Heiliges Land – die Küste

               Die israelische Küste spielt in der Erzählung der Bibel keine wesentliche Rolle, keinesfalls ist sie vergleichbar mit Galiläa oder Jerusalem. Die Israelis waren Bauern, keine Matrosen und die Küste mit ihrem schnurgeraden Verlauf bot nur wenige Möglichkeiten, geschützte Häfen zu bauen. Trotzdem wage ich zuerst einen kleinen Ausflug in diese Region, bevor wir das Zentrum des Landes besuchen, also Galiläa, Jerusalem und Betlehem, wo sich das Leben Christi abgespielt hat.

               Das Zentrum der Küstenregion Israels ist Tel Aviv. Die Metropole mit 850 000 Einwohnern ist zerstreut in mehrere größere Siedlungen mit Hochgebäuden und umkreist ihr ehemaliges Zentrum, den Hafen Jaffa, oder wie wir diese Stadt aus dem Alten Testament kennen – Joppe. Aus diesem Hafen stach Jonas in die See, der von einem Wal geschluckt und dann ausgespuckt wurde. Aus der biologischen Sicht handelte sich um eine nachvollziehbare Tat dieses Walfisches. Weil sich dieses Tier von Plankton ernährt, war Jonas für den Wal ein relativ großer und unverdaulicher Bissen. Eine Statue dieses gutmütigen, lächelnden Wales findet man in Jaffa auf einem kleinen Platz im Zentrum.

               Jaffa ist ein kleines Städtchen, das stolz auf seine Geschichte ist, schön rekonstruiert und bewohnt – wie es  in alten israelischen Städten üblich ist – von Palästinensern mit israelischer Bürgerschaft. Jaffa wurde bereits von Ramses II. in seinem Bericht über die Schlacht von Kadesch erwähnt, deshalb findet man hier auch sein Denkmal.

Unweit davon gibt es eine Brücke mit Zeichen des Zodiaks. Wenn man auf sein Sternzeichen die Hand legt und mit Blick aufs Meer sich etwas wünscht, geht der Wunsch in Erfüllung. Ich weiß nicht, ob ich die Hand falsch gelegt oder den Blick falsch gerichtet habe, mein Wunsch hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Ich habe mir gewünscht, dass wir alle gesund bleiben, ein paar Tage nach der Rückkehr nach Hause brach sich meine Frau die Hand und meine Tochter hat sich den Knöchel verstaucht. Also würde ich Touristen empfehlen, sich etwas weniger Essentielles zu wünschen, damit sie das Gegenteil nicht in eine ähnlich schwierige Situation bringt, wie es uns passierte.

               Jaffa wurde von Saladin nach seinem Sieg bei Hattin vernichtet, es wurde von den Kreuzrittern während des fünften Kreuzzuges neu aufgebaut. Dieser Kreuzzug in den Jahren 1228 – 1229 wurde von Kaiser Friedrich II. angeführt, der sich gerade in päpstlichem Bann befand. Deshalb wurde ihm die Unterstützung der Templerritter und der Johanniter verweigert, lediglich der Deutschritterorden war bereit, den Kaiser in seiner Bemühung, Jerusalem zurückzugewinnen zu unterstützen. Der Kaiser selbst hatte nicht genug Soldaten, um gegen den Sultan Al Kamil ins Feld zu ziehen. Weil er wegen der Feinschaft der Templer nicht in Akko bleiben konnte, zog er mit seiner Armee nach Jaffa, das damals ein Ruinenfeld war und begann mit dem Sultan zu verhandeln. Damit sich seine Soldaten nicht langweilten, weil Langweile die Quelle alles Bösen ist, gab er den Befehl zum Wiederaufbau der Stadt. Die Verhandlungen zogen sich eineinhalb Jahr hin und sind bis heute ein Beispiel, wie man eine Verhandlung führen sollte. Das Hauptprinzip ist, auch bei Aussichtslosigkeit die Verhandlungen nicht zu unterbrechen und geduldig auf einen günstigeren Moment zu warten, bis die Gegenseite in Schwierigkeiten gerät. So unterhielten sich Friedrich und Al Kamil beinahe ein halbes Jahr über die Regel des Schachspieles. Letztendlich waren die Verhandlungen erfolgreich und Friedrich bekam Jerusalem mit einem Korridor von der Küste zur Stadt zugesprochen. Dank der Länge des Aufenthaltes wurde die Stadt Jaffa beinahe fertig gebaut, die Fertigstellung machte dann anschließend der französische König Ludwig IX., nachdem er sich aus der ägyptischen Gefangenschaft (in die er nach der Katastrophe des sechsten Kreuzzugs nach Damietta in Ägypten geraten war, den er selbst angeführt hatte),freigekauft hatte. Nicht einmal die neue Stadtmauer halfen aber, als Jaffa vom ägyptischen Herrscher Bayrbas im Jahr 1271 erobert wurde und seitdem blieb Jaffa in den moslemischen Händen. Heute stehen hier Moscheen neben christlichen Kirchen und es scheint, dass sie miteinander im Frieden leben.

