mensch. Er scheute einen Konflikt mit dem Propheten und litt also schweigend. Nicht so aber Herodias. Man sollte sich Frauen lieber nicht zu Feinden machen. Das kann nämlich tödliche Folgen haben. Wenn sie von einem die Schnauze voll haben, sind sie bereit, jedes Mittel zu nutzen, um ihn loszuwerden. So war es dann auch mit Johannes dem Täufer und das ist die Lehre aus dieser tragischen Geschichte, die sich in Tiberias, am Ufer des Sees Genezareth, abgespielt hat.

               Die Stadt fand noch einmal einen Eintrag in die Geschichtsbücher und zwar im Jahr 1187. Damals entschloss sich Sultan Saladin dem christlichen Königreich von Jerusalem ein Ende zu bereiten. Die Templerritter boten ihm mit ihrem Fanatismus und mit dem Mord an seiner Schwester einen guten Vorwand zu einem Krieg. Saladin wartete den Sommer ab und in der größten Hitze begann er die Belagerung der Stadt Tiberias, wo sich gerade die Gattin des Königs Guido von Lusignan, Sibylle, aufhielt. Einen Feldzug im Sommer zu beginnen war äußerst ungewöhnlich, deshalb fühlte sich  Sibylle hier in Sicherheit, der listige Saladin verfolgte aber ein klares Ziel. Er kannte den ehrgeizigen König Guido und wusste, dass dieser keinesfalls eine Gefangennahme seiner Gattin riskieren würde um der Feigheit beschuldigt werden zu können. Das Heer der Kreuzritter brach in der größte Hitze zum Marsch gegen Tiberias auf und wurde unweit von der Stadt bei Hattin umzingelt, von Wasser abgeschnitten und dann vollständig vernichtet. An diesem Ort wurde also das Ende der christlichen Macht in Palästina besiegelt. Die nächsten hundert Jahre bis 1291, als die letzten Kreuzfahrer Palästina verließen und wovon ich bereits im Artikel über Akko geschrieben habe, waren nur mehr ruhmlose und immer mehr verzweifelte Verteidigungskämpfe.

In zwei Wochen kehren wir zur Mision Christi und zum See Genezareth zurück.

Heiliges Land – Küste II

               Für den Kreuzfahrerstaat hatten die vor zwei Wochen beschriebene Häfen, also Jaffa und Caesarea, keine strategische Bedeutung. Diese hatte die Stadt Akko im nördlichen Abschnitt der Bucht von Haifa. Die Kreuzfahrer haben diese Festung im Jahr 1104 kampflos übernommen. Akko wurde zum Haupthafen des Königreiches von Jerusalem, bis es im Jahr 1187 von Saladin erobert wurde. Die Hauptaufgabe des dritten Kreuzzuges war eben die Eroberung dieser Stadt. Dieser Kreuzzug wurde von Richard Löwenherz von England und Philip August von Frankreich angeführt. Diese zwei Herren mochten sich nicht unbedingt, es blieb ihnen aber nichts anderes übrig, als zähneknirschend Seite an Seite zu kämpfen. (Nach der Eroberung Akkos redete sich der französische König auf familiäre Probleme aus, er reiste ab und ließ den Engländer im Heiligen Land allein). Richard war sehr eitel und das brachte ihm Unglück. Als die Kreuzritter die Stadt im Jahr 1191 nach einer zweijährigen Belagerung eingenommen haben, hingen die Anführer ihre Fahnen auf die Mauer der eroberten Stadt.

Der österreichische Herzog Leopold V. (der die Reste des deutschen Kontingentes führte, das sich nach dem Tod von Friedrich Barbarossas mehr oder weniger aufgelöst und bei der Belagerung von Akko nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte) erlaubte sich, seine Fahne mit goldenen Adlern im blauen Feld (heute ist es der Wappen von Niederösterreich) neben den drei englischen Löwen aufhängen. Richard fühlte sich dadurch beleidigt, letztendlich war Leopold NUR ein Herzog und er ließ die österreichische Fahne in den Graben werfen. Leopold verließ tiefst beleidigt den Kreuzzug und wartete, wann der Engländer nach Hause reiten würde. Er hatte Erfolg. Richard nahm in seinem Hochmut den Weg über Österreich. Leopold nahm ihn fest, sperrte ihn in der Burg Dürnstein in der Wachau ein und verlangte von Richards Bruder Johann Ohneland ein gigantisches Lösegeld. Weil es aber Johann in England ohne den herrschsüchtigen Bruder viel besser ging als mit ihm, konnte der liebe Leopold auf das Geld lange warten.

               Letztendlich verkaufte er den wertvollen Gefangenen Kaiser Heinrich VI., der das Lösegeld irgendwie doch zu erpressen vermochte und für das Geld dann eine Armee aufstellte, mit der er das Sizilianische Königreich für sich gewinnen konnte. Leopold V. wurde vom Papst wegen eines Angriffs auf einen Kreuzfahrer mit päpstlichem Bann belegt (vierzig Jahre später wird Papst Gregor IX. selbst einen Kreuzfahrer – Friedrich II.  – angreifen und sein Land verwüsten)und starb kurz danach tragisch nach einem Sturz vom Pferd bei einem Turnier in Graz. Berühmt blieb er trotzdem, die derzeitige österreichische Fahne beruft sich gerade auf ihn und seinen Kampf um Akko. Angeblich kämpfte hier Leopold so tapfer, dass sein ganzer Mantel mit Blut der Feinde verschmiert war, nur in der Mitte, wo er einen breiten Gürtel trug, blieb dieser weiß. Wer will, darf es glauben, seitdem haben Österreicher ihre rot-weiß-rote Fahne. Weil Richard Jerusalem nicht zurückzuerobern vermochte, machte er Akko zur neuen Hauptstadt des Königreiches und diese blieb hier (mit einer kurzen fünfzehnjährigen Unterbrechung nach dem fünften Kreuzzug) bis zum Untergang dieses Staates.

Festung der Johanitten mit der Kirche des Johannes des Täufers

               Akko blieb christlich bis zum Jahr 1291, als auch diese Stadt in moslemische Hände fiel. Damit ging die Zeit des Königreiches von Jerusalem definitiv zu Ende. Im Jahr 1517 eroberte Sultan Selim I.  Akko mit ganz Palästina und vierhundert Jahre wehte dann über die Festung von Akko eine Fahne mit türkischem Halbmond. Im Jahr 1799 stand vor der Stadt niemand anderer als Napoleon Bonaparte höchstpersönlich, der versuchte, sich nach der Vernichtung seiner Flotte bei Abukir durch Admiral Nelson einen freien Weg aus der ägyptischen Falle auf dem Festland freizukämpfen. Bei Akko fand seine Bemühung sein jähes Ende. Der Emir Achmed Pascha, genannt nicht ohne Grund „el Jezzar“ also „Schlächter“, konnte die Stadt erfolgreich verteidigen und Napoleon musste  verbittert zurück nach Ägypten ziehen, woher er dann heimlich nach Frankreich floh und seine Soldaten ihrem Schicksal überließ. Als eine Erinnerung an die französische Belagerung der Stadt gibt es bei Akko den „Napoleon Hill“ und hier werden erbeutete französische Kanonen ausgestellt – ein Schönheitsfehler liegt in der Tatsache, dass diese Kanonen für die Türken in Belgien im Jahr 1841 gegossen wurden. Das stört aber natürlich nur so einen Silbenstecher, wie ich einer bin.

               Das Wahrzeichen der Stadt ist die „El Jezzar Moschee“,

aber vor allem die Festung der Johanniter. Die Ritter des Ordens Johannes des Täufers wurden in der Folge des Friedenvertrages zwischen Friedrich II. und Sultan Al Kamil mit der Verwaltung des Königreiches von Jerusalem beauftragt. Friedrich II. war ein nomineller König von Jerusalem (er heiratete die Erbin des Königreiches Isabella II., die er angeblich noch in der Hochzeitnacht mit ihrer Cousine betrug. Isabella starb bereits im Jahr 1228 im Alter von 16 Jahren bei der Geburt ihres zweiten!!! Kindes an Kindbettfieber). Friedrich ließ sich in Jerusalem in der Grabeskirche sogar feierlich krönen, in keinem Fall war er aber bereit, in Palästina zu bleiben. Es kehrte nach Italien zurück und die Johanniter übernahmen das Kommando. Ihre Festung war monumental, auch die heutigen Ruinen sind atemberaubend. Hohe gotische Säle, vor allem der Speisesaal, sollten die Pilger beeindrucken. Christliche Pilger gingen in Akko an Land. Sie mussten zuerst zu den Johannitern gehen, wo sie registriert, gepflegt, gefuttert und abkassiert wurden. In der Mitte der Festung gibt es einen großen Innenhof, wo sich die Ritter im Umgang mit der Waffe übten.

Die Ausbildung eines Ordensmitglieds dauerte sieben Jahre, die ersten vier lernten die Ritter Medizin, weitere drei Jahre den Kampf. Johanniter entstanden ursprünglich als ein Spitalsorden, der sich um kranke und verletzte Pilger kümmern sollte. Später sind sie darauf gekommen, dass es besser war, die Pilger vor Überfällen und damit verbundenen Verletzungen zu schützen, als ihnen dann ihre Wunden zu behandeln. Es war also, wenn man will, eine erste Form der Präventivmedizin. Die Festung von Akko diente noch in den britischen Zeiten als Gefängnis für israelische illegale Widerstandkämpfer. Angeblich versuchten die Gefangenen nach dem Vorbild des Grafen Monte Christo einen Fluchttunnel zu graben und sie stürzten in die vergessenen und teilweise verschütteten johannitischen Säle. Briten fingen an, die Ausgrabungen an diesem Ort archäologisch zu untersuchen. Heute sind sie wirklich imposant.

               Zum Hafen von Akko kann man aus der Stadt durch einen 350 Meter langen Templertunnel kommen.

Er wurde im Jahr 1994 bei Reparatur einer Wasserleitung zufällig entdeckt. Es war eigentlich ein Abflussgraben, der zugleich als Fluchtweg diente und am 18. Mai 1291 nutzten ihn die besiegten Ritter, um sich vor den siegreichen Mameluken zu retten. Den Templern half es nur für kurze Zeit. Am Freitag 13.Oktober 1307 vernichtete ihren Orden der französische König Philipp IV. der Schöne. Der Deutsche Ritterorden, der für seine Verdienste von Kaiser Friedrich II. eine neue Wirkstätte an der baltischen Küste fand, existiert bis heute.  Johanniter konnten sich ebenfalls retten (sie übersiedelten zuerst nach Rhodos und dann nach Malta und existieren bis heute als Malteserritter, obwohl sie für eine bestimmte Zeit nach der Einnahme von Malta durch Napoleon aufgelöst wurden). Ein Spaziergang auf den Mauern von Akko ist beeindruckend, sowie auch die Karawanserei mit einem hohen Turm mit türkischen Symbolen.

Von den Mauern der Stadt kann man Haifa sehen, den Israels größten Hafen.

