„Ich halte Freiheit und Demokratie für nicht länger miteinander vereinbar.“ Diesen Satz habe ich nicht erfunden, es ist ein Zitat Peter Thiels, eines der erfolgreichsten amerikanischen Unternehmer in Silicon Valley – und eines Beraters von Donald Trump. Das macht ihn zwar nicht zum reichsten, aber immer noch zum einflussreichsten Unternehmer Amerikas. Übrigens, neuerdings ist er auch der Arbeitsgeber des ehemaligen österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz.
Thiel predigt in seinen Büchern eine Idee, die nicht ganz abstrakt ist, weil vor kurzer Zeit vom tschechischen Premierminister Babiš versucht worden ist, sie in der Praxis umzusetzen: „Firmen funktionieren besser als Regierungen, weil sie nur einen Chef haben – wie eine Diktatur.“
In Tschechien hat dieses Modell zu keinem Erfolg geführt, vielleicht deshalb, weil Staaten weit komplexeren Gebilde als Firmen sind, die Großteils auf die Produktion eines einzigen Produkts spezialisiert sind. Wir kennen viele Staaten, die von einem Menschen geführt werden, der keine andere als seine eigene Meinung duldet und mit einer einzigen Ausnahme – China – geht es ihnen ökonomisch nicht gut. Egal, ob es Russland, Weißrussland, die Türkei oder Venezuela ist. Trotzdem werden diese Ideen von den Massen toleriert und großteils positiv aufgenommen und stellen eine tödliche Gefahr für die Demokratie in der Welt dar.
In die Politik trat in den letzten Jahrzehnten ein neuer Menschentyp – Menschen aus dem Unternehmersektor, die nach Ruhm und Macht streben. Ihre Bewegungsgründe sind unterschiedlich. Es kann nur die Bestrebung eines Egomannes wie zum Beispiel Donald Trump sein, berühmt und mächtig zu werden (obwohl er natürlich nicht vergisst, die Steuergesetze so anzupassen, dass sein Unternehmen davon profitiert.) Es kann – wie in Tschechien – eine Absicht dahinten sein, aus dem Staat eine Servicefirma für das Privatbusiness des Staatschefs zu machen, um damit leichter an die Subventionen zu kommen und die Quartalbilanzen zu verbessern.
Die ideale Vorstellung ist – ein genialer Manager, der sich mit fähigen Beratern umgibt und sich von ihren Analysen leiten lässt. Also so etwas, wie ein aufgeklärter Herrscher. In der Realität schaut es ein bisschen anders aus. Die erfolgreichen Unternehmer sind meistens nicht die gerade die intelligentesten – sie haben gerade deshalb die Energie sich durchzusetzen, weil sie von keinen entbehrlichen Überlegungen und Zweifeln gebremst werden. Sie dulden aber in ihrer Umgebung keine Menschen, die gescheiter sind als sie selbst. Ein Dummkopf umgibt sich dann mit noch größeren Dummköpfen – die letzte tschechische Regierung war ein Paradebeispiel eines solchen Vorgangs.
Der zweite Grund, warum die Thiels Hypothese in der Praxis nicht funktioniert, ist die unkontrollierte Korruption, die zu einer Diktatur untrennbar gehört. Die regierende Schicht beseitigt nämlich jede Kontrolle und eine unkontrollierbare Macht verleitet einfach unwiderständlich zur Korruption. Die Macht korrumpiert und die absolute macht korrumpiert absolut.
Ich staune nur, wieviel Menschen sich mit diesen Ideen anfreunden können. In der Gedankenwelt des Industriellen Thiel erleben Menschen ihre Freiheit lediglich in einer Diktatur, die wie eine Firma organisiert ist. Sie sind also befreit vom Dilemma des Denkens und von Protesten und diversen Meinungen, die ihren Sinn belasten würden. Alles ist klar gegeben, es reicht, sich damit zu identifizieren und man hat kein Problem. Ein Mensch ist in diesem Industriellen Faschismus (ich entschuldige mich für diesen Begriff, den ich selbst erfunden habe, aber es fällt mir kein besserer ein) einer Maschine ähnlich. Er ist gut, funktioniert verlässlich nach seiner Programmierung und wenn er nicht richtig funktioniert, wird er repariert oder entsorgt. In einer Diktatur ist der Mensch nur frei, wenn er auf seine Identität und auf sein Denken verzichtet. Es ist einfach und verführerisch, aber es ist fatal für die Gesellschaft. Die Demokratie bietet für komplexe Probleme keine einfachen Lösungen, die Demagogen schon.