               Auf Jaffa bezieht sich ein Schlüsselereignis, das die Entstehung der christlichen Kirche betrifft. Hier hatte der heilige Petrus eine Vision, durch die ihm bekanntgegeben wurde, dass die neue Lehre nicht nur für Juden, sondern auch für Heiden gemeint war und dass das Privileg der Taufe auch den Römern nicht untersagt werden durfte. In diesem Punkt waren sich die übrigen Apostel mit dem heiligen Paulus lange Zeit nicht einig. Sie beharrten auf der Beschneidung der neuen Christen, was den Zulauf der neuen Gläubiger deutlich reduzierte.

               Da wurde er (Petrus) hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn. Er sah den Himmel offen und eine Schale auf die Erde herabkommen, die aussah wie ein großes Leinentuch, das an vier Ecken gehalten wurde. Darin lagen alle möglichen Vierfüßler, Kriechtiere der Erde und Vögel des Himmels. Und eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber antwortete: Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen. Da richtete sich die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein (Apostelgeschichte 10,11 – 16)

               Heute steht an diesem Ort eine christliche Kirche, auf dem Hauptaltar ist natürlich die Vision Petri dargestellt.

Petrus war naturgemäß erschrocken – jüdische Vorschriften, was das Essen betrifft, sind sehr streng, man durfte nur Paarhufer, Fische und Geflügel essen. Unmittelbar nach seinem Erwachen stand aber vor seinem Haus eine römische Gesandtschaft aus Caesarea. Diese kam um ihn zu bitten, nach Caesarea zu gehen und ihren Hauptmann Kornelius zu taufen, da er sich wünsche, Christ zu werden. Petrus verstand jetzt die Botschaft seines Traumes, nämlich dass er nicht nur Juden, sondern auch Heiden taufen sollte. Er ging dann nach Caesarea, um zu tun, was Gott von ihm (und natürlich auch die bewaffneten römischen Soldaten, denen man noch etwas schwieriger als Gott widersprechen konnte) verlangte.

               Am folgenden Tag kamen sie nach Caesarea. Kornelius erwartete sie schon und hatte seine Verwandten und seine nächsten Freunde zusammengerufen. Als nur Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.(Apostelgeschichte 10, 24 – 26)