               Man sagt, im heutigen Israel: „in Haifa wird gearbeitet, in Jerusalem wird gebetet und in Tel Aviv wird gelebt.“ Haifa ist also das Kernstück der israelischen Wirtschaft.

               Haifa war neben Akko nur ein bedeutungsloses Fischerdorf, bis seine Lage Briten schätzen konnten und daraus einen Zentralhafen machten. Einer der Gründe, warum Briten im Jahr 1917 ein Mandat über Palästina übernahmen, war das Erdöl. Kuwait war schon seit 1899 ein „Selbständiges Emirat unter britischem Schutz“, jetzt bildeten die Briten noch ein sinnloses irakisches Königreich, um einen einzigen und dazu von ihnen vollständig abhängigen Partner zu haben. Sie zogen die Pipeline durch den Irak und beendeten sie mit einem Terminal in Haifa. Sie ersparten sich dadurch einen langen und anstrengenden Weg durch Persischen Golf, die Straße von Hormuz, um das gefährliche Horn von Afrika und durch den Suezkanal. Auch heute ist in Haifa ein riesiger Erdölterminal, die Stadt wird durch die Industriezone, die zentral liegt, zweitgeteilt.

In Haifa gäbe es nicht viel zu sehen, wäre hier nicht ein Sohn des Propheten einer neuen Religion Bahái begraben. Diese Religion, die sich um eine friedlich Vereinigung aller monotheistischen Religionen bemüht, ist in Israel offiziell anerkannt. In Haifa steht am Fuße des Berges Karmel das Mausoleum Babas, des Sohnes Baha-u-lahs, des Propheten dieser Religion. Der persische Garten, der um das Mausoleum angelegt ist, ist einfach unglaublich schön.

               Besuchswert ist auch die ehemalige deutsche Kolonie, die deutsche Siedler während des zweiten Weltkrieges räumen mussten. Über den Türen der Häuser gibt es auch heute noch deutsche Aufschriften, meistens Verse aus der Bibel.

               Wenn man schon einmal in Haifa ist, muss man den Berg Karmel besuchen. Und nicht nur wegen einer wunderschönen Aussicht über die Stadt, die dann einem zu Füßen liegt. Der Berg Karmel spielt im Alten Testament eine wichtige Rolle, weil hier der Prophet Elias lebte, der wahrscheinlich am meisten geschätzte Prophet des Alten Testaments.

Die Höhle, wo Prophet Euas leben sollte

Über die Höhle, in der er angeblich lebte, steht die Kirche der Jungfrau Maria, die – wie anders? – dem Orden der Karmeliter gehört. Es ist der einzige Orden, der im Heiligen Land gegründet wurde und zwar im Jahr 1150 genau an diesem Ort. Elias stritt auf diesem Berg mit den heidnischen Priestern über die Echtheit ihres und seines Gottes und bot einen Versuch an:

               Da sagte Elias zum Volk: Ich allein bin als Prophet des Herrn übrig geblieben: die Propheten des Baal aber sind vierhundertfünfzig. Man gebe uns zwei Stiere. Sie sollen sich einen auswählen, ihn zerteilen und auf das Holz legen, aber kein Feuer anzünden. Ich werde den anderen zubereiten, auf das Holz legen und kein Feuer anzünden. Dann sollt ihr den Namen eures Gottes anrufen und ich werde den Namen des Herrn anrufen. Der Gott, der mit Feuer antwortet, ist der wahre Gott.“ (Das erste Buch der Könige 18, 22-24)            

               Natürlich entflammte das Holz unter dem Opfer des Elias – es ist möglich, dass der Prophet bereits damals den Trick mit der Linse kannte, es war letztendlich ein sonniger Tag und Elias wartete taktisch richtig auf Mittag, wenn der Sonnenschein am stärksten war.

               Elias ist der einzige der Propheten, der nicht starb, sondern direkt in einem Feuerwagen in den Himmel aufgenommen wurde, das passierte allerdings am Fluss Jordan unweit von Jericho und das Gebiet an der Staatsgrenze am Fluss Jordan ist trotz des Friedensabkommens zwischen Israel und Jordanien für einen normalen Sterblichen nicht leicht zugänglich.

               In Haifa können wir unseren Ausflug zur israelischen Küste beenden. Askalon im Süden ist nicht interessant und Gaza schon überhaupt nicht. Gaza sollte nach einem internationalen Wirtschaftplan zum größten Hafen in der Region ausgebaut werden, zur Hauptumlagestelle für den ganzen Nahen Osten. Dieser Plan, den die UNO sowie auch Privatinvestoren mit vielen Milliarden Dollar finanzieren wollten, hätte den Palästinensern den Wohlstand gebracht. Dann übernahm aber Hamas die Macht im Gazastreifen…   

               Den nächsten Besuch gestatten wir Galiläa, dem Ort der Tätigkeit Christi, wo sich die meisten christlichen Pilgerorte befinden.                Also sollten Sie Zeit und Lust haben….

Haifa Mausoleum

Heiliges Land – die Küste I

Heiliges Land – die Küste

               Die israelische Küste spielt in der Erzählung der Bibel keine wesentliche Rolle, keinesfalls ist sie vergleichbar mit Galiläa oder Jerusalem. Die Israelis waren Bauern, keine Matrosen und die Küste mit ihrem schnurgeraden Verlauf bot nur wenige Möglichkeiten, geschützte Häfen zu bauen. Trotzdem wage ich zuerst einen kleinen Ausflug in diese Region, bevor wir das Zentrum des Landes besuchen, also Galiläa, Jerusalem und Betlehem, wo sich das Leben Christi abgespielt hat.

               Das Zentrum der Küstenregion Israels ist Tel Aviv. Die Metropole mit 850 000 Einwohnern ist zerstreut in mehrere größere Siedlungen mit Hochgebäuden und umkreist ihr ehemaliges Zentrum, den Hafen Jaffa, oder wie wir diese Stadt aus dem Alten Testament kennen – Joppe. Aus diesem Hafen stach Jonas in die See, der von einem Wal geschluckt und dann ausgespuckt wurde. Aus der biologischen Sicht handelte sich um eine nachvollziehbare Tat dieses Walfisches. Weil sich dieses Tier von Plankton ernährt, war Jonas für den Wal ein relativ großer und unverdaulicher Bissen. Eine Statue dieses gutmütigen, lächelnden Wales findet man in Jaffa auf einem kleinen Platz im Zentrum.

               Jaffa ist ein kleines Städtchen, das stolz auf seine Geschichte ist, schön rekonstruiert und bewohnt – wie es  in alten israelischen Städten üblich ist – von Palästinensern mit israelischer Bürgerschaft. Jaffa wurde bereits von Ramses II. in seinem Bericht über die Schlacht von Kadesch erwähnt, deshalb findet man hier auch sein Denkmal.

Unweit davon gibt es eine Brücke mit Zeichen des Zodiaks. Wenn man auf sein Sternzeichen die Hand legt und mit Blick aufs Meer sich etwas wünscht, geht der Wunsch in Erfüllung. Ich weiß nicht, ob ich die Hand falsch gelegt oder den Blick falsch gerichtet habe, mein Wunsch hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Ich habe mir gewünscht, dass wir alle gesund bleiben, ein paar Tage nach der Rückkehr nach Hause brach sich meine Frau die Hand und meine Tochter hat sich den Knöchel verstaucht. Also würde ich Touristen empfehlen, sich etwas weniger Essentielles zu wünschen, damit sie das Gegenteil nicht in eine ähnlich schwierige Situation bringt, wie es uns passierte.

               Jaffa wurde von Saladin nach seinem Sieg bei Hattin vernichtet, es wurde von den Kreuzrittern während des fünften Kreuzzuges neu aufgebaut. Dieser Kreuzzug in den Jahren 1228 – 1229 wurde von Kaiser Friedrich II. angeführt, der sich gerade in päpstlichem Bann befand. Deshalb wurde ihm die Unterstützung der Templerritter und der Johanniter verweigert, lediglich der Deutschritterorden war bereit, den Kaiser in seiner Bemühung, Jerusalem zurückzugewinnen zu unterstützen. Der Kaiser selbst hatte nicht genug Soldaten, um gegen den Sultan Al Kamil ins Feld zu ziehen. Weil er wegen der Feinschaft der Templer nicht in Akko bleiben konnte, zog er mit seiner Armee nach Jaffa, das damals ein Ruinenfeld war und begann mit dem Sultan zu verhandeln. Damit sich seine Soldaten nicht langweilten, weil Langweile die Quelle alles Bösen ist, gab er den Befehl zum Wiederaufbau der Stadt. Die Verhandlungen zogen sich eineinhalb Jahr hin und sind bis heute ein Beispiel, wie man eine Verhandlung führen sollte. Das Hauptprinzip ist, auch bei Aussichtslosigkeit die Verhandlungen nicht zu unterbrechen und geduldig auf einen günstigeren Moment zu warten, bis die Gegenseite in Schwierigkeiten gerät. So unterhielten sich Friedrich und Al Kamil beinahe ein halbes Jahr über die Regel des Schachspieles. Letztendlich waren die Verhandlungen erfolgreich und Friedrich bekam Jerusalem mit einem Korridor von der Küste zur Stadt zugesprochen. Dank der Länge des Aufenthaltes wurde die Stadt Jaffa beinahe fertig gebaut, die Fertigstellung machte dann anschließend der französische König Ludwig IX., nachdem er sich aus der ägyptischen Gefangenschaft (in die er nach der Katastrophe des sechsten Kreuzzugs nach Damietta in Ägypten geraten war, den er selbst angeführt hatte),freigekauft hatte. Nicht einmal die neue Stadtmauer halfen aber, als Jaffa vom ägyptischen Herrscher Bayrbas im Jahr 1271 erobert wurde und seitdem blieb Jaffa in den moslemischen Händen. Heute stehen hier Moscheen neben christlichen Kirchen und es scheint, dass sie miteinander im Frieden leben.

               Auf Jaffa bezieht sich ein Schlüsselereignis, das die Entstehung der christlichen Kirche betrifft. Hier hatte der heilige Petrus eine Vision, durch die ihm bekanntgegeben wurde, dass die neue Lehre nicht nur für Juden, sondern auch für Heiden gemeint war und dass das Privileg der Taufe auch den Römern nicht untersagt werden durfte. In diesem Punkt waren sich die übrigen Apostel mit dem heiligen Paulus lange Zeit nicht einig. Sie beharrten auf der Beschneidung der neuen Christen, was den Zulauf der neuen Gläubiger deutlich reduzierte.

               Da wurde er (Petrus) hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn. Er sah den Himmel offen und eine Schale auf die Erde herabkommen, die aussah wie ein großes Leinentuch, das an vier Ecken gehalten wurde. Darin lagen alle möglichen Vierfüßler, Kriechtiere der Erde und Vögel des Himmels. Und eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber antwortete: Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen. Da richtete sich die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein (Apostelgeschichte 10,11 – 16)

               Heute steht an diesem Ort eine christliche Kirche, auf dem Hauptaltar ist natürlich die Vision Petri dargestellt.

