“Ein russischer Soldat ist heute ein Krieger des Lichts, der für die Rettung des wahren Glaubens und Russlands kämpft. Er ist buchstäblich ein Krieger der himmlischen Armee, deren Streitkräfte von Engeln unter der Führung des Erzengels Michael stehen. “
Einen ähnlichen Text (ohne Erwähnung Russlands) hätte ich vom Papst Urban erwartet, als er im Jahr 1096 den ersten Kreuzzug ins Heilige Land verkündete. Aber dieser Aufruf ist fast tausend Jahre jünger, im März 2022 rief der Moskauer Patriarch Kirill I. auf diese Weise russische Soldaten in den Kampf und bezeichnete die Kräfte, die gegen diese himmlische Armee die Ukraine verteidigten, als “außerirdische höllische Kräfte, die gegen den wahren Glauben und russische Soldaten kämpfen”.
Wenn dies wie ein schlechter Witz scheint, handelt es sich um eine falsche Schätzung. Wenn man die Aussagen des obersten geistlichen Leiters der russischen Kirche als völligen Verrat an der Botschaft des Evangeliums bewerten, hat man allerdings Recht.
Um das Unverständliche zu verstehen, müssten wir uns die Geschichte ansehen. Ich möchte meine Leser sehr weit zurück bis zu den Ursprüngen der Kirche und ihrer Spaltung führen. Da es sich um eine lange Reise handelt, wird es darüber wahrscheinlich gleich eine Artikelserie geben, daher bitte ich um Ihre Geduld. Aber das Thema könnte so interessant und heutzutage auch hochaktuell sein, dass es die Leser hoffentlich nicht langweilen würde.
Zunächst muss erklärt werden, was das Wort Orthodoxie im russischen Verständnis bedeutet. Der Ausdruck stammt aus dem Griechischen und bedeutet “der wahre Glaube”. Das bedeutet, dass jeder, der anders glaubt, “Heterodoxie” begeht, was dasselbe wie Häresie oder Ketzerei ist. In diesem Sinne ist Papst Franziskus für orthodoxe Gläubige ein Ketzer, ganz zu schweigen von Protestanten.
Die christliche Kirche entstand im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung als ungleichartige Mischung von Gemeinden in den Städten des Römischen Reiches. An der Spitze der Gemeinden standen gewählte Bischöfe, die zunächst tatsächlich nur die Aufgabe hatten, die Heilige Schrift zu predigen und sich um die Mitglieder der Gemeinschaft zu kümmern. Aber schon im dritten Jahrhundert begannen sich Unterschiede zwischen Westen und Osten des Römischen Reiches zu zeigen. Während der Osten relativ stabil blieb und eine funktionierende Infrastruktur und Verwaltung hatte, zerfiel im Westen die Infrastruktur in Folge des Drucks der Germanen und Hunnen Ab dem vierten Jahrhundert wurden die Bischöfe gezwungen, auch organisatorische Aufgaben zu übernehmen und im Grunde genommen die Funktion der römischen Verwaltung zu ersetzen – das bekannteste Beispiel war der Mailänder Bischof Ambrosius.
Seit dem Jahr 313, als Kaiser Konstantin das Christentum mit der traditionellen römischen Religion gleichgestellt hat, konnten Christen aus der Illegalität herauskommen und ihre Rituale frei ausüben. Im Jahr 325 fand unter der Leitung eines heidnischen Kaisers (Konstatins I.) das erste Konzil von Nicäa statt, das unter anderem das Glaubensbekenntnis festlegte, das wir bis heute beten – mit einem kleinen Unterschied über den noch gesprochen werden wird. Die offizielle Kirche brauchte eine feste Struktur. Das Konzil von Konstantinopel im Jahr 381 und das Konzil von Chalcedon im Jahr 451 bestimmten die Hauptverwaltungseinheiten der Kirche, und Kaiser Justinian legte diese Aufteilung in fünf Patriarchate in der Mitte des sechsten Jahrhunderts per Gesetz fest.
