Diese Stadt existierte als eine griechische Kolonie bereits in der Frühantike, obwohl sie sich bedeutungsmäßig mit dem nahen Himera oder Panormos nicht messen konnte. Der Name Kephaloidion ist auffällig ähnlich dem heutigen Namen Cefalú und das hat einen bestimmten Grund. Der Grund ist der Felsen, der direkt über die Stadt emporragt. Es ist der „Rocca di Cefalú“, der tatsächlich die Form eines menschlichen Kopfes hat.
Der Felsen ist 271 Meter hoch und wenn Sie Cefalú besuchen würden, müssten Sie ihn natürlich besteigen, sonst wäre der Besuch der Stadt unvollständig und damit ungültig. Nur, bitte, besteigen Sie den Hügel früh vormittags, besonders im Sommer, weil in den frühen Morgenstunden der Weg zum Gipfel im Schatten liegt. Im Moment, wenn Ihnen auf den Kopf die Sommersonne strahlen würde, wird der Weg zum Gipfel verdammt lang. Wir brachen zwar noch vormittags auf, nicht aber in den Morgenstunden. Wir mussten nämlich noch einige Kilometer aus Trapani und durch die Umfahrung um Palermo zurücklegen, was nicht gerade einfach, dafür aber sehr spannend war. Es ist auch notwendig, die Maut auf der Autobahn zu bezahlen. Die Autobahnen auf Sizilien benutzt man zwar kostenlos, das gilt aber nicht für die Autobahn Catania-Palermo, also kostete uns der Ausflug nach Cefalú zusätzlich einen Euro und vierzig Cent.
In Cefalú einzuparken ist einfach. Es gibt nur eine Zufahrtsstraße, die Tiefgarage befindet sich direkt neben ihr und die Altstadt dann zu Fuß zu erreichen, ist wirklich kein Problem. Dann aber ist es notwendig, nach oben zu klettern. Natürlich in einem absolut unpassenden Schuhwerk, unter steigenden Temperaturen und immer heftigeren Protesten meiner lieben Gattin. Wir haben es aber trotzdem geschafft und die Belohnung waren wunderschöne Aussichten. Auf einer Seite auf die schöne Stadt unter den Füßen, auf der anderen auf das Meer mit der Liparischen Inseln.
Sie steigen aus dem Meer wie blaue Wölkenchen und vom Gipfel des Felsens von Cefalú, wo sich eine Ruine ehemaliger Stadtfestung befindet, kann man sechs von ihnen sehen. Lipari, Vulcano, Salina, Alicudi und Filicudi, in der Ferne merkt man gerade noch die Panarea. Stromboli ist viel zu weit, als die einzige der Liparischen Inseln ist es vom Felsen von Cefalú nicht sichtbar, nicht einmal der Rauch des Vulkans. Der Blick ist atemberaubend, der Aufstieg auf den steilen Hügel zahlte sich aus – also zumindest ich allein war dieser Meinung. Ziemlich allein…
Auf dem Abstieg wird als das größte Denkmal der Dianatempel präsentiert, angeblich aus dem fünften Jahrhundert vor Christi. Niemand weiß, ob dieser Tempel wirklich dem Kult der Göttin Diana gedient hatte, die Archäologen, die dieses Gebäude aus Stein entdeckt haben, schrieben es der jungfräulichen Göttin zu. Möglicherweise hat diese Entscheidung mit dem allanwesenden Kult der Jungfrau Maria auf Sizilien zu tun.
Wir stiegen also in die Stadt hinunter und gleich am Fuße des Felsens rettete uns eine Bar mir „Birra Moretti“ das Leben. Die Italiener ahnen, dass ein Mensch in ihrem Klima nach mehr Flüssigkeit verlangt und bieten daher das Bier in den Flaschen 0,66, also zwei Drittel Liter an – glauben Sie mir, dass Sie es auch bräuchten.
An der anderen Seite des Felsen liegt dem Besucher die Stadt mit einer atemberaubenden Kathedrale zu Füssen.