Petrus war naturgemäß erschrocken – jüdische Vorschriften, was das Essen betrifft, sind sehr streng, man durfte nur Paarhufer, Fische und Geflügel essen. Unmittelbar nach seinem Erwachen stand aber vor seinem Haus eine römische Gesandtschaft aus Caesarea. Diese kam um ihn zu bitten, nach Caesarea zu gehen und ihren Hauptmann Kornelius zu taufen, da er sich wünsche, Christ zu werden. Petrus verstand jetzt die Botschaft seines Traumes, nämlich dass er nicht nur Juden, sondern auch Heiden taufen sollte. Er ging dann nach Caesarea, um zu tun, was Gott von ihm (und natürlich auch die bewaffneten römischen Soldaten, denen man noch etwas schwieriger als Gott widersprechen konnte) verlangte.

               Am folgenden Tag kamen sie nach Caesarea. Kornelius erwartete sie schon und hatte seine Verwandten und seine nächsten Freunde zusammengerufen. Als nur Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.(Apostelgeschichte 10, 24 – 26)

               Caesarea Maritima liegt nördlich von Jaffa und es ist ein geniales Werk Herodes des Großen. Die israelische Küste ist gerade wie nach einem Lineal geschnitten, zwischen der Bucht von Haifa bis Ägypten gibt es hier keine einzige passende Bucht, die Schiffen einen Schutz vor Winden und Wellen bieten könnte. Herodes entschied sich dieses Defizit zu beseitigen und ließ einen künstlichen Hafen anlegen. Die Stadt nannte er nach seinem „Freund“, den er aus der ganzen Seele hasste – Oktavianus Augustus, der in dieser Zeit römischer Kaiser, also Caesar, war. Herodes ließ ihm sogar einen Tempel bauen, obwohl so etwas für Juden die größte nur denkbare Blasphemie war. Herodes aber wusste, dass er seine Macht auf der Liebe seines Volkes längst nicht mehr stützen konnte. Der Schutz und die Unterstützung Roms waren ihm daher viel mehr wert. Gigantische Molen und Wellenbrecher, die er auf dem Meeresboden bauen ließ, ermöglichten ganzen Flotten, egal ob Frachtschiffen oder Kriegsgaleeren, hier vor Anker zu gehen. Seinen Palast ließ Herodes auf einem Kap über dem Meer bauen gleich neben dem Hippodrom, also hatte er einen schönen Blick aufs Meer er konnte aber auch Wagenrennen beobachten.

               Herodes hatte sicherlich einen feinen Sinn für Luxus, das bewies er nicht nur in Caesarea, sondern auch in der Wüstenfestung Massada, wo er sich auf der schattigen Seite des Berges seinen Palast in drei Etagen bauen ließ und vergaß nicht einmal ein großes Bad – in der Wüste – wohlbemerkt. Kein Wunder, dass Caesarea nach dem Jahr 6 nach Christi zur Residenzstadt des römischen Prokurators wurde. Im Theater von Caesarea fand man einen Stein mit dem Namen Pontius Pilatus, offensichtlich handelte sich um einen Sitzplatz für VIP in der ersten Reihe.

Die römischen Prokuratoren fühlten sich hier pudel wohl, die Stadt wurde nach dem hellenistischen Vorbild gebaut, mit Theater, Hippodrom (direkt an der Küste in unmittelbarer Nähe des Palastes, in dem Prokurator seinen Wohnsitz hatte) und Aquädukt, mit dem Herodes das Wasser in die Stadt aus dem viele Kilometer entferntem Berg Karmel leiten ließ.  Die Reste dieses Aquäduktes blieben uns erhalten und man kann sie besuchen und bewundern.

Caesarea ist heute ein riesiges archäologisches Gebiet. Das Theater selbst wurde ein bisschen unglücklich mit sehr wenig Fingerspitzengefühl restauriert. Im Grunde genommen wurde es neu gebaut, damit man hier auch heute spielen könnte,

der Hafen von Herodes befindet sich heute weiter draußen im Meer unter dem Meeresspiegel. Von der Küste sieht man die Bauten nicht, ich konnte Photos von National Geografic sehen, die aus einem tieffliegenden Flugzeug aufgenommen wurden.

Nur so sieht man, dass es wirklich ein imposantes Werk war. Die Stadttore und die Mauer von Caesarea stammen aus dem Jahr 1251, als sie König Ludwig IX. ausbauen ließ.

Gleich wie in Jaffa konnten die massiven Verteidigungsanlagen nicht viel helfen, als Caesarea im Jahr 1265 von ägyptischen Mameluken ( wieder einmal der böse Sultan Bayrbars) eingenommen und vollständig zerstört wurde – in diesem Jahr verschwand es von der Erdoberfläche, bis es im zwanzigsten Jahrhudert Archäologen entdeckten.

               Die Silhouette von Caesarea wird von einem Kraftwerk in ihrer unmittelbaren Nähe entstellt. Von ihm führt eine lange Rampe ins Meer, an ihrem Ende stehen drei Kräne.

Ich dachte lange nach, wozu das alles dienen sollte, bis ich erfuhr, dass gerade hierher polnische Schiffe Kohle bringen – letztendlich war der Gründer des Staates Israel Ben Gurion ein polnischer Jude. Israel wird fast 100% von Kohlenkraftwerken mit Strom versorgt – ein Atomkraftwerk können sich die Juden natürlich aufgrund der ständigen Terrorgefahr nicht leisten, warum aber die alternativen erneuerbaren Energien noch nicht genutzt werden, ist mir nicht ganz klar. Es gibt genug Sonne in Israel und der Wind weht vom Meer her ununterbrochen.

Caesarea Marritima – Hippodrom

Das heilige Land II.

               Die einzige Erklärung für die ewigen Kämpfe im Heiligen Land ist seine strategische Lage in der Verbindung zwischen Asien und Afrika und eigentlich auch Europa. Jeder wollte diese Kreuzung besitzen. Aber keiner war bereit, hier Ampeln einzubauen.

Es schlugen sich hier bereits Ägypter mit Hethitern. (Beide hatten hier nichts zu suchen). Die Schlacht bei Kadesch zwischen Ramses II. und den Hethitern ist die erste detailiert dokumentierte militärische Konfrontation, die beweist, wie wichtig die Beschreibung eines Geschehens ist. Obwohl der Pharao Ramses damals nur eine vollständige Vernichtung seiner Armee verhindern und einen geordneten Rückzug nach Ägypten erreichen konnte, präsentierte er diese Schlacht als einen epochalen Sieg seines Militärgenies und wir sind bereit ihm das auch noch heute zu glauben. Hethiter schrieben über die Schlacht nichts und deshalb verloren sie. Ramses hat ein Denkmal seiner Heldentaten in der Stadt Jaffa.

               Dann kamen Juden hierher, diese wurden zuerst von den Assyrern und dann von Babyloniern vertrieben. Sie schafften es immer wieder zurückzukehren und dann sogar auch den Griechen, die hierher unter der Führung des Alexanders Großen kamen, Widerstand zu leisten. Obwohl sich damals in der gesamten bekannten Welt der Einfluss des Hellenismus als der damals höchsten Stufe der Zivilisation verbreitet hat, wehrte sich nur diese einzige Nation verbittert gegen diese Entwicklung und ließ sich unter keinen Umständen hellenisieren. Es war gerade diese eine kleine Nation, die auf ihrem einzigen Gott, auf dem Verbot Menschen, darzustellen und auf den Vorschriften zum Essen und bei Feiern beharrte. Die Juden strapazierten damit ordentlich die Nerven der herrschenden Seleukiden, als diese aber versuchten, diesen unsinnigen barbarischen Widerstand zu brechen, mussten sie erkennen, dass diese Entscheidung falsch war. Die Juden konnten unter der Führung der Brüder Makkabäer ihre Feinde besiegen und ihre Unabhängigkeit erkämpfen, die aber nur bis zur Ankunft der Römer dauern konnte. Im Jahr 70 fiel Jerusalem und der Tempel, der mit riesigem Aufwand von König Herodes erbaut wurde, wurde dem Boden gleich gemacht. Weil die Juden auch danach keine Ruhe gaben und gegen die römische Herrschaft und ihre Versuche, die Juden auf die römische Art zu hellenisieren, unter der Führung Bar Kochbas rebellierten, verlor Kaiser Hadrian die Nerven. Er verbot Juden den Aufenthalt im Land Palästina und vertrieb sie in die Diaspora, die dann beinahe zweitausend Jahre dauern sollte. Ohne Juden konnte dieses Gebiet endlich erfolgreich hellenisiert werden und wurde zu einem normalen Teil des römischen und später dann des byzantinischen Verwaltungssystems. Bis hier im Jahr 614 Perser einfielen und das ganze Land inklusiv aller Kirchen (also beinahe aller, dazu kommen wir aber später) in Asche verwandelten. Die Byzantiner konnten den Krieg mit Persien im Jahr 628 nach 26 Jahren Kampf gewinnen, sie waren aber dadurch so erschöpft, dass sie Arabern, die plötzlich vereint durch einen neuen Glauben – Islam – aus den Wüsten der Arabischen Halbinsel auftauchten, keinen erfolgreichen Widerstand mehr leisten konnten. Im Jahr 635 unterlagen die Byzantiner den Arabern in der Schlacht bei Jarmuk und Palästina wurde für weitere beinahe fünf hundert Jahre arabisch.

               Im Jahr 1099 kamen die Kreuzritter des ersten Kreuzzuges, um heilige Stätte aus der moslemischen Macht zu befreien.

Damals hatte Palästina bereits einen symbolischen Wert, und den behielt es bis heute. Die Kreuzritter schufen hier ihr Königsreich, im Jahr 1291 mussten sie aber Palästina definitiv räumen und an die ägyptischen Mameluken übergeben. Die wurden wieder vom türkischen Sultan Sulejman dem Prächtigen im Jahr 1527 besiegt und Palästina wurde türkisch. Nicht einmal der Feldzug Napoleons, der ruhmlos vor den Mauern Akkos sein Ende fand, konnte an dieser Tatsache etwas ändern, bis der erste Weltkrieg, in dem sich die Türken der falschen Seite anschlossen, einen entscheidenden Bruch bedeutete. Die Araber unter der Führung von Oberst Lawrence machten einen Aufstand gegen die türkische Herrschaft, weil sie dafür ein Versprechen der Selbständigkeit für alle arabische Völker (oder Stämme, wenn man die Araber für ein Volk hält) bekamen. Baron Rotschild, der damals als Abgeordneter im britischen Parlament saß, gelang es eine Ausnahme für die Region Palästina zu erwirken und diese wurde zum britischen Mandatsgebiet. Was eine Masseneinwanderung der Juden zu Folge hatte, da diese in Rahmen einer neuen Bewegung – Zionismus, gegründet von einem Wienerjuden Theodor Herzl, in das gelobte Land zurückkehrten. Palästina blieb ein britisches Mandatsgebiet bis zum Jahr 1948, als verstimmte Briten Palästina verließen. Die Sorgen über die Zeit danach machten sich die Vereinten Nationen und diese stimmten bereits im Jahr 1947 über eine Lösung einer Konföderation zwei Staaten – eines arabischen und eines jüdischen – die im Frieden und Freudschaft zusammenleben sollten, ab.