Es handelte sich um:
- Das westliche Patriarchat, gegründet von den Aposteln Petrus und Paulus mit Sitz in Rom
- Das Patriarchat von Konstantinopel, gegründet vom Apostel Andreas
- Das Patriarchat von Alexandria, gegründet vom Evangelisten Markus
- Das Patriarchat von Antiochien, gegründet vom heiligen Petrus
- Das Patriarchat von Jerusalem, gegründet von allen Aposteln.
Entsprechend der Entscheidung des Kaisers sollte kein Patriarch einem anderen untergeordnet sein. Der römische Patriarch hatte nur das Recht, als erster auf der Liste zu stehen. Aber der römische Bischof hatte gleich eine Reihe von Vorteilen. Einerseits hatte er seinen Sitz in der traditionellen Hauptstadt des Reiches, andererseits konnte er sich auf direkte Nachfolge des heiligen Petrus berufen, der laut Tradition der erste römische Bischof war und von Christus persönlich mit der Leitung der Kirche beauftragt wurde. Zukünftige Päpste werden diese Karte sehr geschickt ausspielen und politisches Kapital daraus schlagen. Formal waren also alle diese Patriarchate gleich, aber in Wirklichkeit hatten die ersten beiden eine entscheidende Position. Nach der Teilung des Römischen Reiches in das Oströmische und das Weströmische Reich waren Patriarchen von Rom und Konstantinopel im Vorteil, weil sie den regierenden Kaisern nahestanden. Der Patriarch von Alexandria konnte ihnen noch in gewissem Maße Konkurrenz machen, da Alexandria ein Zentrum der Bildung war, sowohl der ehemaligen heidnischen als auch der späteren christlichen. Aber der Kaiser war der Kaiser und die Bischöfe waren seine Diener, einschließlich der höchsten Bischöfe, also der Patriarchen. Drei dieser fünf Patriarchate, Alexandria, Antiochia und Jerusalem, verloren in der ersten Hälfte des siebten Jahrhunderts ihre Bedeutung, als diese Gebiete von Arabern erobert wurden und der Islam hier das Christentum ablöste. Es blieben lediglich zwei Machzentren, und das ist nie gut. Zu zweit können keine Koalitionen gebildet werden, es kann nur ein Kampf auf Leben und Tod geben – oder ein Zusammenleben in Frieden und Harmonie. Leider entspricht die menschliche Natur eher der ersten Variante.
Es blieben also Rom und Konstantinopel. Diese beiden Patriarchen lebten jedoch unter unterschiedlichen Bedingungen und hatten daher unterschiedliche Aufgaben. Im Osten blieb der Kaiser in Konstantinopel und der dortige Patriarch hatte die Rolle seines Hofkaplans. Der Kaiser schätzte vor allem Loyalität. Das Kirchenoberhaupt war zu dieser Zeit nur der Herrscher, also der Kaiser, der Patriarch war sein engster Diener, den der Kaiser nach Belieben absetzen konnte – wie es zum Beispiel dem Patriarchen Fotios dem Großen im neunten Jahrhundert gleich mehrmals passierte. Der Patriarch von Konstantinopel war also von der Gnade seines Herrschers abhängig.
In Rom war es anders. Schon Kaiser Diokletian hatte 286 neben Rom Mailand als weiteren Regierungssitz festgelegt und die Kaiser zogen tatsächlich dorthin. 402 änderte Kaiser Honorius wieder einmal seine Hauptstadt und zog nach Ravenna, die im Gegensatz zu Rom oder Mailand als uneinnehmbar galt. Der Papst blieb jedoch weiterhin in Rom (durch einen Umzug außerhalb der Stadt, wo der heilige Petrus seine Mission gegründet hatte, hätte er seine Legitimität verloren) und musste sich daher zunehmend in der weltlichen Politik engagieren. Einfach gesagt, er musste die Hausaufgaben für den abwesenden Kaiser machen.