Demokratische Länder stellen auf der Weltkarte nur eine überschaubare Minderheit dar. Ernst werden sie nur dank ihrer ökonomischen und militärischen Kraft genommen. Ohne die USA und ihre militärische Kraft wären diese Regime nicht im Stande, sich gegen die immer stärker und aggressiver werdenden Diktaturen zu behaupten. Die ganze demokratische Welt ist also vom guten Willen der USA abhängig und diese beginnt ihre demokratischen Prinzipien zu verlassen.
Es ist sicherlich kein Zufall, dass die republikanische Partei von der rechtsradikalen Tea Party der Brüder Charles und David Koch umgestaltet wurde. Die Koch-Brüder waren Besitzer der Koch Industrie (David Koch ist im Jahr 2019 gestorben), eines des größten unternehmerischen Subjektes in den USA. Die republikanische Partei musste auf die demographische Entwicklung in ihrem Land mit ständig gewachsenem Anteil der Afroamerikaner und Hispanos reagieren. Wenn sie also vor einigen Jahrzehnten die aggressiven faschistischen Gruppierungen mit Verachtung als ein Randphänomen des politischen Spektrums beobachteten – heute sind gerade Mitglieder dieser Gruppen ihre Stammwähler. Und sie sind bereit, bei Bedarf zur Gewalt zu greifen oder sogar einen Bürgerkrieg anzufangen. Der undisziplinierte Bund der Demokraten hat gegen diese Phalanx nichts anzubieten, das beweisen sie bereits ein Jahr nach der Wahl von Joe Biden zum amerikanischen Präsidenten. Der Augenblick der Wiederwahl von Donald Trump nähert sich unaufhaltsam. Und mit ihm dann auch der Eintritt des „Industriellen Faschismus“ der Koch-Brüder und Peter Thiels in den USA. Man wird einwenden, dass es in der republikanischen Partei auch einen demokratischen Flügel gibt. Ja, den gibt es tatsächlich, ihre „Stärke“ konnte man bei der Verurteilung des Angriffs des Pöbels auf das Symbol der amerikanischen Demokratie, den Kapitol, sehen – dieser Flügel zählt gerade noch sieben von 50 republikanischen Senatoren! Neuerlich hat die Republikanische partei das Vorgehen von Trump nach der Wahl, also seine Weigerung die Wahlergebnisse anzuerkennen und den Sturm auf das Kapitol für legitim erklärt.
Europa arbeitete sich zu Demokratie achthundert Jahre lang durch (eigentlich 1800, wenn man das Ende der antiken Demokratie mit der Einführung des Prinzipats im alten Rom im Jahr 27 vor Christus gleichsetzen würde). Derzeit unterliegt Europa einem selbstzerstörerischen Prozess. Europa begann sich für die Sünden der Vergangenheit zu peitschen, obwohl es dazu keinen Grund gibt. Es ist etwas, was Octavio Paz „moralisierender Masochismus“ nannte. Wir schämen uns dafür, dass unsere Kultur hochentwickelt und damit nicht für jeden verständlich ist. Deshalb wollen die Linksradikalen die Kultur so weit vereinfachen, dass sie jeder begreifen könnte. Im Jahr 1987 schrieb französische Schriftsteller Alain Finkerkraut ein Buch „Die Niederlage des Denkens“. Er hat den kulturellen Relativismus kritisiert und die Hochkultur verteidigt. Die Linken haben ihn elitären Denkens beschuldigt. Die Massenkultur muss nach ihrer Ansicht in Namen der Gleichheit verteidigt werden. Es beginnt mit der Vereinfachung der Sprache, es setzt sich in Unterhaltungsprogrammen und Fernseherserien fort. Man ging den Massen entgegen. Laut Finkerkraut wollte Hitler die Europäische Kultur vernichten und sie macht ihm jetzt ein Geschenk mit einem gewaltigen Autodafe.
Demokratie fehlt der Wille sich zu verteidigen. Weder gegen die Angriffe von den sie umkreisenden Diktaturen, noch gegen die destruktiven Einflüsse in ihrem Inneren (die häufig von den Diktaturen ideologisch und finanziell unterstützt werden). Wohlstand lässt automatisch die Kampflust sinken. Wohlstandgesellschaften haben eine Neigung zur Selbstzerstörung. Aus Mangel an existentiellen Problemen suchen sie unbedeutende Probleme und machen aus ihnen existentielle. Dann haben sie plötzlich zu viel davon und wissen damit nicht umzugehen. Wie zum Beispiel Transgender-Thema. Joanne Rowling als das Opfer dieses hochgespielten im Prinzip nicht existentiellen Problems lässt grüßen.