               Die Araber lehnten diese Lösung ab und sofort nach dem Abzug der Briten, griffen sie die Juden unter der Führung ehemaliger SS Offizieren an, mit dem Ziel den Holocaust auf dem Gebiet Palästinas fortzusetzen. Der Krieg ging aber für die Araber verloren. Deutsche Offiziere hatten nicht gerade kleine Probleme mit der arabischen Kampfmoral. Wenn sie einer deutschen Einheit einen Befehl zum Angriff gaben, ging diese in den Angriff. Wenn sie das gleiche mit einer arabischen Einheit taten, blieb diese im Schützengraben liegen. Israelis gewannen den Krieg und erweiterten wesentlich das Gebiet, das sie ursprünglich von UNO zugesprochen bekamen – grundsätzlich das Gebiet des heutigen Israels. Im Jahr 1967 versuchten drei arabische Länder diesen „faux pas“ zu korrigieren. Israel erfuhr rechtzeitig von dem geplanten Angriff und griff einen Tag früher an. Der Angriff der Araber wurde nicht nur abgewehrt, Israel besetzte das Land westlich des Flusses Jordan mit Ostjerusalem, die Golanhöhen und die Halbinsel Sinai. Im Jahr 1973 wollte der ägyptische Präsident Anvar Sadat diese Schande gutmachen und griff gemeinsam mit Syrien und Jordanien Israel am Tag des größten jüdischen Feiertages „Jom Kippur“ an. Auch diesmal ohne Erfolg. Israel schloss mit Ägypten Frieden im Jahr 1978, zwanzig Jahre später dann auch mit Jordanien, nur mit Syrien hat es keinen Friedensvertrag bis heute.

               Schibli informierte uns über diese Ereignisse aus dem palästinischen Blickwinkel. Über die arabische Ablehnung der Zweistaatslösung von 1947 sagte er kein Wort. Israel vertrieb seiner Meinung nach Palästinenser einfach ohne Grund aus ihrer Heimat. Im Jahr 1967 handelte sich natürlich um eine unverschämte grundlose israelische Aggression und im Jahr 1973 hätten Ägypter Israel bereits vernichtet und die Premierministerin Golda Meier weinte im Telefonat mit Präsident Nixon „Tel Aviv wird fallen“ und dann kamen Amerikaner, und zwangen Ägypter sich zurückzuziehen. Historische Bücher sagen etwas anderes. Weil es den Arabern gelang, die israelische Luftwaffe durch einen Überraschungsangriff am Boden zu vernichten, waren Juden in einer wirklich schwierigen Lage und Golda Meier war sogar bereit, Atomwaffen einzusetzen. Andererseits, die Mobilisierung der israelischen Armee verlief schneller als es sich arabische Führer überhaupt vorstellen konnten (am Tag der Feier „Jom Kippur“ waren die Wege in Richtung Kaserne logischerweise frei) und gerade die Angst vor einem Atomkrieg bewegte die Amerikaner zu einer massiven finanziellen Unterstützung Israels in der Höhe 2,2 Milliarden Dollar – das Wichtigste war, dass Amerikaner Israelis neue Flugzeuge geliefert haben. Danach durfte sich schon General Sharon durch einen überraschenden Selbstmordangriff über den Suezkanal berühmt machen, der den Krieg zu Gunsten Israels entschieden hat.

               Araber stellen sich ständig in die Position der Opfer.

Nicht nur Palästinenser, sondern Moslems allgemein. Für alles ist der böse Westen schuld, das den Erfolgen der arabischen Welt im Wege steht. Deshalb können sie niemals eine Selbstreflexion erreichen, eigene Fehler erkennen und korrigieren und dadurch kann es auch zu keiner Besserung ihrer Situation kommen. Aus der Schiblis Erzählungen konnte man diese Einstellung sehr intensiv spüren. Juden wurden von ihm in die Schlechten und die Schlechtesten unterteilt. Der einzige gute Jude war seiner Ansicht nach Jicchak Rabin und der wurde von Juden im Jahr 1995 ermordet.

               Wenn man durch das Land reist, kann man die Palästinenser einigermaßen verstehen. Es reicht nur an der achtmeterhohen Mauer vorbei zu fahren, die das Land trennt.

Natürlich kann man die Argumentation Israels verstehen, dass sich das Land vor dem Terror schützen möchte und diese Mauer wäre auch legal – hätte sie Israel nicht großteils auf palästinensischem Gebiet gebaut. Es war für mich schockierend, wie Schibli reagierte, als ich Graffiti auf der palästinensischen Seite der Mauer fotografieren wollte. „Das dürfen Sie nicht, hier darf man nicht fotografieren!“

               „Es ist verboten, beim Grenzübergang zu fotografieren, hier gibt es aber keinen.“

               „Es ist sicher irgendwo ein Polizist und dann werden Sie eine hohe Strafe zahlen müssen!“

               Natürlich gab es dort weit und breit keinen Polizisten, letztendlich befanden wir uns in Zone A in Betlehem – die Reaktion Schiblis erinnerte mich aber an ein sehr ähnliches Erlebnis in Ostberlin im Jahr 1981. Die Ostdeutschen hatten damals eine panische Angst sich der Berliner Mauer nur zu nähern, wie heute die Palästinenser.

               Die Israelis sind natürlich Meister der Provokationen. Neben der Mauer, die großteils auf palästinensischem Gebiet verläuft, sind das ihre illegalen Siedlungen.

Also illegal sind sie nach der internationalen Rechtssprechung, nicht aus israelischer Sicht. Das Gebiet von Palästina am Westufer des Jordans wurde im Vertrag zwischen Jassir Arafat und Jicchak Rabin in drei Zonen geteilt, die eine nach der anderen Palästinensern in ihre Verwaltung übergeben werden sollten. In der Zone A sind Städte wie Ramallah, Jericho oder Betlehem. Hier haben die Palästinenser die Zivilverwaltung und Ordnungskräfte inne – also die Polizei, weil sie keine Armee haben dürfen) In der Zone B, die ihnen später übergeben werden sollte und in erster Linie Land betrifft, haben die Palästinenser die Zivilverwaltung, nicht aber die Sicherheit in ihrer Hand. Zone C bleibt in israelischer Macht. Hier darf kein Palästinenser Grund kaufen, ein Jude aber sehr wohl. Diese Zone C gibt es an den Grenzen des Palästinischen Staates, also auch um den Fluss Jordan. Eine Bildung eines vereinten Gebietes des Staates Palästina ist schlicht unmöglich und die Israelis wissen es. Deshalb tun sie, was sie tun.

               Gleich ist es mit Ostjerusalem. Nach dem Ende des Krieges von 1948 verlief die Grenze unter der Mauer der Altstadt, die gänzlich zu Palästina gehörte. Israel besaß das neue, moderne Westjerusalem (deshalb gibt es hier die Knesset – das israelische Parlament). Als die israelische Armee Ostjerusalem eroberte, lebte hier kein einziger Jude. Gerade hier werden neue moderne Siedlungen für Juden gebaut. Die Miete für eine Wohnung in Westjerusalem beträgt um 2000 Dollar monatlich, was sich junge Familien nicht leisten können. In Ostjerusalem kostet die Miete nur einen Bruchteil dieser Summe. Deshalb gehen hierher vor allem junge, kinderreiche jüdische Familien. Heute leben in Ostjerusalem neben 300 000 Araber bereits 150 000 Juden – die Tendenz steigend. In einigen Jahrzehnten werden die Juden in Ostjerusalem die Mehrheit darstellen.

               Übrigens einen Übergang von israelischem zu palästinischem Gebiet würde man auch ohne Mauer erkennen. Wenn in Israel eine fast unglaubliche Ordnung herrscht – vergeblich würde man nach verworfenem Abfall oder einem Zigarettenstümmel suchen, nach dem Überqueren der Grenze lagen die Abfälle entlang der Straßen, in der Mitte der Fahrbahn standen Kafeeverkäufer und auf den Balkons trocknete die Wäsche. Einfach Orient!   

               Natürlich kann Israel im Streit mit Palästinensern viel verständlicher argumentieren, einfach mehr europäisch. Ein genialer strategischer Zug war die Räumung des Gazastreifens, der ganz als Zone A an die Palästinenser übergeben wurde. 5000 israelische Siedler wurden gewaltsam abgeschoben. Heute herrscht hier Hamas und schießt Raketen nach Israel und Israel kann vor der ganzen Welt argumentieren – so schaut es aus, wenn man Palästinenser lässt, sich selbst zu regieren – auf der Westbank hält sich die gemäßigte Fatah nur dank israelischer Unterstützung an der Macht und profitiert von ihrer Loyalität. Die Städte wie Ramallah oder Betlehem haben eine der höchsten Lebensqualitäten in der arabischen Welt – sie hassen trotzdem die Juden verbittert.

               Das tun offensichtlich auch Palästinenser, die auf dem Gebiet Israels leben und israelische Bürgerschaft besitzen (offiziell sind das 1,2 Millionen Menschen, laut Schibli 2,4 Millionen – Schibli glaubten wir aber immer ziemlich ungern, er ließ sich zum Beispiel nicht ausreden, dass die von Israel besetzten Golanhöhen 18 000 km2 groß sind. Weil das ganze Land Israel 21 000 km2 hat, war ich nicht bereit, ihm das zu glauben und ich machte es richtig – es sind natürlich nur 1800 km2). Diese israelischen Bürger arabischer Nationalität haben alle Rechte wie Juden – mit einer Ausnahme, sie haben keine Wehrpflicht. Der Wehrdienst dauert bei jungen Israelis 3 Jahre bei Männern und 2 Jahre bei Frauen. Wir sahen während unseres Besuches viele Soldaten, interessant war, dass die meisten Instrukteure bei verschiedenen Schulungen Frauen waren – übrigens die Uniformen standen ihnen sehr gut.

               Interessant für mich war, dass sich Palästinenser weigerten, den Schekel, also das offizielle Zahlungsmittel Israels, zu akzeptieren. Diese Tatsache war ich bereit in der Westbank zu verstehen, wo Palästinenser wirkliche Probleme haben, die Mauer in Richtung Israel zu überwinden und deshalb hier der amerikanische Dollar eine Parallelwährung und der Euro auch willkommen ist. Wenn aber eine Zahlung in Schekel nicht einmal ein Palästinenser (israelischer Bürger) in Nazareth, also im Gebiet Israels, annehmen wollte, hatte ich dafür kein Verständnis. Sein Argument, er täte das wegen der Inflation, war absolut falsch – der Schekel ist an den Dollar fest gebunden (wie einmal der Schilling an die deutsche Mark) und es kommt zu keinen Kursschwankungen zwischen diesen zwei Währungen. Es handelte sich also um eine rein emotionale Angelegenheit. Und Emotionen im Handel….

               Emotionen gibt es in diesem Land im Überfluss. Schon deshalb, weil dieses Land gleich für drei monotheistische Religionen heilig ist – für Juden, Moslem und Christen.