Historiker sind sich nicht einig, welchen der römischen Bischöfe man als ersten Papst, also weltlichen Herrscher, betrachten soll. Sie zögern zwischen Innozenz I. (401-417) und Leo I. dem Großen (440-461). Beide haben jedoch eine Gemeinsamkeit. Beide erlebten die Eroberung und Plünderung Roms (Innozenz im Jahr 410 durch den Einfall der Westgoten, Leo im Jahr 455 durch die Verwüstungen der Stadt durch die Vandalen) und mussten sich um das leidende Volk kümmern, während der Kaiser in Ravenna verschanzt war. Dies verlieh ihnen Legitimität als weltliche Herrscher der Stadt, aber auch Ansehen außerhalb der Stadtgrenzen. Als Leo I. im Jahr 451 seinen Hirtenbrief an das Konzil von Chalcedon schickte, erschien in der Resolution des Konzils der Satz: “Petrus sprach durch den Mund von Leo.” Dies wurde im Westen als Anerkennung der führenden Rolle des römischen Bischofs in der christlichen Kirche interpretiert.
Während die Päpste Schritt für Schritt ihre Machtposition aufbauten, versank der Osten in Glaubensstreitigkeiten. Dies war durch kulturelle Unterschiede vorherbestimmt. Während die Griechen lange Diskussionen liebten, in denen sie Rhetorik schärften, neue Ausdrücke für ihre Sprache erfanden und es mehr um ihre Verherrlichung als um das Ergebnis des Streits ging, hasste man im Westen lange Diskussionen. Sie hielten vom praktischen Leben ab und Latein war dafür übrigens nicht wirklich geeignet. Es war immer die Sprache der Beamten und nicht der Philosophen. Darüber hinaus verfiel die Kenntnis des Lateinischen nach dem Fall des Römischen Reiches. Das mittelalterliche Latein ähnelte Ciceros Sprache nur wenig und war viel primitiver. Philosophen wie Boethius waren in Italien eine absolute Ausnahme, während sie in Griechenland das kulturelle Bild bestimmten.
Im Wesentlichen stammten mit Ausnahme von Papst Gregor dem Großen (590-604) alle Kirchenlehrer aus dem Osten. Hier hatten sie in einer relativen Ruhe die Zeit, sich mit Glaubensfragen zu beschäftigen, während der Westen um das nackte Überleben kämpfte. In die Kirchengeschichte haben sich vor allem Gregor von Nazianz (329-389), Basilius der Große (330-379) und Johannes Chrysostomus (347-407) eingeschrieben, wobei letzterer nicht einmal von seiner Gelehrsamkeit oder Beredsamkeit politisch profitieren konnte. Er geriet in Ungnade des Kaisers und starb im Exil. Aber im Osten wirkten nicht nur Kirchenlehrer, sondern auch Verfechter von Strömungen, die in weiterer Folge für ketzerisch erklärt wurden. Die bekannteste von ihnen war wohl die Lehre von Arius von Alexandria (260-327). Der gebildete Philosoph bemühte sich, Glauben und Vernunft zu vereinen und den grundlegenden Widerspruch des christlichen Glaubens – die Dreieinigkeit Gottes – logisch zu erklären. Seine Lehre zog besonders die gebildeten Schichten an, aber erstaunlicherweise auch die Häuptlinge der germanischen Stämme. Zum einen wuchsen germanische Fürsten meist als Geiseln am kaiserlichen Hof in Konstantinopel auf, zum anderen wirkte unter den Germanen der Mönch Wulfila, der zu ihren Völkern das Christentum in der arianischen Form brachte. Und Arius’ Lehre festigte die Stellung des Herrschers, was für die Häuptlinge praktisch war. Aber dazu später mehr. Mit Ausnahme der Franken wurden alle Germanen Arianer. Für das einfache byzantinische Volk war Arius’ Lehre jedoch zu kompliziert. Zuerst geriet er mit dem alexandrinischen Patriarchen Alexander in Streit, dann auch mit dem Patriarchen von Konstantinopel, Athanasios (295-373). Arius’ Lehre wurde auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 verurteilt, er selbst überlebte seine Verurteilung nur um zwei Jahre.