Soll Europa auf seine Kultur im Namen der Toleranz verzichten? Europa erkämpfte sich die Demokratie durch den Einfluss der Aufklärung, also nur nach seiner Befreiung von der Herrschaft der Kirche. Soll sie jetzt im Namen der Toleranz einer anderen diktatorischen Ideologie – dem Islam – weichen? Islam machte keine Aufklärung durch und er konnte es auch nicht. Er kann nichts dafür, aber es ist einmal so. Er blieb intolerant und diktatorisch orientiert – wie die katholische Kirche vor der Aufklärung. Auf der anderen – rechtsradikalen – Seite formieren sich andere radikale Gruppierungen. Demokratie bedeutet in ihrem Grundsinn eine Diskussion. Derzeitige Polarisierung der Gesellschaft macht diese unmöglich. Anstatt Diskussion wird attackiert und gedroht und die Exekutive schaut im Namen der falschen Toleranz untätig zu.
Milan Kundera schrieb, dass „Modern zu sein bedeutet auf dem geerbten Wege zu neuen Entdeckungen zu gelangen.“ Warum sollten wir diesen Weg im Namen des Multikulturalismus verlassen?
Obwohl wir eine hundertjährige Erfahrung mit Demokratie noch aus der Zeit von Österreich-Ungarn haben, verstehen viele Leute ihre Prinzipien nicht. Totalität ist nicht, wenn alle Menschen bestimmte Regel einhalten müssen. Totalität ist, wenn manche auserwählten Personen über den Regeln stehen und die Regeln nicht einhalten müssen. Was spielt sich in den Köpfen der Menschen ab, die die Impfpflicht totalitär nur deshalb nennen, weil sie Angst vor der Nadel haben?
Vaclav Havel sagte: „Das Problem der Demokratie liegt darin, dass sie die, die sie ernst nehmen, überaus einschränkt, während sie denen, die sie ignorieren, beinahe alles erlaubt.“
Unsere Demokratien gehen aber so weit, dass sie sich bei den Diktaturen in dem Namen der „Toleranz“ einschleimen wollen, um sie nicht zu beleidigen. Ein furchtbares Beispiel solcher falschen Toleranz ist, wenn die Australier den Grandslambesuchern im Melbourne, die T-Shirts mit Slogans zur Unterstützung der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai trugen, den Eintritt verweigerten. Sie begründeten es mit lächerlichen Argumenten, dass Politik keinen Platz im Sport hätte. Was macht China aus den Olympischen Spielen anderes als eine politische Kraftdemonstration? Taten die Sowiets im Jahr 1980, die Russen in Sotschi im Jahr 2014 oder die Nazis im Jahr 1936 etwas anderes? Diktaturen nutzen jede Gelegenheit, um die Überlegenheit ihres Systems zu präsentieren. Auf dem Rücken des großen „Sportereignisses“ versichern sich Vladimir Putin und Xi Jinping gegenseitiger Unterstützung im Krieg gegen die Ukraine oder um Taiwan. Der Westen schaut tatenlos zu und klatscht.
Diktatoren sind nicht gewohnt zu verhandeln und jede Bereitschaft ihnen entgegenzukommen interpretieren sie als Schwäche und einen Ansporn zur Steigerung ihrer Forderungen. Das bleibt immer gleich. Von Hitler, über Putin bis zu Xi Jinping. Diktatoren brauchen einen Konflikt, am besten einen Krieg, um ihre Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Besonders, wenn sie ökonomisch keine Erfolge zu verzeichnen haben. In dieser Zeit sagt dann der bayerische Regierungschef Söder, sicher kein Leichtgewicht in der deutschen Politik, dass Russland kein Feind sei und signalisiert die Bereitschaft, Zugeständnisse zu machen. Söder ist kein Diener des Kremls wie Viktor Orban in Ungarn oder Milos Zeman in Tschechien. Dass der deutsche Exkanzler Gerhard Schröder auf der russischen Seite steht, überrascht natürlich niemanden. Er wird ohnehin seit langer Zeit von Russland bezahlt. Und er ist unter den europäischen Politikern bei weitem nicht allein. Wie soll dann Putin die Europäische Union ernst nehmen? Dann kommen seine Ideologen mit der Idee der Befreiung Europas vom fremden Einfluss (verstehe amerikanischen) und Bildung eines gemeinsamen Kulturraumes von Lissabon bis nach Wladiwostok. Natürlich mit der Hauptstadt Moskau und mit russischem politischem System. Ein Beweis der europäischen Bedeutungslosigkeit, in die es sich Europa selbst manövriert hat, ist die Tatsache, dass Russland über die Ukraine mit den USA und nicht mit der EU verhandelt und die Europäer sind nicht einmal zu den Gesprächen eingeladen.