               In meinem nächsten Artikel in zwei Wochen möchte ich mich auf die Spuren Christi begeben, also die heiligen Stätte der christlichen Religion besuchen. Wer Interesse hat, sollte mich in zwei Wochen wieder besuchen. Entweder deshalb, weil er dort noch nicht war und will wissen, was ihn dort erwarten würde, wenn die Coronapandemie vorbei ist oder um sich eigene Erinnerungen an seinen Besuch aufzufrischen. Beide werde ich auf meiner Website willkommen heißen.

Das heilige Land

Es gibt Dinge, die man zumindest einmal im Leben erleben sollte, diesmal ohne Betonung des Wortes „einmal“. Seit ewiger Zeit pilgern Menschen ins Heilige Land um am eigenen Leib das Mysterium der Entstehung unseres Glaubens und unserer Kirche erleben zu können. Sie taten das Tausende Jahre lang, oft unter Einsatz des eigenen Lebens.

               Heute steht das Coronavirus dem Pilger im Weg, es ist aber anzunehmen, dass sobald es den Platz räumt, die Pilgerreisen wieder in Schwung kommen. Wir haben unsere Reise noch zwei Jahre vor der Coronaviruspandemie geschafft. 

               Weil ich den Ausflug persönlich organisierte und damit die Verantwortung für alle eventuelle Misserfolge und Komplikationen trug, entschloss ich mich, nichts dem Zufall zu überlassen. Und genau das hat sich als großer Fehler erwiesen.

  1. Weil ich von meinen Nachbaren, die Israel ein Jahr vor uns besucht hatten, vor israelischen Hotels gewarnt wurde, nämlich, dass die Bezeichnung mit den Sternen dem mitteleuropäischen Standard nicht entspricht, entschloss ich mich, für die bessere Hotelkategorie aufzuzahlen. Demzufolge landeten wir mit meiner Gattin in einer 43-köpfigen Pensionistengruppe, wo wir beinahe das jüngste Element darstellten. Als uns der Reiseführer bereits das dritte Mal mit Nachdruck erinnerte, dass niemand seine Zähne im Badezimmer vergessen sollte, verstand ich, dass ich möglicherweise nicht in der richtigen Gruppe war.  Die Gruppe, die mit dem selben Reisebüro reiste, aber das bessere Hotel nicht aufzahlte, war 15-köpfig, jung, lustig und hatte sogar einen besseren Reiseführer. Na gut, möglicherweise hätte ich in der Gruppe wie eine pädagogische Aufsicht ausgesehen, aber in der Gesellschaft junger Menschen fühle ich mich immer jung und frisch. In unserer Gruppe war es nicht der Fall. Manche Teilnehmer waren schon vergesslich und fragten immer das selbe, die anderen waren schwerhörig – mit dem gleichen Effekt. Einer hatte eine Obsession, in der er „illegale israelische Siedlungen“ sehen wollte und er vermutete sie in jedem arabischen Dorf, womit er unseren Reiseführer in den Wahnsinn trieb. Dann fuhren wir im Jordantal stundenlang an diesen Siedlungen vorbei, was er nicht bemerkte und als wir dann in Richtung Betlehem abbogen, wiederholte er seine Frage, wann endlich die illegalen Siedlungen kommen würden, womit er unseren Reiseführer an den Rand eines Herzinfarktes brachte. Zwei der Damen waren nicht nur ältere Jahrgänge, sondern auch ziemlich voluminös und bereits in Akko, bei unserem ersten Stopp, hat die erste von ihnen den Kontakt mit der Gruppe verloren. In Caesarea verloren wir dann auch die zweite und unser Reiseführer verlor definitiv die Nerven. Es war ein Wunder, dass wir letztendlich alle nach Hause kamen.
  2. Weil ich wusste, dass die Amerikaner zum 70 – jährigen Jubiläum der Entstehung des Staates Israel ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen wollten (und dies dann auch taten), konnte man zu diesem Datum große Unruhen erwarten. Israel wurde am 15.Mai 1948 gegründet und ich wählte also den Termin für unseren Ausflug für April in der Erwartung, dass im April die Palästinenser für ihre Proteste noch die Kräfte vorbereiten würden. Die Demonstrationen im Gazastreifen betreffen die Touristen nicht direkt, Tränengas im Tempelbezirk schon. Wie groß war meine Überraschung, als am Tag nach unserer Ankunft Israel 70 Jahre seiner Entstehung feierte. Ich habe das nicht verstanden. Ich verwendete natürlich Google, dort wurde auf dem 15.Mai bestanden. Unser Reiseführer war nicht im Stande, mir diesen Widerspruch zu erläutern – später bin ich darauf gekommen, dass es bei weitem nicht die einzige Sache war, bei der er daneben lag. Einen Tag später habe ich erfahren, dass die Juden nach ihrem, also nach dem Mondkalender, feiern und die Gründung des Staates Israel auf den fünften Tag des achten jüdischen Monats fällt. Was im Jahr 2018 der 19.April war. Gott sei Dank wussten das die Amerikaner nicht!
  3. Ich hatte bestimmte Befürchtungen bezüglich der koscher Küche und des Sabbats. Das Essen war für mich eine sehr angenehme Überraschung. Natürlich findet man im Angebot kein Schweinfleisch oder Kaninchen und Meeresfrüchte sind auch tabu. Gott erlaubte den Juden nur das zu essen, was an den Füßen zwei Zehen hat, also eigentlich nur Zweihufer, Rind, Schafe und Ziegen. Fische sind erlaubt, warum Sepien, Muscheln oder Oktopus nicht koscher sind, konnte ich nicht erfahren. Natürlich darf Milch und Milchprodukte Fleisch nicht berühren, was Juden durch einen Satz im Buch Levi begründen „Du wirst nicht das Zicklein in der Milch seiner Mutter kochen“. In der Praxis bedeutet es, dass, wenn es zum Frühstück Käse gibt, man keinen Schinken findet, nicht einmal aus Rind oder Geflügel, obwohl Vögel keine Milch haben. In den Zeiten Christi wurden die Galiläer nicht für rechtgläubige Juden gehalten. Nicht nur wegen ihres spezifischen Dialektes, sondern auch, weil sie Huhn in Sahnesauce aßen. Ihre Argumente, dass Huhn keine Milch hat, fruchteten nicht einmal damals. Darüber zu diskutieren zahlt sich einfach nicht aus. Übrigens, durch koschere Zubereitung wird Fleisch unglaublich fein und schmackhaft. Ich habe noch nie ein so weiches Rindfleisch gegessen und das Geflügel schmeckte genau so wunderbar. Der Grund dafür ist wahrscheinlich die Tatsache, dass Fleisch vom Blut befreit werden muss. Nicht nur, dass das Vieh bei der Schlachtung vollständig ausbluten muss, sondern danach werden zusätzlich alle Gefäße auspräpariert und anschließend wird das Fleisch in eine spezielle Salzmarinade eingelegt und diese zieht auch die letzten Blutreste aus dem Fleisch. Ein Verbot, das Blut zu essen, findet man in der Bibel mindestens an fünf Stellen – übrigens an diese Stellen (verdreht in Richtung Bluttransfusionen) stützt ich auch der Glaube der Zeugen Jehovas. Die koschere Küche war für mich also eine sehr angenehme Überraschung.
  4. Mit dem Sabbat war es schon ein bisschen schlimmer. Am Freitagabend wurden wir aus dem Speisesaal durch eine auf fünfzehn – vielleicht sogar zwölf – Grad eingestellte Klimaanlage vertrieben. Der Sabbat beginnt am Freitag nach dem Sonnenuntergang und wir wollten nicht nur essen, sondern auch bei einem Glas Wein diskutieren. Das war unzulässig, der Sabbat war da. Am Samstag früh fanden wir unter dem Tisch die Reste des Abendessens von Freitag, weil nicht geräumt wurde und der Toaster war außer Betrieb. Er war mit einem Tuch abgedeckt und wenn eine Dame einen Toast machen wollte, wurde sie sehr energisch aufmerksam gemacht, dass auch der Toaster Sabbat einzuhalten habe. Es ist notwendig, auf Sabbatlifte aufzupassen. Die sind in den Hotels speziell gekennzeichnet. Für einen orthodoxen Juden ist sogar das Drucken der Taste im Lift ein prägnanter Verstoß gegen das Arbeitsverbot. Deshalb bleibt dieser Lift in jedem Stockwerk stehen und er steht hier eine ganze Minute, damit Menschen ein- und aussteigen können. Umso angenehmer ist es am Samstag auf den israelischen Straßen zu fahren. Die heilige Schrift erlaubt nämlich einem Juden sich nur zur nächsten Synagoge von zu Hause zu entfernen und das kann man zum Fuß bewältigen.
  5. Interessant ist die Lösung des Wochenendeproblems. Für die Juden ist der Ruhetag der Samstag für die Moslems der Freitag. Also auf  den meisten Gebieten des Staates Israel wird Wochenende am Freitag und Samstag gehalten. Es gibt aber auch Gebiete, in denen neben Juden auch Christen leben. Dort gibt es das Wochenende am Samstag und Sonntag. Am schlimmsten ist es in Betlehem, wo Moslems und Christen miteinander leben.  Dort hat man Wochenende Freitag und Sonntag und wenn man längere Freizeit haben möchte, muss man am Samstag Urlaub nehmen.
  6. Die offizielle Sprache in Israel ist Hebräisch und Arabisch, alle Aufschriften sind dreisprachig (zusätzlich noch Englisch). Also fast alle – auf denen, die Parkregeln betreffen, fehlt Englisch – das ist eine Falle für mutige Touristen, die durch Israel in eigenem Fahrzeug reisen möchten. Und natürlich in den palästinischen Gebieten (auch direkt in Israel) sind trotz aller Vorschriften die Texte auf den Tafeln nur arabisch. Von den offiziellen Stellen wird es offensichtlich akzeptiert.
  7. Wir waren mit einem palästinischen Reisebüro unterwegs. Das wussten wir in Österreich nicht, unser Reiseanbieter informierte uns über diese Tatsache nicht. Obwohl uns auffallen konnte, dass wir vier Nächte in Betlehem, also im palästinischen Gebiet übernachten sollten. Damit hatte ich kein Problem. Eher mit unserem Reiseführer. Als er uns auf dem Flughafen mit einem verzweifelten Ruf: „Wie viele seid ihr?“ begrüßte, sank bereits bei dem ersten Kontakt mein Vertrauen in seine Person. Ich hatte das Gefühl, dass genau das sollte eher er als wir wissen. Leider Gottes ist es ihm nicht gelungen, mein angeschlagenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Unser Schibli (was im Arabischen angeblich „Kleiner Löwe“ bedeutet) war zwar sehr lieb und hatte mit unserer Gruppe  – wie ich schon erwähnte – nicht gerade kleine organisatorische Probleme. Diese konnte er beherrschen, mich störten eher seine ziemlichen Wissenslücken.  Und das nicht nur in der Botanik, sondern vor allem in der Geschichte.
Istaelische Siedlung im Jordantal

