Covid 19 ist ein viraler Infekt, für den ein RNA-Virus aus der Familie Coronaviren verantwortlich ist und es benimmt sich bei seinem Übertragungsweg ähnlich wie die Grippe, deshalb wird es ständig mit Grippe verglichen. „Obergescheite“ Laien, halbgebildete „Experten“ sowie auch politische Ignoranten wollen es nicht lassen, die Erkrankung als eine „Grippe“ zu verharmlosen. Übrigens, die „spanische Grippe“, die 50 Millionen Menschen das Leben kostete, sowie auch die „Vogelgrippe“ oder die „Schweinegrippe“ – alle diese Epidemien wurden durch Mutationen der bekannten Grippeviren Klasse A oder B verursacht.
Covid 19 zeigt aber bestimmte Eigenschaften, die wir Ärzte einfach nicht kennen. Das Krankheitsbild, das durch den Infekt hervorrufen wird, unterscheidet sich von einer Grippe in einigen entscheidenden Punkten. Was wieder Probleme bei der Therapie und eine erhöhte Sterblichkeit zur Folge hat. Dass die Sterblichkeit bei Covid 19 wesentlich höher als bei Grippe ist, beginnen sogar die hartnäckigen Leugner schweigend zu akzeptieren. Die Studie, die „Experten von Stafforduniversity“ publiziert haben und die Covid 19 eine Sterblichkeit von 0,25% zugerechnet hatte, zählte die Toten nämlich im Sommer – also zu der Zeit, als es keinen einzigen Fall von Grippe gab – also die Sterblichkeit bei Grippe bei Null lag. Auch jetzt, im Winter – fehlt der direkte Vergleich. Aus einem einfachen Grunde, die Anticovidmassnahmen konnten die Verbreitung des Grippevirus vollständig blockieren – nicht aber die Übertragung der Covid-Infektion – braucht noch jemand einen weiteren Beweis, dass dieses Virus viel ansteckender und gefährlicher als die Grippe ist? Herrn Kickl kann ich natürlich nicht überzeugen und ich würde es auch nicht versuchen – mit Zeugen Jehovas ist es auch sinnlos zu diskutieren.
Jetzt aber konkret zu Spezifika der Infektion mit Covid, wie wir es in unserer täglichen Praxis erleben:
- Die Prinzipien der künstlichen Beatmung, wie wir sie von früher kannten, konnten wir vergessen. Als Patienten im Frühjahr nach diesen alten Regeln beatmet wurden, starben sie in einer großen Zahl. Prinzipiell haben wir beim Covid zwei Typen der Lungenbeteiligung – also der viralen Lungenentzündung. So genannter „H“ (high elastance) Typ und „L“ (low elastance) Typ. Es ist notwendig sie unterschiedlich zu beatmen. Die Regel einer schonenden Beatmung mit Luftvolumina 6-8ml/kgKG reichen in vielen Fällen nicht, der hohe Inspirationsdruck (driving Pressure), also Druck mit dem die Luft in die Lunge des Patienten getrieben wird und von dem wir immer Angst hatten, ist bei der Patienten mit Covid häufig unentbehrlich. Der hohe „basale Beatmungsdruck“ so genannter PEEP, der normalerweise bei Lungenversagen verwendet wird, erwies sich als kontraproduktiv. Von der Bauchlagerung bei dem klassischen Lungenversagen (in der medizinischen Terminologie ARDS genannt) profitiert nur die Hälfte der Patienten. Wir sehen immer wieder Patienten mit einer so steifen Lunge, dass wir nicht im Stande sind, die Luft in ihre Lunge überhaupt zu bekommen – und sie sterben. Das ist etwas, was wir bei den Patienten mit Grippe nicht kennen, obwohl auch diese Infektion ARDS verursachen kann.
- Covid 19 aktiviert in bisher unbekanntem Ausmaß die Blutgerinnung. Ja, die Blutgerinnung wird allgemein bei allen septischen Zuständen aktiviert, weil sich der Körper bemüht, die infektiöse Herde durch die Blutgerinnsel abzugrenzen, aber die Aktivierung der Blutgerinnung bei Covid 19 ist vielfach höher als bei anderen Infektionen. Die Folge sind Thrombosen in allen Organen. In der Lunge, in den Nieren, der Leber und im Gehirn. Als die ersten Patienten in Italien in Frühjahr obduziert wurden, waren die Ärzte schockiert, dass die Leichen voll mit Thromben waren. Die obduzierenden Pathologen hatten so etwas noch nie gesehen. Wir versuchen diesen Zuständen mit Heparin vorzubeugen, nicht aber immer erfolgreich. Zu Thrombosen und Lungenembolien kann es noch 4 Wochen nach der durchgemachten Infektion kommen.