Als Papst Leo I. der Große seine Anerkennung als erster unter den Bischöfen erlangte, befand sich der Osten in einem weiteren Konflikt. Es handelte sich um den von dem Mönch Eutyches verkündeten Monophysitismus. Diese Lehre leugnete die menschliche Natur von Jesus Christus und schrieb ihm nur eine, nämlich die göttliche Natur zu. Patriarch Flavianus bemühte sich vergeblich, diese Lehre zu unterdrücken, er tat sich schon deshalb schwer, weil die Lehre Kaiser Theodosius II. gefiel. Auf der Synode von Ephesus im Jahr 449 wurde der Patriarch sogar brutal verprügelt und seines Amtes enthoben. Erst das Konzil von Chalcedon im Jahr 451 brachte Ordnung und hier engagierte sich – auf der Seite des Patriarchen – auch der römische Bischof. Er übernahm also erstmals das Recht, über Glaubensfragen zu entscheiden, über die bisher immer nur Konzile unter dem Vorsitz des Kaisers entschieden hatten. Das Papsttum begann den Weg der Emanzipation, von der der Patriarch von Konstantinopel nur träumen konnte. (Auf der anderen Seite wurde seine Stadt nicht von den wilden Vandalen geplündert). Es gab jedoch zur Unabhängigkeit der Päpste noch einen langen Weg. Papst Johannes I. (523-526) sollte darüber belehrt werden. Der oströmische Kaiser Justinian verbot das Arianertum und befahl die Verfolgung der Anhänger dieser Lehre. Das gefiel dem ostgotischen König Theoderich, der selbst Arianer war, gar nicht. Er schickte Johannes nach Konstantinopel, um beim Kaiser die Aufhebung des Edikts zu erreichen. Johannes wurde in Konstantinopel als eigentlicher Kirchenführer begrüßt (er war der einzige römische Papst in der Geschichte, der nach Konstantinopel reiste). Er wagte es jedoch nicht, das Problem des Arianismus nur anzusprechen, und nach seiner Rückkehr nach Ravenna ließ ihn der wütende König Theoderich ins Gefängnis werfen, wo der Kopf des westlichen Christentums 526 starb.
Das achte Jahrhundert war für beide Teile der Kirche bestimmend. Im Osten ging es wieder um Glaubensfragen, im Westen um den Aufbau des päpstlichen Reiches. Kaiser Leo III. (717-741) erließ im Jahr 730 ein Edikt zur Zerstörung der Bilder von Jesus-, Maria- und Heiligen. Das Zeitalter des sogenannten Bildersturms begann. Leo ließ sich offensichtlich vom Islam inspirieren, mit dem er sonst permanent Kriege führte. Es ging ihm aber vor allem um die Schwächung der Macht von Klöstern, Kirche und damit auch des Patriarchen. Der Kaiser stützte sich auf den Text des Alten Testaments. Im zweiten Buch Mose, Exodus, heißt es: “Du sollst dir kein Bild von Gott machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf der Erde, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich vor nichts Derartigem niederwerfen oder ihnen dienen.” Derselbe Text wird dann im fünften Buch Mose (Deuteronomium) wiederholt. Übrigens ließen sich die Muslime bei ihrem Verbot der Darstellung lebender Kreaturen genau von diesem Text inspirieren – der Koran ist nämlich zum großen Teil eine Neuinterpretation des Alten Testaments.