Es handelt sich um eine der größten romanischen Kathedralen der Welt, die Kathedrale „des heiligsten Erlösers“. Die Kirche ließ der normannische König Roger II. bauen. Im Jahr 1130 geriet sein Schiff bei der Nordküste Siziliens in einen furchtbaren Sturm und er König schwor, dass er an der Stelle, wo er ans Land kommt, die größte Kathedrale der Welt bauen lassen würde. Er landete in Cefalú und ein Jahr später begannen bereits die Bauarbeiten. Es wurde lange gebaut, weil die Kirche die Maßen eines Fußballfeldes hat – 90 x 40 Meter. Die Fassade wurde erst im Jahr 1240 vollendet, was für die Absichten Rogers II. fatale Folgen hatte. Er bestimmte nämlich, dass die neue Kirche die Grabstätte aller seinen Nachkommen sein sollte. Zum Zeitpunkt seines Todes war die Kirche aber noch nicht fertig und seine Untertanen nahmen also solche Anweisungen nicht besonders ernst. (Das ist eine der Grundeigenschaften der Sizilianer, die Anweisungen ihrer Herrscher nicht wirklich ernst zu nehmen). Sein Nachfolger Wilhelm II., genannt „der Gute“ baute seine eigene Kirche in Monreale auf dem Berg über Palermo und natürlich ließ er sich dort begraben. Friedrich II. ging sogar so weit, dass er den Sarkophag aus Porphyr von Cefalú nach Palermo überführen und in ihm seinen Vater, den Kaiser Heinrich VI. begraben ließ, und das in der Kathedrale von Palermo! Der Bischof von Cefalú regte sich dabei furchtbar auf, aber die Stadt musste sich mit ihrer tatsächlichen Rolle abfinden – sie ist ein liebes, aber doch nur kleines Nest an der Küste – heute lebt hier 14 000 Einwohner. Die Bemühungen Königs Roger wurden hier allerdings nie vergessen, die Haupteinkaufstrasse der Stadt heißt „Corso Ruggero“.
Vor der Kathedrale, die natürlich die größte Dominante der Stadt ist, gibt es einen schönen Platz voll mit Restaurants – wie sonst in Italien? Der Kirche gegenüber steht das „Municipio“, also das Rathaus in ehemaligem Königspalast Rogers II. Gerade in Cefalú und in diesem Palast rettete sich laut einer Legende König Karl von Anjou während der „Sizilianischen Vesper“. Diese fanden am Ostermontag 30. März 1282 statt. Nach der Niederlage des letzten sizilianischen Königs aus der Familie der Staufen, Manfred, bei Benevent im Jahr 1266 beherrschten den gesamten italienischen Süden und damit auch Sizilien die Anjous. Sie wurden von den Italienern aber als eine fremde – französische – Okkupationsmacht wahrgenommen. Ein Teil der Bevölkerung, besonders aber der Adel, konnte sich mit den neuen Machthabern nie abfinden. Der Aufstand brach vor der Kathedrale von Palermo aus und verbreitete sich auf die ganze Insel – mit Ausnahme Messinas. Jeder, der das italienische Wort „Cicero“ nicht aussprechen konnte – und es schaffte kein Franzose, wurde ohne Gnade umgebracht. Dem Aufstand fielen mehrere Tausend Französen zum Opfer (und ev. auch einige heimische Stotterer) Karl von Anjou hielt sich zufällig zu diesem Zeitpunkt nicht in Palermo auf, er rettete sich durch Überfahrt vom Hafen von Cefalu nach Neapel, wo er – aus Sicherheitsgründen gleich neben dem Hafen – eine uneinnehmbare Festung „Castello Nuovo“ bauen ließ. Man weiß ja nie… Die Sizilianer luden danach den aragonischen König Peter ein, der ein Nachkommen der Hohenstaufen war und er nahm die Einladung gerne an – Sizilien wurde für weitere Jahrhunderte zu einer aragonischen und in weiterer Folge zu einer spanischen Provinz.