- Die Patienten, besonders die älteren, entwickeln in bisher unbekanntem Ausmaß Delir, also Verwirtheitszustände mit Aggressivität, was die Behandlung ohne Intubation und Beatmung extrem schwierig bis unmöglich macht. Delir ist zwar ein bekanntes Syndrom bei schweren Infektionen bei älteren Patienten (Confusness) und ist mit einer dreißig Prozent höheren Sterblichkeit im Vergleich mit den Patienten ohne Delir verbunden, bei Covid ist aber diese Komplikation extrem häufig. Praktisch alle Patienten leiden noch einige Tage bis Wochen nach dem Ende der Beatmung an schwerwiegende Verwirtheitszustände und brauchen sehr hohe Dosen von Medikamenten, die man sonst in der Psychiatrie verwendet – die natürlich auch mit möglichen schweren Nebenwirkungen belastet sind. Ohne diese Medikamente geht es aber gar nicht. Die Neurologen fanden noch nicht heraus, was die Ursache dieses Symptoms ist. Das Virus wurde im Gehirn nur extrem selten direkt nachgewiesen (obwohl eine solche 45 Jahre alte Patientin mit Gehirnbeteiligung hatten wir auch bei uns), es wird über kleine Blutgerinnsel in den Hirngefäßen oder über eine autoimmune Antwort mit Entzündung der Gefäße diskutiert. Langfristige psychische Folgen sind nicht nicht bekannt, wir müssen sie aber befürchten.
- Früher unbekannter Zustand, so genannter „happy hypoxemic“. Sogar Patienten mit einer sehr schlechten Sauerstoffsättigung im Blut fühlen sich gut, sie essen mit Lust, sie telefonieren, es scheint, dass ihnen nichts fehlt. Dann brechen sie in Laufe weniger Stunden zusammen und landen an der Beatmungsmaschine oder sind sie tot. Dieses Phänomen kennen wir bei anderen Lungenerkrankungen auch nicht. Eine frühzeitige Intubation dieser Patienten nur wegen der schlechten Blutgase führte zu erhöhter Sterblichkeit, späte Intubation im Zustand der allgemeinen Erschöpfung ist aber auch schlecht. Ein Warnzeichen in den Blutgasen ist der erniedrigte Spiegel von Kohlenhydroxid als Hinweis auf eine Hyperventilation – nur dank einer schnelleren und tieferen Atmung halten diese Patienten für den Körper akzeptablen Sauerstoffspiegel im Blut. Diese Anstrengung führt aber später zu Erschöpfung und zu dem bereits beschriebenen raschen Zusammenbruch. Diese Tatsache hängt wahrscheinlich mit dem nächsten Punkt zusammen.
- Nämlich mit dem Stoffwechselzusammenbruch. Das ist etwas, was wir von anderen Infektionen nicht in so einem Ausmaß kennen. Praktisch bei jedem Patienten mit einem schweren Verlauf der Krankheit kommt zu einem raschen massiven Anstieg von Ferritin, also des Speichereisens, das der Körper nicht im Stande ist, der Blutbildung zuzufügen und zu einem Albuminabfall, also massiver Reduktion eines Eiweißes, das wichtig für Kreislaufstabilität, für metabolische und immune Funktionen und für das Erhalten von normaler Azidobase (pH) im Körper zuständig ist. Der Stoffwechsel der Patienten mit Covid ist beeinträchtigt in einem Ausmaß, das wir bei anderen Krankheiten nur sehr vereinzelt sehen konnten. Natürlich wird die Abwehrfähigkeit des Immunsystems auf diese Weise entscheidend reduziert. Hier suchen die Ärzte die Antwort auf die Frage, warum übergewichtige Menschen häufiger schwere Krankheitsverläufe haben. Die Ursache könnte die Fettleber sein, die adipöse Menschen häufig haben, denn gerade die Leber spielt im Stoffwechsel eine Schlüsselrolle.
- Hypertensive Krisen, die nur schwer mit üblichen Medikamenten zu beherrschen sind. Natürlich spielt hier auch die verständliche Angst des Patienten eine wichtige Rolle. Die Panik schwemmt die Stresshormone wie Katecholamine aus – und die treiben den Blutdruck in die Höhe. Es kann auch ein Zeichen der Muskelerschöpfung sein, wenn der Körper die letzten Reserven aktiviert, wie bei dem Aufstieg auf einen hohen Berg, wenn die Kräfte schwinden. Dann kommt es zu einem Kreislaufzusammenbruch mit Schock.