               Caesarea Maritima liegt nördlich von Jaffa und es ist ein geniales Werk Herodes des Großen. Die israelische Küste ist gerade wie nach einem Lineal geschnitten, zwischen der Bucht von Haifa bis Ägypten gibt es hier keine einzige passende Bucht, die Schiffen einen Schutz vor Winden und Wellen bieten könnte. Herodes entschied sich dieses Defizit zu beseitigen und ließ einen künstlichen Hafen anlegen. Die Stadt nannte er nach seinem „Freund“, den er aus der ganzen Seele hasste – Oktavianus Augustus, der in dieser Zeit römischer Kaiser, also Caesar, war. Herodes ließ ihm sogar einen Tempel bauen, obwohl so etwas für Juden die größte nur denkbare Blasphemie war. Herodes aber wusste, dass er seine Macht auf der Liebe seines Volkes längst nicht mehr stützen konnte. Der Schutz und die Unterstützung Roms waren ihm daher viel mehr wert. Gigantische Molen und Wellenbrecher, die er auf dem Meeresboden bauen ließ, ermöglichten ganzen Flotten, egal ob Frachtschiffen oder Kriegsgaleeren, hier vor Anker zu gehen. Seinen Palast ließ Herodes auf einem Kap über dem Meer bauen gleich neben dem Hippodrom, also hatte er einen schönen Blick aufs Meer er konnte aber auch Wagenrennen beobachten.

               Herodes hatte sicherlich einen feinen Sinn für Luxus, das bewies er nicht nur in Caesarea, sondern auch in der Wüstenfestung Massada, wo er sich auf der schattigen Seite des Berges seinen Palast in drei Etagen bauen ließ und vergaß nicht einmal ein großes Bad – in der Wüste – wohlbemerkt. Kein Wunder, dass Caesarea nach dem Jahr 6 nach Christi zur Residenzstadt des römischen Prokurators wurde. Im Theater von Caesarea fand man einen Stein mit dem Namen Pontius Pilatus, offensichtlich handelte sich um einen Sitzplatz für VIP in der ersten Reihe.

Die römischen Prokuratoren fühlten sich hier pudel wohl, die Stadt wurde nach dem hellenistischen Vorbild gebaut, mit Theater, Hippodrom (direkt an der Küste in unmittelbarer Nähe des Palastes, in dem Prokurator seinen Wohnsitz hatte) und Aquädukt, mit dem Herodes das Wasser in die Stadt aus dem viele Kilometer entferntem Berg Karmel leiten ließ.  Die Reste dieses Aquäduktes blieben uns erhalten und man kann sie besuchen und bewundern.

Caesarea ist heute ein riesiges archäologisches Gebiet. Das Theater selbst wurde ein bisschen unglücklich mit sehr wenig Fingerspitzengefühl restauriert. Im Grunde genommen wurde es neu gebaut, damit man hier auch heute spielen könnte,

der Hafen von Herodes befindet sich heute weiter draußen im Meer unter dem Meeresspiegel. Von der Küste sieht man die Bauten nicht, ich konnte Photos von National Geografic sehen, die aus einem tieffliegenden Flugzeug aufgenommen wurden.

Nur so sieht man, dass es wirklich ein imposantes Werk war. Die Stadttore und die Mauer von Caesarea stammen aus dem Jahr 1251, als sie König Ludwig IX. ausbauen ließ.

Gleich wie in Jaffa konnten die massiven Verteidigungsanlagen nicht viel helfen, als Caesarea im Jahr 1265 von ägyptischen Mameluken ( wieder einmal der böse Sultan Bayrbars) eingenommen und vollständig zerstört wurde – in diesem Jahr verschwand es von der Erdoberfläche, bis es im zwanzigsten Jahrhudert Archäologen entdeckten.

               Die Silhouette von Caesarea wird von einem Kraftwerk in ihrer unmittelbaren Nähe entstellt. Von ihm führt eine lange Rampe ins Meer, an ihrem Ende stehen drei Kräne.

Ich dachte lange nach, wozu das alles dienen sollte, bis ich erfuhr, dass gerade hierher polnische Schiffe Kohle bringen – letztendlich war der Gründer des Staates Israel Ben Gurion ein polnischer Jude. Israel wird fast 100% von Kohlenkraftwerken mit Strom versorgt – ein Atomkraftwerk können sich die Juden natürlich aufgrund der ständigen Terrorgefahr nicht leisten, warum aber die alternativen erneuerbaren Energien noch nicht genutzt werden, ist mir nicht ganz klar. Es gibt genug Sonne in Israel und der Wind weht vom Meer her ununterbrochen.

Caesarea Marritima – Hippodrom

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