               Dass er aus Pompeius einen Kaiser machte und ihm den Satz Vespasianus,  „Geld stinkt nicht“ zuschrieb, habe ich noch irgendwie überlebt, sowie auch die Tatsache, dass er die Makkabäer mit Bar Kochba verwechselt hat. Ich nahm ohne Proteste sogar seine permanente Behauptung hin, dass Kaiser Konstantin mit seiner Mutter Helena auf einer Pilgerreise das Heilige Land besuchte, hier im Jahr 324 (wo er zu diesem Datum kam, blieb mir rätselhaft, da in diesem Jahr gar nichts passiert ist) das Christentum zur Staatsreligion des Römischen Reiches erklärte und damit die Byzantinische Zeitperiode begann. (Nur zur Korrektur, Kaiser Konstatin erlaubte im Edikt von Mailand im Jahr 311 den Christen freie Ausübung ihrer Religion, er selbst wurde nie zum Christ und deshalb hat er auch nie eine Pilgerreise nach Palästina unternommen. Zur offiziellen Staatsreligion wurde das Christentum durch das Edikt des Kaisers Theodosius im Jahr 380 und die byzantinische Zeitperiode begann mit der Teilung des Römischen Reiches in ein West- und ein Oströmisches Reich im Jahr 395). Das alles habe ich irgendwie verdaut, aber seine Erklärung, dass im zweiten Weltkrieg die Briten Deutsche aus ihrer Kolonie in Haifa als Nazis vertrieben und diese dann nach Malta auswanderten und dort den Deutschritterorden gründeten, war schon weit jenseits meiner Schmerzgrenze. Aber zu einer Pilgerreise gehört ein bisschen Leiden, es geht letztendlich um den Sündenerlass und so hoffe ich, dass ich, da ich Schiblis Ausführungen überstand, ohne gegen ihn Gewalt anzuwenden, nach Hause sündenfrei gekommen bin. Ich muss aber zugeben, dass ich es am letzten Tag unseres Ausfluges auf dem Weg nach Massada nicht ausgehalten habe. Ich entwendete ihm das Mikrofon und brachte die Geschichte des Königs Herodes den Anwesenden selbst bei. 

Meine tschechischen Leser wissen, dass es sich dabei um meine Herzangelegenheit handelt, mein Roman über diesen Herrscher erschien im Jahr 1998 (und das zweite Mal dann im Jahr 2005) und obwohl ich nach zwanzig Jahren schon einiges vergessen hatte, konnte ich trotzdem ein qualifizierteres Bild des antiken Tyrannen darstellen, als es unser lieber Schibli im Stande gewesen wäre. Ich ersparte mir dadurch einen Herzinfarkt.

               Schiblis Deutsch war nicht auf dem höchsten Niveau – obwohl nicht schlecht – in Laufe des Tages wurde es aber durch die zunehmende Müdigkeit schlechter. Dieses Phänomen kenne ich aus meinen österreichischen Anfängen, daher hatte ich dafür ein volles Verständnis und war bereit,  es ihm zu verzeihen. Aber dass er die Flagge von Jordanien nicht kannte (die sich von der palästinischen nur durch einen silbernen Stern im schwarzen Feld unterscheidet) obwohl er selbst behauptete, dass er zu seiner Familie in Chicago von Amman flog (weil Palästinenser den Flughafen in Tel Aviv nicht benutzen dürfen), war wieder einmal eine Enttäuschung.

               Übrigens, ob zufrieden oder unzufrieden, das Trinkgeld wird erbarmungslos kassiert und hat feste Regel. Für das Hotelpersonal 1 Euro pro Nacht, für den Busfahrer 1,5 Euro pro Tag und für Schibli 3 Euro pro Tag. Freiwilligkeit wird dabei nicht gepflegt. Also viel Bargeld auf die Pilgerreise mitnehmen.

Also gut, lassen wir unseren glücklosen Reiseführer in Ruhe, ich konnte mich übrigens für die Reise bereits zu Hause vorbereiten. Was ich auch getan habe und das war möglicherweise das Problem. Ich habe nachgedacht, warum Menschen um dieses Stück Landes seit fünf tausend Jahre ununterbrochen streiten. Nicht das es hässlich wäre, es besitzt sogar einen bestimmten Zauber , es gibt hier aber weder Erdöl, noch Gold oder andere Bodenschätze und das Leben hier bedeutet einen permanenten Kampf um jeden Tropfen Wasser. Wenn sich die Natur hier schon einmal so schonungslos zeigte, warum haben die Menschen einen unüberwindbaren Drang, das noch schlechter zu machen. Aber darüber reden wir das nächste Mal in zwei Wochen. Ihr seid willkommen.

Der Weg zur Macht

Ich habe mich entschieden, meinen Lesern einmal etwas anderes als ein Reisebericht anzubieten. Nämlich eine historische Kurzgeschichte aus dem Jahr 44 vor Christus, also ein kleines Beispiel meiner literarischen Tätigkeit. Natürlich ist der Text etwas länger, aber ich hoffe, dass er trotzdem Leser findet. Ich bitte um eine Rückmeldung, ob es Interesse um diese Art der Unterhaltung gibt. In zwei Wochen gibt es aber wieder einen Reisebericht – aus dem Heiligen Land.

Der Weg zur Macht

Apollonia, März im Jahr 44 vor Christus

Siehst du das, Marcus?“

Einer der drei Burschen, die auf der Mauer der Stadt Apollonia saßen, zeigte in die Mündung des Flusses Vhosa, die durch das Tal unterhalb der Stadt floss. Vom Meer her wehte eine kalte Briese. Sie machte frisch, zerzauste den Burschen die Haare, war aber nicht unangenehm. Sie waren alle keine zwanzig Jahre alt und sie strahlten vor altersbedingter Sorglosigkeit. Das Tal unter ihnen war voll blühender Bäume, das Land um den Fluss Vhosa war das fruchtbare Hinterland der Stadt.  Es war März, die Bäume blühten, die Felder wurden grün. Die Natur war im Aufwachen und sie versprach ein gutes Jahr.

„Was?“ fragte der zweite.

„Ein Schiff.“

Jetzt wunderte sich auch der dritte. „Na und? Schiffe kommen ständig hier her,  Apollonia ist ja der Ausgangspunkt der Via Egnatia. Die Ware wird hier seit Jahrhunderten umgeladen.“

               „Das ist aber kein Frachtschiff“, erklärte der erste. „Es ist eine Kriegsgaleere.“

               Der andere legte die Hand auf die Stirn, um seine Augen vor der Sonne zu schützen und schaute eine Weile in die Ferne. „Du hast recht, Gaius“, sagte er dann. „Was will sie hier?“

               Der dritte der Burschen zuckte mit den Schultern. „Ist das nicht egal? Es ist Frieden und eine Galeere bringt nicht zu viel Soldaten her. Das wird uns die Langweile auch nicht vertreiben.“

               „Es ist nicht egal, Gaius“, korrigierte ihn der erste, der auch Gaius hieß. „Vielleicht bringt sie eine wichtige Nachricht.“

               „Hast du vergessen, Gaius“, lächelte Marcus, „dass sich Gaius Cilnius Meacenas für Politik nicht interessiert?“

               „Gaius Oktavianus interessiert sie aber um so mehr“, sagte Gaius Oktavianus. „Und ich hoffe, dass Marcus Vipsanius Agrippa das gleiche tut.“

               „Na ja“, stimmte Agrippa unwillig zu. „Einmal werde ich mich damit beschäftigen müssen. Jetzt gibt es für mich aber noch die Zeit des Studiums,  politische Intrigen können noch warten. Ich habe es nicht eilig. Meine Lage ist anders, als deine, Gaius. Mein Vater ist kein Herrscher über Rom.“

               „Meiner sehr wohl“, sagte Oktavianus. „Manchmal bringt er mich zur Verzweiflung.“

               „Warum, bitte?“ wurde jetzt Maecenas aufmerksam, obwohl er sich bisher bei der Debatte seiner Freunde eher langweilte.

               „Na gut, er kennt sich in der Kriegsführung gut aus, aber die Politik macht er eben wie ein Heerführer auf dem Schlachtfeld. Direkt und brutal. Einfach ungeschickt. So geht es nicht.“

               „Wieso nicht?“ wunderte sich Agrippa. „Sein Wahlkampf vor vierzehn Jahren, als er das erste Mal zum Konsul gewählt wurde, ist auch heute noch ein Vorbild für die Führung eines politischen Kampfes.“

               „Ein negatives Vorbild“, grinste Oktavianus. „Seine politischen Gegner mit Fäkalien zu überschütten ist unter jedem Niveau. Und das hat einen lebenslangen Hass zur Folge.“

               „Er wurde zum Diktator auf Lebenszeit“, erinnerte Agrippa. „Mehr kann man nicht erreichen.“

               „Man kann“, sagte Oktavianus langsam und streckte den Rücken. „Man kann ein neues System der Regierung aufbauen. Ein dauerhaftes System, das die Stabilität und Macht nicht nur für dich, sondern für die ganze Familie sichern kann. Natürlich auch für den Staat, über den du herrschst. Für ganze Generationen. Das kann er aber nicht.“

               „Wie meinst du das?“ fragte Agrippa. „So müsste er König werden. Aber eine Königskrone werden ihm die Römer nie gönnen.  Rom ist und bleibt eine Republik. Wer sich zum König krönen lassen möchte, wird schlecht enden, da bin ich mir sicher.“

               „Da hast du recht“, stimmte Oktavianus zu. „Ist aber die Krone wirklich das Wichtigste?“

               „Ich verstehe nichts“, sagte Maecenas. Das Schiff näherte sich dem Hafen. Sie sahen, dass am Bug ein Mann in der Uniform eines Offiziers stand.