- Zytokinsturm kennen wir auch von anderen infektiösen Krankheiten, er begleitet septische Zustände, wenn die Immunität außer Kontrolle gerät und den eigenen Körper zu vernichten beginnt. Aber in so einem Ausmaß wie bei Covid 19 kennen wir diese Reaktion nicht. Eine zentrale Rolle bei dem Start dieser pathologischen Reaktion, die häufig tödlich endet, spielen die Stoffe Interleukine, konkret Interleukin 6. Warum es zu dieser pathologischen Reaktion kommt, die viel zu häufig tödlich endet, wissen wir nicht. Medikamente, die diese Reaktion unterbinden sollten, wie Chloroquin oder Hydrochloroquin (in diese Stoffe hat man am Anfang der Pandemie große Hoffnungen gesetzt) oder Estrogenanaloga wie Raloxifen oder Bazedoxifen, zeigten sich unwirksam. Momentan herrscht eine Euphorie um Antiparazitikum Ivermectin, nach allen falschen Hoffnungen ist aber notwendig vorsichtig zu sein. Immunomodulantien, die direkt Rezeptoren von Interleukin 6 blockieren, wie Tozilizumab (RoActembra) oder Saralizumab (Kevzara), oder Ustekimumab (Stelara), das diese Rezeptoren indirekt durch Blockade Interleukine 12/23 blockiert, sind in der Prüfungsphase.
- Syndrom PIMS, also „Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrom“ war bis zu Covid-Pandemie eine extrem seltene Erkrankung der falschen Immunantwort bei Kindern, auch bekannt als Kawasaki Syndrom. Jetzt tritt es als eine späte Antwort auf eine durchgemachte Infektion bei Kindern aus, wobei der Infekt selbst meistens asymptomatisch verlief und hohes Fieber mit Beschädigung mehrerer lebenswichtigen Organe Wochen nach dem Infekt mit Covid eintritt. Aus diesem Grund wurde der direkte Zusammenhang dieses Syndroms mit der Infektion mit Covid noch nicht endgültig bestätigt, ist aber naheliegend. Es handelt sich zwar nicht um ein häufiges Syndrom, es ist aber trotzdem eine Antwort für die, die behaupten, dass Covid Kinder nicht angreifen kann. Viele der betroffenen Kinder enden auf der Intensiveinheiten der Kinderkliniken.
Einfach egal aus welchem Winkel ich die Sache betrachte, eine Grippe ist das nicht. Ich bin in der medizinischen ersten Front bereits seit 36 Jahren tätig aber das Krankheitsbild, das Covid 19 bietet, kenne ich nicht. Ich bin an dieser Stelle nicht bereit, mich mit der Frage zu beschäftigen, ob dieses Virus, das alle Naturgesetze missachtet, eine natürliche Mutation oder aus einem Labor entwischt ist. Ich will nicht zu Konspirationstheoretikern gezählt werden.
Ich möchte nur warnen. Wir haben mit einer neuen, bisher unbekannten Krankheit zu tun. Sicherlich wird sie einen Ansturm neuer Professoren auf den Kliniken auslösen, die diese Krankheit erforschen und mit diesem Thema habilitiert werden. Und es ist auch gut so. Für sie ist es vielleicht ein Segen. Nicht aber für die Betroffenen.
Passt auf euch auf!
Lieber Antonin!
Ich grüße dich aus Murau,bzw. der Stolzalpe, wo du heute noch einen hervorragenden Ruf genießt!
Seit ich aufmerksam geworden bin, dass du eine eigene Homepage hast und hier auch deutsche, höchst interessante, fachlich brilliante Beiträge schreibst, schau ich öfter hier vorbei und lese mit großer Interesse deine fachlichen Expertisen. Ich gratuliere dir herzlich dafür! Du hast mir immer schon imponiert mit deinem Wissen und besonders mit deiner Hartnäckigkeit, wie du immer bis ins kleinste Detail wissen musst, wie Krankheiten entstehen und wie sie am Besten behandelt werden können! Ich hoffe es geht dir gut! Ich gehe mit 1. September dieses Jahres mit 62 Jahren in Pension.
Arbeitest du noch länger?
Ich wünsche dir Alles Gute!
Liebe Grüße
Dein “Ex Kollege”
Mohr Hans
Lieber Hans! Du weißt gar nicht, mit welcher Freude ich deinen Kommentar gelesen habe. Es freut mich sehr, dass ich Leser in Gegend von Murau habe, es gab die Zeit, als Murau unter den Orten, woher meine Leser stammen, sogar auf dem vierten Platz hinter Wien, Prag und Brünn war. Ich nehme an, dass du noch immer sportlich sehr aktiv bist und wünsche dir, dass du deine Pension genießen kannst. Also nur mehr ein halbes Jahr durchhalten und dann viel, viel Freizeit haben. Ich muss noch etwas mehr als 3 Jahre arbeiten, aber Hauptsache, man ist gesund.
Liebe Grüße nach Murau, die Stolzalpe fehlt mir wirklich. Heuer war das erste Jahr als ich mich nicht einmal beim Schifahren mit meinen alten Freunden treffen konnte – das verdammte Virus hat das verhindert.