Verehrer von Heiligenbildern stützten sich auf den Text von Johannes von Damaskus, der schrieb: “Da Gott in Jesus Christus Fleisch geworden ist und eine konkrete menschliche Gestalt angenommen hat, ist seine körperliche Darstellung möglich. Heilige verkörpern auf eine bestimmte Weise den Heiligen Geist.” Der Kampf um die Anbetung von Heiligenbildern dauerte bis 843. In der ersten Phase vertraten Kaiser Leo III., sein Sohn Konstantin V. und sein Nachfolger Leo IV. eine harte Linie gegen die Bilder und damit auch gegen die Kirche. Aber Leo IV. starb zu früh, und seine Frau Irene, die die Anbetung von Bildern begünstigte, übernahm die Regentschaft für seinen kleinen Sohn Konstantin VI. Die zweite Phase begann mit Kaiser Leo V. (813-820) und setzte sich sowohl bei seinem Sohn Michael II. als auch bei seinem Nachfolger Theophilos fort. Aber die Geschichte wiederholte sich. Theophilos starb, als sein Sohn Michael drei Jahre alt war, die Kaiserin Theodora übernahm die Regentschaft. Sie rief 843 eine Kirchensynode in Konstantinopel ein und beendete endgültig die Zeiten des Bildersturms. Orthodoxe Gläubige lassen sich deshalb ihre Liebe zu Heiligenbildern nicht nehmen. Das Küssen von Heiligenbildern ist ein Teil des Kirchenbesuchs in Russland, Griechenland oder Serbien, obwohl dieser Brauch die Hygieniker ekelt. Wir sahen dasselbe in Griechenland auf dem Lykabettus in Athen wie in St. Petersburg. Dort stand zumindest vor dem Bild der von Bolschewiki ermordeten kaiserlichen Familie Nikolaus II., die zu heiligen Märtyrer erklärt wurde, eine Dame in Arbeitskleidung und mit einer Flasche Alkohol in der Hand und wusch nach jedem Kuss das Bild, damit ein nächster Interessent, die in einer langen Schlange warteten, es küssen konnte.
Die Anbetung von Bildern wurde zu einem integralen Bestandteil der orthodoxen Glaubenspraxis, gerade weil die Gläubigen sie in einem hundertjährigen blutigen Kampf erkämpft haben, der viele Märtyrer forderte. Zur gleichen Zeit hatte Papst Stephan II. in Rom völlig andere Sorgen. Rom litt unter ständigen Angriffen der Langobarden, die unter dem Vorwand einer besseren Religion (sie waren Arianer) seit Jahrhunderten immer wieder die katholischen Römer angriffen. Papst Stephan suchte Hilfe beim fränkischen – katholischen – König „Pipin dem Kurzen“ und er fand sie. Als Dank dafür, dass ihn der Papst zum König krönte und damit die Herrschaft der Merowinger in dem Frankenreich beendete, fiel Pipin in Italien ein und zwang die Langobarden, dem Papst umfangreiche Gebiete des ehemaligen byzantinischen Exarchats von Ravenna zu überlassen. Dieses “Pipinische Schenkung” vom Jahr 756 machte den Papst endgültig zum weltlichen Herrscher. Dabei stützte sich dieses “Recht auf das Eigentum des heiligen Petrus” auf eine unverschämte Fälschung namens “Constitutum Constantini”, die Stephan offenbar genau zu diesem Anlass herstellen ließ. In diesem Dokument, das Nikolaus von Kues im 15. Jahrhundert als Fälschung entlarvte, handelte es sich um eine Schenkungsurkunde des Kaisers Konstantin des Großen, der den Nachfolgern des heiligen Petrus umfangreiche Gebiete in Zentralitalien schenken sollte. Während also die Christen im Osten darüber stritten, ob man sich vor den Bildern der Heiligen verbeugen und sie küssen sollte, baute der Papst im Westen eine vielversprechende Machtposition auf, die er dann weiter ausbauen konnte, als Leo III. am 25. Dezember 800 überraschenderweise Karl dem Großen, dem Sohn von Pipin, die Kaiserkrone auf den Kopf setzte und damit das Weströmische Reich wiederherstellte. Der neue Kaiser nahm – vielleicht ungewollt und unerwartet – seine Krone aus den Händen des Papstes entgegen, und die Päpste rechtfertigten damit in Zukunft ihr Alleinrecht, die Kaiser krönen zu dürfen und damit über ihre Berechtigung dieses Amt zu bekleiden zu entscheiden. Während also im Osten der Kaiser darüber entschied, wer Patriarch werden würde, war es im Westen der Patriarch, der darüber entscheiden wollte, wer das Recht hatte, Kaiser zu werden. Während die östliche Kirche sich auf die Verteidigung der Reinheit des Glaubens konzentrierte, baute das Oberhaupt der Kirche im Westen zielstrebig seine Machtposition aus.
Die Konfrontation dieser beiden Konzepte war unvermeidlich und würde bald eintreten. Aber darüber das nächste Mal.