               „Schau. Wenn du einen Frosch ins heiße Wasser wirfst, springt er heraus, um sich zu retten. Wenn du ihn aber ins kalte Wasser legst und dann langsam das Wasser wärmst, wird er im kochenden Wasser krepieren ohne den Zeitpunkt zu bemerken, an dem er bereits zu Tode verurteilt war und keine Chance mehr hatte, sich zu retten. Genauso musst du das mit der Demokratie machen, also mit ihren Trägern, mit den Herren Senatoren. Sie dürfen nicht merken, dass sie ihre Macht verlieren, dann werden sie dir noch applaudieren. So etwas kann aber der Vater nicht.“

               „Du stellst die römische Demokratie in Frage?“ erstaunte Agrippa. „Willst du sie vielleicht sogar abschaffen?“

               „Hast du das Gefühl, lieber Marcus, dass sie sich wirklich bewährt hätte? Ein Bürgerkrieg folgt dem anderen, es gibt Tausende toten Legionären! Anstatt das Reich an seinen Grenzen zu schützen, neue Gebiete zu erobern und Rom mit Sklaven zu versorgen, schlachten sie sich gegenseitig ab. Teuer bewaffnet und teuer ausgebildet. Glaubst du, wir könnten uns so etwas auf Dauer leisten? Seit Jahrzehnten kennt Rom nichts anderes als Krieg.“

               „So war es doch immer“, sagte Agrippa. „Der Tempel des Gottes Janus war in der ganzen Geschichte Roms nur fünfmal geschlossen.“

               „Allerdings kämpften die römischen Legionen damals auf fremdem Gebiet. Und das fremde Land versorgte sie. Heute kämpfen sie auf römischem Gebiet und plündern es. Hast du es nicht hier in Epiros gesehen? Wie lange ist es her, als hier Vater gegen Pompeius gekämpft hat? Vier Jahre! Hast du das Gefühl, dass sich das Land vom Krieg erholt hätte? Das muss ein Ende haben! Wenn ich zum Herrscher werde, wird es Frieden geben. Meinen Frieden! Weil ich ihn allen diktieren werde. Damit sich die Menschen endlich ihren Feldern und ihrem Handwerk widmen könnten.“

               „Glaubst du, du könntest nach deinem Vater sein Nachfolger im Amt des Diktators werden?“

               Oktavianus sah Agrippa nachsichtig an. „Natürlich nicht. Der Titel ist nicht erblich. Sollte ich so etwas anstreben, wäre ich schnell ein toter Mann.“

               „Also wie willst du…?“

               „Erinnerst du dich an den Priester? Als wir nach Apollonia gekommen sind?“

               „Natürlich kann ich mich erinnern“, antwortete Agrippa. „Sein Name war Theón. Als er dich gesehen hat, fiel er vor dir auf die Knie und prophezeite dir eine große Zukunft.“

               „Also, ich habe nicht die Gewohnheit, Prophezeiungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Hinter ihnen stehen die Götter und sie bestimmen die menschlichen Schicksale.“

               „Wer glaubt schon heutzutage an Götter?“ lächelte Maecenas. „Sie sind nur mehr Objekte für Bildhauer und Maler, nichts mehr.“

               „Ich glaube an sie“, antwortete Oktavianus trocken. „Möglicherweise bin ich der letzte. Aber gerade deshalb werde ich zum Hochpriester – Pontifex maximus.“

               „Pontifex maximus?“ schüttelte Agrippa den Kopf. „Ein Amt ohne Bedeutung und verbunden mit vielen Pflichten.“

               „Und deshalb will es keiner. Ich werde also bei meiner Bewerbung keine Konkurrenz haben, zumindest keine, die ich ernst nehmen müsste“, lächelte Oktavianus.

               „Warum willst du dich um so etwas Entbehrliches bewerben?“ wunderte sich Maecenas. „Hast du nichts Wichtigeres zu tun?“

               „Schon. Natürlich habe ich das. Oder ich werde es haben. Ich darf aber nichts vernachlässigen. Ich werde es einmal brauchen, dass die Priester, die Haruspices, nach meiner Anweisungen prophezeien. Glaubt mir, das hilft wirklich.“

               Das Schiff legte gerade im Hafen an. Die Männer am Bord warfen die Taue hinaus, Männer auf der Mole ergriffen sie und zogen das Schiff zum Ufer.

               „Seit mir Theón die glänzende Zukunft vorausgesagt hat, bemühe ich mich die Pfeiler der Macht zu identifizieren. Es war übrigens die Idee des Vaters, mich gerade hierher, nach Apollonia, für mein Studium zu schicken, und die war nicht schlecht. Wir haben hier viel gelernt und unsere Lehrer gaben uns genug Raum für eigene Initiativen und Zeit zum Nachdenken. Was braucht also ein Mensch um herrschen zu können?“

               „Geld“, sagte Maecenas. „Ohne Geld kannst du keine Wahl gewinnen. Wenn du im Amt des Ädils keine ordentlichen Spiele veranstaltest, kannst du das Amt eines Prätors oder Konsuls vergessen.“

               „Im Prinzip hast du recht“, stimmte Oktavianus zu. „Zumindest bei der ersten Wahl sind große finanzielle Opfer unentbehrlich. Ich hoffe, dass mir mein Vater eine große Erbschaft hinterlassen wird. Er bereicherte sich mehr als genug einerseits in Gallien und andererseits indem er die Besitzungen der Pompeius- Anhänger konfiszierte.“

               „Das Geld wirst du immer brauchen“, sagte Agrippa.

               „Das Geld liegt in den Provinzen“, sagte Oktavianus. „Die Senatoren sind bereit, sich gegenseitig sogar zu töten, um zu Prokonsuln oder Proprätoren zu werden, um zumindest für ein Jahr eine reiche Provinz wie Achaia, Asia oder Hispania verwalten zu dürfen.“

               „Eben“, sagte Maecenas. „Sie könnten dich deshalb  töten“

               „Ich überlasse ihnen die reichen Provinzen gerne“, sagte Oktavianus. „Hast du aber schon einmal jemanden gesehen, der gerne Prokonsul in Gallien, Pannonien, Dalmatien oder Thrakien werden möchte? Geschweige in Belgien oder Lusitanien? Wenn ich an die Macht komme, werde ich mich opfern und die Verwaltung dieser unattraktiven Provinzen übernehmen, die sonst keiner will. Ich könnte sie sogar alle auf einmal verwalten. Es ist zwar viel Arbeit für wenig Geld, aber aus jeder Provinz kommt etwas. Wenn ich sie vernünftig verwalte, bringen sie alle zusammen mehr als jede einzelne der reichen, aber dauernd geplünderten Provinzen. Und weil ich sie nicht nur für ein Jahr haben werde, müsste ich das Geld nicht so brutal herausquetschen, wie das die Herren Prokonsuln tun. Und die Senatoren werden mir noch dankbar sein, dass sie nicht hingehen müssen.“

               „Zur Erhalt der Macht brauchst du eine Armee“, wandte Agrippa ein „Ohne Soldaten wird das Geld nichts bringen.“

               „Wo sind die römischen Legionen stationiert?“ fragte Oktavianus.

               Agrippa musterte ihn mit einem überraschten Blick und sein Gesicht erstrahlte: „In den Grenzprovinzen.“

               „Richtig. Und wer ist der Oberbefehlshaber dieser Legionen?“

               „Der Provinzverwalter“, sagte Agrippa mit Lachen. „So bleiben beinahe alle Legionen unter deinem Kommando.“

               „So ist das“, sagte Oktavianus zufrieden. „Ich mag keinen Krieg. Mein Vater liebt ihn, ich habe aber dafür kein Talent. Und kein Verständnis.“

               „Ich bewundere deinen Vater“, sagte Agrippa bedachtsam. „Er ist ein Militärgenie.“

               „Könntest du einspringen und meine Legionen anführen, Marcus?“ fragte Oktavianus scherzhaft.

               „Das mache ich für dich gerne“, lachte jetzt auch Agrippa. „Was würde ich für einen echten Freund nicht tun?“

               „Du wirst mich aber niemals verraten, oder?“

               „Nur im Fall, dass du die Republik gefährdest.“

               „Dann habe ich keine Angst. Die Republik bleibt. Der Senat wird weiter tagen, die Volksversammlungen werden wieder eingeführt. Konsuln, Prätoren und so weiter werden weiter gewählt. Das Leben wird wie in den letzten Jahrhunderten weitergehen. Ich werde aber keine Unruhen in den Straßen und keine meuchlerischen Angriffe auf die Kandidaten dulden.“

               „Was die Spezialität deines geehrten Vaters Gaius Julius Caesar war“, bemerkte Maecenas. „Seinem Kollegen im Konsulamt, Bibulus, hat er das Leben zur Hölle gemacht, sodass sich dieser nicht mehr traute, sein Haus zu verlassen. Was ihm fast zum Schicksal wurde. Als Bibulus im Bürgerkrieg dann das Kommando über die Kriegsflotte des Pompeius übernommen hat, sah es mit Caesar und seiner Armee nicht besonders gut aus. Alle Versuche, die Soldaten hierher, nach Epirus zu verfrachten, waren zum Misserfolg verurteilt, solange der hasserfühlte Bibulus die Flotte kommandierte.“

               „Aber Bibulus starb, Vater konnte über das Meer nach Epirus übersetzen und da ihn Pompeius bei Dyrrhachion nicht zu vernichten vermochte, vernichtete er Pompeius bei Pharsalus. Die Götter stehen immer auf der Seite der Starken und Entschlossenen.“

               Aus dem Schiff im Hafen stieg ein Mann in der Uniform eines Offiziers. Er eilte bergauf zum Stadttor. In der Hand hielt er eine Papyrusrolle.

               „Der kommt mit einer wichtigen Nachricht“, meinte Maecenas, der ihn aufmerksam beobachtete.

               „Sicher eine schlechte Nachricht“, meinte Oktavianus. „Möglicherweise gibt es wieder einmal eine Steuererhöhung. Oder gibt es wieder einen Aufstand der Illyrer. Wer weiß? Mit guten Nachrichten hat es niemand eilig. Nur die schlechten, keine Ahnung warum, müssen so hektisch zugestellt werden.“

               „Wir werden es erfahren“, sagte Agrippa. „Jetzt würde mich aber interessieren, wie du den Senat beherrschen willst.“

               „Erstens werde ich Geld haben. Sehr viel Geld aus den armen Provinzen. Mit dem Befehlshaber beinahe aller Legionen wird auch niemand wirklich einen Streit anfangen wollen. Wenn dazu die Prophezeiungen mir gegenüber sehr günstig und meiner Gegnern im Gegenteil sehr ungünstig sein werden, werden sich weitere Provokateure lieber zurückziehen.  Wie ihr wißt, baute mein Vater seine Partei im Senat aus, die ihm blind gehorcht und abstimmt, wie er es befiehlt. Er brachte sogar Gallier in den Senat, die nicht einmal des Lateins mächtig waren und diese sind ihm natürlich auf Leben und Tod ergeben. Ich habe vor, diese Praxis fortzusetzen. In den Senat müssen viele unqualifizierte Menschen aufgenommen werden. Die sind dann treu und dankbar, dass sie  überhaupt dort sitzen dürfen. Das Wichtigste ist es allerdings, zu jedem Problem, zu jedem Gesetzentwurf, als Erster sprechen zu dürfen. Ich glaube, ich lasse über dieses Privileg für mich abstimmen, solange die Partei meines Vaters noch intakt sein wird. Stellt euch vor, wie viele Pflichten ich haben würde. Das Amt des Pontifex maximus, die Verwaltung so vieler Provinzen und ich wäre der Kommandant so vieler Legionen! Gesetze, Steuer, Versorgung der Armee, der Bau der Lager, der Straßen und die Wasserversorgung für die neuen Städte! Kann ich dann noch Zeit haben, im Senat zu sitzen und mir das Geschwätz der Gesetzgeber anzuhören? Die Senatoren müssen mir erlauben, zu jedem Problem als erster zu sprechen, damit ich dann die ehrenwerte Kurie verlassen könnte.“

               „Es wird sicher solche geben, die gegen dich argumentieren würden. Gleich, wenn die Tür der Kurie hinter dir zufällt.“

               „Das schon“, sagte Oktavianus und seine Augen wurden plötzlich eng wie Augen eines Raubtiers. „Aber nicht lange.“

               „Dann wird dir aber nur noch die Königskrone fehlen.“

               „Die sicher nicht“, sagte Oktavianus überzeugt. „Nicht ein bisschen. Ich brauche keinen Titel „Rex“, ich will unsichtbar herrschen. Niemand muss es wissen, dass gerade ich regiere. Offiziell wird der Senat regieren, wie es immer schon so war. Und natürlich das römische Volk, um es nicht zu vergessen. Das aber wirklich nur in Ausnahmefällen, sollten die Senatoren nicht gehorsam sein. Einen unsichtbaren Herrscher kann doch niemand hassen. Weil er ihn nicht sieht! Den Menschen wird es aber besser gehen und sie werden schon wissen, wem sie ihren Wohlstand zu verdanken haben.“

               „Irgendeinen Titel muss du aber haben“, sagte Agrippa unzufrieden.

