Florenz ist ein Pilgerort, der beinahe so oft wie Rom besucht wird. Florenz ist die Stadt der Kultur und interessant ist die Tatsache, dass während in Rom ganze Generationen und Generationen von unzähligen Künstlern, die von Päpsten gesponsert wurden, an der Schönheit der Stadt arbeiten mussten, in Florenz das ganze Kulturwunder in einer relativ kurzer Zeit als Verdienst einer einzigen Familie entstand.
Florenz ist eine Stadt, die ich zufällig von allen italienischen Städten am häufigsten besucht habe, trotzdem ist die Stadt immer noch nicht „abgehackt“. So nennt es meine Frau und in der Praxis bedeutet das, dass ich immer noch nicht besucht habe, was ich besuchen möchte und somit ist ein weiterer Besuch dieser Stadt unentbehrlich. Ein eintägiger Besuch zahlt sich einfach nicht aus. Man schaut sich die Kathedrale an, eventuelle läuft man auf die Campanille, man besucht die „Ufizzien“, weil man sich per Internet eine Eintrittskarte reserviert hat (auf einen anderen Weg versuchen Sie es nicht einmal), man macht ein Photo mit der Kopie des Davids auf der „Piazza dela Signoria“, bewundert die Goldschmiede auf dem „Ponte vecchio“ und vielleicht schafft man es noch, die Säle „Palazzo Pitti“ mit dem Garten „ Giardino di Boboli“ zu durchlaufen. Aber was ist mit „San Lorenzo“ mit Gräbern der Familie Medici, was ist mit „Santa Croce“ mit Grabsteinen berühmter Florentiner was mit Santa Maria Novella mit Fresken von Boccacio und Filippino Lippi, was mit „Palazzo vecchio, Bargello, Museo Academico, San Miniato, Fortezza da Basso und mit allen wunderschönen Palästen? Und so weiter, usw… Einen Kaffee in einem der zahlreichen Bars auf „Piazza della Republica“ zu trinken, das kann man im Stress vergessen. Es geht einfach nicht! In Florenz muss man einige Tage bleiben, was bedeutet, dass man auch ein entsprechendes Budget zur Verfügung hat. Florenz ist nämlich schön in seinen Interieurs und die sind nicht kostenlos zu bewundern.
Genau so hoffnungslos ist es zu versuchen über Florenz einen Artikel von vier bis fünf Seiten zu schreiben (geschweige von drei, was angeblich die längste empfohlene Textlänge im Internet sei). Es ist einfach eine unmögliche Mission, obwohl die Geschichte von Florenz eigentlich wesentlich kürzer ist, als die Geschichte der Mehrzahl italienischer Städte. In der Zeit, als die Mehrzahl von ihnen bereits stand und lebte, gab es in der Region des Flusses Arno, wo heute diese stolze Stadt steht, nur einen undurchlässigen Morast, wo Hannibals letzter Elefanten ertrank. Eine Stadt in dieser Region gab es zwar, aber die befand sich auf einem Hügel und hieß Fiesole. Sie ist auch heute auf dem gleichen Platz und ist ein Vorort des heutigen Florenz. Einmal war es umgekehrt.
Fiesole brauchte einen Hafen am Fluss Arno und so entstand Fiorentina auf dem Flussufer, häufig überschwemmt (übrigens die letzte große Flut besuchte Florenz noch im Jahr 1966). Dann bauten Römer hier die Straße „Via Cassia“ und überbrückten den Fluss mit einer Brücke, die einen Schutz benötigte und so siedelte hier Gaius Julius Caesar seine Veteranen an und der Grundstein einer zukünftig berühmten Stadt wurde gelegt.
Auf ihren Ruhm musste Florenz noch eine Weile warten. Bis zum Hochmittelalter blieb es im Schatten des mächtigen Pisa, des befestigten Lucca auf der wichtigen Kreuzung der römischen Straßen und sogar auch Arezzos. Um alle diese Nachbaren zu überholen, musste sehr viel Kleinarbeit getan werden. Keine der toskanischen Städte war so konsequent im Gewinn des Hinterlandes, im Straßen – und Infrastrukturausbau und in der Umsiedelung der Adeligen in die Stadt, wo sie hohe Türme an ihren Palästen bauten und mit reichen Kaufleuten eine neue Nobilität der Stadt entstehen ließen. Im elften Jahrhundert gab die Stadt das erste Zeichen der kommenden Prosperität – es war die Kirche „San Miniato al Monte“, zu der den Grundstein um das Jahr 1090 Bischof Hildebrand legte, der gute Beziehungen zum Kaiser sowie auch zu den Päpsten pflegte.