Die Demokratie stützt sich grundsätzlich auf drei Pfeiler.
1) Das System der repräsentativen Demokratie
2) Unabhängigkeit der Justiz
3) Freie Journalistik
Dass das Funktionieren dieses Systems nicht unantastbar ist, sehen wir bei unseren Nachbaren. In Ungarn ist es praktisch gelungen, die unabhängige Journalistik zu liquidieren, in Polen ist das Angriffsziel die Unabhängigkeit der Justiz. Der Angriff auf das unabhängige private Fernseher blieb vorläufig ohne Erfolg – die Amerikaner schrien zu laut, als dass es Jaroslaw Kaczynski ignorieren könnte – die USA sind letztendlich die letzten polnischen Verbündeten.
Es ist eine neue Methode entstanden, dass die Unternehmer, die nach der Macht streben, sich Medien einfach kaufen. Es begann damit Silvio Berlusconi und „Il cavalliere“ war tatsächlich dank der Unterstützung seiner Medien trotz aller Skandale der erste italienische Premierminister nach dem zweiten Weltkrieg, der die ganze Wahlperiode durchgestanden hat. In Tschechien machte das gleiche der Oligarch Andrej Babiš – und solange er seine Mediendivision namens „Mafra“ hat, ist er nicht abgeschrieben. Er kann jederzeit zurückkehren und gewinnen. Besonders wenn die unabhängige Journalistik sich jetzt auf die neue Regierung, die Babiš abgelöst hat, eingeschossen hat. Die Journalisten wollen damit wahrscheinlich beweisen, dass sie nicht gegen Babiš voreingenommen waren, der schwere Beschuss der neuen Regierung verstehen aber die Wähler so, dass sich nichts zum Positivem geändert hat. Und die neue demokratische Regierung hat leider keine Möglichkeit sich zu wehren – im Gegensatz zu ihrem Vorgänger hat sie keine „ihre“, also von ihr bezahlte Journalisten. Dadurch gerät sie in schiefe Optik und das droht mit einem unguten Ende.
Die echte Gefahr für die Demokratie kommt aber nicht aus Ungarn, Polen oder Tschechien, nicht einmal aus Moskau, sondern aus Washington. Wenn die Demokratie in den USA fällt, dann wird sie überall auf der ganzen Welt untergehen. Und Trump mit Thiel arbeiten mit ihrer Partei und ihren fanatischen Anhängern fleißig daran. Die Demokratie dann wiederherzustellen, wird extrem schwer, wenn nicht unmöglich sein. Freie und faire Wahl wird dann unmöglich und Demonstrationen auf den Straßen haben noch keine Diktatur, die entschlossen ist, sich zu verteidigen, gestürzt. Weder in Weißrussland, Russland, Honkong, noch im Iran. Es gibt Märtyrer, aber keinen Erfolg.
Als Caesar und Augustus es schafften, die Demokratie im alten Rom zu beseitigen, dauerte es lange 1800 Jahre, bis sie die Menschen wieder gewonnen haben. Und es ist anzumerken, dass alle Diktaturen in der Zwischenzeit keine Beobachtungskameras, Gesichtsscans, Internet, Satelliten, die jede Bewegung der Mobiltelefone und ihrer Besitzer beobachtet besaßen. Es reicht, sich dem Regime unbeliebt zu machen und man kriegt die Bewertung „DDD“ wie in China und dann kauft man sich nicht einmal ein Ticket für eine Busfahrt, oder man verschwindet im Gulag mit Bezeichnung „Terrorist“ wie in Russland. Es gibt aber auch diffizile Möglichkeiten. Zum Beispiel das System Pegasus, das sich ins Handy der verdächtigen Person einschleicht. Nicht nur, dass jedes Gespräch und jede SMS beobachtet werden, sondern es ist auch möglich, in das Handy Aktivitäten zu implantieren, die der Besitzer gar nicht getätigt hat. Er könnte dann geheime Konten haben und verdächtige Transaktionen durchführen, von deren er selbst nicht weiß. Es ist heutzutage kein Problem, jeden Menschen zu kriminalisieren, wenn man ihn wegen Betrug, Steuerentziehung oder ähnliche Kriminalität verurteilen möchte. Egal, ob er etwas Gesetzwidriges getan hat oder nicht.
Die moderne Diktatur weiß jeden Menschen zu vernichten – und das Volk wird dabei sogar jubeln, weil es die Wahrheit nie erfährt.
Passen wir also auf die Demokratie auf. Es ist ein unbezahlbares Gut und ginge sie einmal verloren, wird es für die Ewigkeit sein.

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