               „Zum Beispiel „Princeps“ also „Der erste“, schlug Maecenas vor.

               „Der erste Bürger oder der erste Senator?“

               „Darüber sollten die Menschen nachdenken“, sagte Oktavianus mit Begeisterung in der Stimme. „Ich werde es ihnen nicht erklären. Vielleicht bin ich dann nur einfach der erste, der im Senat reden darf. Danke, Gaius, das ist eine geniale Idee.“

               „Gern geschehen“, murrte Maecenas. „Den Göttern sei Dank, wir reden nur theoretisch, ich komme mir vor, wie bei einem Seminar beim Lehrer Selenus. Dein ungeliebter Vater lässt dich an Regierungsgeschäfte nicht so bald kommen. Er ist ein Mann in voller Kraft, er kann in Rom noch gut zwanzig Jahre geistern.“

               „Dann werden wir halt noch ein bisschen studieren“, lächelte Oktavianus. „Ich habe es nicht eilig. Mein Lieber, die Geduld gehört zu den wertvollsten Eigenschaften eines Herrschers. Ich besitze genug davon.“

               „Ich nicht“, sagte Maecenas unzufrieden. „Ich langweile mich hier. In Rom, dort gibt es Statuen, Gallerien, Feste, dort gibt es das Leben. Und hier…?“

               „Ein Fieber, ein Sturz vom Pferd oder ein Seesturm und es kann alles vorbei sein“, sagte Agrippa. „Geduld bedeutet ein Spiel mit dem Schicksal.“

               „Hast du die Prophezeiung von Theón vergessen?“ sagte Oktavianus streng. „Die Götter sagten mir eine große Zukunft vor, daher schicken sie mir kein blödes Fieber.“

               „Junge Herren, junge Herren!“

Unter der Mauer stand ein Sklave außer Atem. Er gehörte Oktavianus. „Ihr sollt sofort ins Buleterium kommen.“

               „Wir?“ wunderte sich Maecenas.

               „Also gemeint ist vor allem Herr Gaius Julius Caesar Oktavianus. Es wurde mir aber gesagt, ihr sollt alle kommen.“

               „Wer hat es gesagt?“

               „Die Männer aus dem Gemeinderat. Ein Bote aus Rom ist gekommen.“

               „Schlechte Nachrichten?“ fragte Oktavianus.

               „Wahrscheinlich“, nickte der Sklave. „Wie wisst ihr es?“

               „Habe ich das nicht gesagt?“ grinste Oktavianus. „Gute Nachrichten haben Zeit. Der Bote hatte es für eine gute Nachricht verdammt eilig.“

               Sie stiegen von der Mauer herunter. Zur Agora und dem Buleterion war es nicht weit. Sie gingen an der Stadtbibliothek vorbei, wo sie sich die Bücher ausleihen konnten und um das Odeon, wo sie den Vorträgen zuhörten. Sie passierten den Portikus des Buleterions. Im Gebäude wurden sie bereits von den aufgeregten Ältesten der Stadt erwartet.

               „Junger Herr“, stieß der Podesta aus. „Herr Gaius. Euer Vater, der ehrenwerte Gaius Julius Caesar…“

               „Was ist mit ihm? Schickt er ein Schiff für mich? Soll ich nach Rom…?“

               „Euer Vater, der ehrenwerte Gaius Julius Caesar;“ wiederholte Podesta, „ist tot.“

               Eine Weile herrschte im Raum eine Totenstille.

               „Wie starb er?“ fragte Oktavianus mit heiserer Stimme.

               „Er wurde ermordet. Bei der Tagung des Senats im Pompeiustheater. Er wurde beschuldigt, die Demokratie vernichten zu wollen und dann wurde er erstochen.“

               Oktavianus sah Agrippa an und zischte so, dass es nur sein Freund hören konnte: „Habe ich das nicht gesagt?“

               „Hier ist die Nachricht;“ sagte einer der Ältesten und überreichte Oktavianus eine Schriftrolle, die offensichtlich der Offizier gebracht hatte, der etwas seitlich an der Wand stand. „Ihr sollt nach Rom reisen und die Erbschaft Eures Vaters übernehmen.“

               „Seine politische Erbschaft?“

               „Das natürlich nicht“, beeilte sich der Offizier, der bisher geschwiegen hatte, mit der Antwort. „Dem Gesetz folgend übernahm der Führer der Reiterei, „Magister Equitum“  Marcus Antonius die Macht bis zur nächsten Wahl. Es geht um den Familienbesitz. Er ist groß und braucht dringend einen Verwalter.“

               Oktavianus verbeugte sich.

               „Ich danke Euch für die Nachricht, obwohl sie mir natürlich keine Freude machen konnte. Ihr habt das aber sicher erwartet, dass sie mir keine Freude bereiten würde. Ich bitte um die Möglichkeit mich zurückzuziehen, um meinen Schmerz privat überwinden zu können.

               „Fahrt Ihr mit mir nach Rom?“ fragte der Offizier.

               Oktavianus schüttelte den Kopf.

               „Ihr werdet sicherlich in Rom benötigt und ich muss noch meine Sachen packen und mich für die Abreise vorbereiten. Ich brauche dafür eine bestimmte Zeit. Macht Euch keine Sorgen, Legat, fahrt zurück nach Brundisium. Ich komme gleich, wenn ich kann.“

               „Wir waren bereit, Euch nach Italien mitzunehmen. Wir könnten auf Euch warten“, sagte der Offizier unzufrieden. „ So lautet unser Befehl.“

               „Wer hat Euch diesen Befehl gegeben?“ wollte Oktavianus wissen.

               „Magister Equitum Marcus Antonius.“

               „Für seine Sorge sagt ihm in meinem Namen Dank. Ich habe es aber mit der Rückkehr nicht eilig. Ich kenne Marcus Antonius, er kann sicher mit der politischen Erbschaft meines Vaters gut umgehen. Das Geld und die Güter meines Vaters laufen nicht weg, wenn ich in Apollonia noch ein paar Tage länger bleibe.“

               „Aber…“ wandte der Offizier ein.

               „Ich danke Euch“, sagte Oktavianus und verließ den Raum.

               Die drei Freunde standen vor dem Gebäude.

               „Bei allen Göttern!“ rief Maecenas. „So eine Tragödie!“

               „So würde ich das nicht nennen“, sagte Oktavianus trocken. Als ihn seine Freunde überrascht ansahen, setzte er fort: „Sprechen wir nicht von einer Tragödie, sondern von einer Chance. Von einer großen Chance.  Sie kam früher als ich dachte, ich hätte gerne noch zwei oder drei Jahre gewartet. Aber sie ist da. Man muss sie ergreifen. Geht ihr in die Sache mit mir?“

               „Warum wolltest du nicht mit der Galeere nach Italien fahren?“ fragte Agrippa. „Es wäre bequem und sicher gewesen.“

               „Kennst du den Offizier?“ fragte Oktavianus.

               Als Agrippa verständnislos den Kopf schüttelte, sagte er: „Eben. Wer konnte ihn schicken? Möglicherweise Marcus Antonius, wie er selbst behauptet. Oder die Väter Senatoren, die meinen Vater umgebracht haben. Wer von dieser beiden Parteien könnte Interesse haben, dass ich sicher und gesund in Brundisium lande?“

               Agrippa schluckte leer.

               „Ich sehe, du verstehst“, lächelte ihn Oktavianus an. „Keiner von ihnen. Entweder würde ich während der Überfahrt über den Bord fliegen oder ich würde gleich nach der Landung in Brundisium getötet. Ich sage nicht, dass es zwingend so sein müsste, aber es ist viel zu wahrscheinlich, um solche Möglichkeiten nicht in Erwägung zu ziehen. Ich kenne die aktuelle politische Lage in Italien nicht. Ich weiß nicht, wie weit ist es gelungen, den Hass des Volkes gegen meinen Vater zu wecken. Das Volk ist launenhaft, einmal liebt es dich, um dich gleich wieder zu hassen. Solange ich meine Lage nicht kenne, will ich lieber unsichtbar bleiben. Wir kaufen eine ganz normale Bordkarte für das nächste Schiff. Wie drei ganz normale Reisende. Dann werden wir sehen.“

               „Du bist genial“, sagte Agrippa erstaunt. „Das hätte mir nie eingefallen. Du hast ganz bestimmt recht.“

               „Ich freue mich auf Rom“, sagte Maecenas. „Ich hatte bereits große Sehnsucht nach Rom mit allen seinen Kulturschätzen.“

               „Jemand muss sich auch um die Kultur kümmern, nicht wahr?“ lachte Oktavianus. „Die Blüte der Kultur wirkt auf das Volk positiv und verstärkt seine Liebe zum Herrscher. Überlassen wir Gaius diese Arbeit, was sagst du, Marcus? Du musst mir mit den Legionären helfen.“

               „Damit du Princeps werden kannst?“ fragte Agrippa.

               „Genau. Aber dorthin führt ein langer und möglicherweise auch blutiger Weg. Bis mein Frieden herrschen wird, wird noch viel Blut fließen müssen. Ich habe mir das nicht so vorgestellt, aber sie wollten es so. Diejenigen, die meinen Vater ermordet haben. Sie müssen bestraft werden, damit reduziert sich aisch auch die Anzahl der oppositionellen Senatoren. Eigentlich ist das keine schlechte Lösung.“

               Agrippa schaute den Freund mit Bewunderung in seinem Blick an. „Gaius, wenn du der „Prinzeps“ wirst, werde ich gerne dein „Secundus“ sein.“

               „Gemeinsam bauen wir dann ein neues Rom auf, Marcus. Wir drei. Ein neues Rom und eine neue Welt. Eine bessere, als die, in der Menschen bis heute leben mussten. Das ist eine große Aufgabe, eine echte Herausforderung. Wir schaffen es aber. Wir haben sehr viel Zeit dafür.“

               Die Burschen reichten sich die Hände.

               „Schwören wir“, sagte Oktavianus. „Schwören wir, dass wir uns gegenseitig niemals verraten. Dass wir immer Seite an Seite stehen und uns gegenseitig helfen werden. Nach den Möglichkeiten und den Fähigkeiten jedes einzelnen von uns, die uns die Götter geschenkt haben.“

               Agrippa und Maecanas zitterten, als sie ihrem Freund in die Augen blickten. Sein Blick war scharf wie ein Messer und kühl wie Eis. Es war aber ein Blick, dem man nicht Widerstand leisten konnte.

               „Wir schwören“, kam ihnen über die Lippen.

               Oktavianus lächelte zufrieden. „Also dann an die Arbeit. Wir packen. Auf der anderen Seite der Adria gibt es viel zu tun.“