Die Kathedrale ist unglaublich riesig, ihre Innenausstattung ziemlich inhomogen. Es gibt hier von den griechischen Mosaiken mit Darstellung von Pantokrator in der Apsis, wie es in den romanischen Zeiten der Brauch war, bis zu barocken Verbesserungen alles. J
eder neue Herr baute etwas Neues dazu und das Ergebnis ist sehr fragwürdig. Homogen dafür ist der Kreuzweg im anliegenden Kloster, dieser wurde im frühromanischen Stil mit engen Bögen gebaut, wie es die Normannen von den Arabern übernommen haben. Danach modifizierten sie den Stil im romanischen – damals in der christlichen Welt üblichen – Stil.
Über die arabische Vergangenheit der Stadt kann man übrigen in Cefalú an mehreren Stellen stolpern. Es gibt hier zum Beispiel das „Arabische Bad“. Das Wasser fließt aus den Löwenköpfen, man kann sich die Füße waschen (mehr geht nicht) und dann fließt es direkt ins Meer.
Wenn man von dem Besuch der Stadt genug hat, kann man nur einige Meter weiter zu Stadtstränden gehen. Diese sind sandig, direkt in der Stadt und überraschend sauber. Zu Baden und dabei direkt an die „La Rocca“ schauen, die direkt vor Ihnen emporragt, ist ein schönes Erlebnis.
Knapp bevor wir die Altstadt in Richtung Strand verlassen haben, um Cefalú von allen Seite zu genießen, wurde ich durch eine Gedenktafel an einem Eckhaus am Rande der Altstadt, die dem slowakischen Maler Ernest Zmetak gewidmet wurde, überrascht.
Dieser Künstler verbrachte in Cefalú sehr viel Zeit, da er von der Schönheit der Stadt hingerissen war und er malte hier sehr gern. Er lebte in den Jahren 1919 – 2001., also er würde im vergangenen Jahr 100 Jahre alt werden. Im Jahr 2005 wurde ihm „in memoriam“ eine Ehrenmedaile von der Stadt übergeben und zugleich eine Gedenktafel enthüllt, um seine Verdienste für die Propagation dieses schönen Städtchens unter dem Felsen am Strand zu ehren.
Cefalú ist schön und berühmt. Die Folge dieser Tatsache sind Massen amerikanischer Touristen, zahlreiche Touristenfallen und angepasste Preise. Ich ließ mich von einem perfekt englisch sprechenden Kellner überreden, Fisch zu bestellen. Angeblich frisch gefangene und am Morgen des Tages gekaufte Fische. Möglicherweise waren sie wirklich frisch, gut waren sie allemal. Eine Portion kostete dafür 25 Euro!
Wenn die Einfahrt in die Stadt absolut einfach war – auf der einzigen Zufahrtsstraße mit Tiefgarage gleich daneben, das Verlassen der Stadt war gar nicht mehr so simpel. Cefalú bemüht sich offensichtlich, die Touristen so lange wie möglich in seinen Mauern zu halten. Die Zufahrtstraße, die sich als Ausfahrtsstraße logischerweise angeboten hätte, war nämlich eine Einbahnstraße! Die einfachste Lösung, also in der gleichen Richtung die Stadt zu verlassen, wie man gekommen war, war demzufolge nicht möglich. Wenn man den Parkplatz verlassen hat, gab es die Richtungsweisung – gerade einmal und nie mehr! Bereits auf der ersten Kreuzung fehlte ein weiterer Hinweis in Richtung Palermo und man musste sich durch seine Instinkte leiten lassen – wie in Italien und auf Sizilien so oft. Ich entschied mich nach rechts zu fahren, bis heute weiß ich nicht, ob es die richtige Entscheidung war. Wir kämpften uns anschließend durch ein unglaubliches Gewirr enger Gassen durch bis vor die Stadt, wo die Einbahn zu Ende war. Also möglich war es. Man musste nur feste Nerven haben, aber die muss man für eine Autoreise auf Sizilien ohnehin immer einpacken