Die Kirche ließ er zur Ehre eines lokalen heiligen Minius bauen, der während der Christenverfolgung unter Kaiser Decius im Jahr 295 hingerichtet wurde. Die Glaubwürdigkeit der Legende über das Leben und Tod des Heiligen wird durch die Erzählung, dass er mit seinem eigenen, bereits abgetrennten, Kopf unter dem Arm auf den Berg gelaufen sei, wesentlich geschwächt, aber bei den Legenden geht es nicht um die Glaubwürdigkeit, sondern um den Kult. Also machen wird ein Auge zu und bewundern wir die Schönheit des Baues, der zu seiner Verehrung gebaut wurde. Es ist der einzige rein romanische Bau in der Stadt, eigentlich über der Stadt, also wenn man Florenz von oben anschauen möchte, muss man hierher fahren, zu einem ausgedehnten Klosterkomplex am südlichen Ufer des Arnos – also auf der Gegenseite des Stadtzentrums.
In der gleichen Zeit, also im elften Jahrhundert, genauer im Jahr 1059, wurde der Grundstein des Baptisteriums gelegt, also des Taufhauses im Stadtzentrum. Das achteckige Gebäude aus weißem und dunkelgrünem Marmor musste auf seine Vollendung bis in das fünfzehnte Jahrhudert warten, als es mit der letzten Bronzetür geschmückt wurde. Es hat insgesamt drei Tore. Das Südtor mit den Szenen aus dem Leben des Johannes des Täufers schuf Andrea Pisano bereits im Jahr 1330. Das Nordtor schuf im Jahr 1401 Lorenzo Ghiberti, das schönste ist aber das Osttor vom gleichen Künstler (er arbeitete an dieser Tür lange 27 Jahre!) Porta del Paradiso, also Paradistor. Den Namen verdankt die Tür Michelangelo, der angeblich sagte, dass die Tür so schön sei, dass sie würdig wäre, im Eingang zum Paradies zu stehen.
Kurz danach bekam Florenz das erste Mal Eroberungslust und zog im Jahr 1125 – absolut ohne Grund – gegen seine Mutterstadt Fiesole und nach einer vierjährigen Belagerung nahm sie ein. Für eine gute Integration der neuen Einwohner spricht, dass der erste Podestá, der gewählte Stadtherrscher, ungefähr einhundert Jahre später, gerade aus Fiesole stammte.
Florenz setzte neben dem zielstrebigen Infrastrukturausbau auf Bankwesen. Gelddarlehen gegen Zinsen wurde von der katholischen Kirche streng verboten, die Bürger von Florenz zeigten aber deutlich weniger Angst vor dem Höllenfeuer als ihre Nachbaren aus den anderen toskanischen Städten. Familien Bardi, Cerchi, Donati und andere bauten ihre Niederlassungen in der ganzen damals bekannten Welt aus und zu ihren Kreditnehmern gehörten auch der französische oder der englische König. Über die lokal fehlenden Hemmungen bei Geldleihen gegen Zinsen spricht auch die Tatsache, dass sich in Florenz keine bedeutende jüdische Gemeinde niedergelassen hat, die sonst diese für Christen verbotene Tätigkeit gerne übernahm. Florenz wurde reicher, es lebte aber immer noch im Schatten der mächtigeren Nachbarn. Es wurde allerdings bereits fleißig gebaut. Vor allem entstand der „Palazzo vecchio“, der im Jahr 1314 vollendet wurde und in dem sich heute das Rathaus befindet.
Es hat einen für seine Zeit absolut extravaganten Turm mit einer Höhe von 94 Meter. Ursprünglich tagte hier der Stadtsenat und danach wurde das Gebäude der Amtssitz der Herrscher aus der Familie Medici. Als diese sich am anderen Arnoufer den Palast Pitti gebaut haben und dorthin umzogen, hieß der „Palazzo Pitti“ einige Zeit „Palazzo nuovo“, also „der neue Palast“ und das Gebäude auf der „Piazza della Signoria“ wurde logisch zum alten Palast. Der Name sollte ihm schon bleiben. Weiter entstand in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhundert auch das „Bargello“.
Also das Gebäude, wo der Bürgermeister seinen Sitz hatte und wo im Innenhof die Bürgen der Stadt gefoltert und hingerichtet wurden. Heute gibt es hier ein großes Museum der Skulpturen der florentinischen Künstler, wie zum Beispiel „Der betrunkene Bacchus“ von Michelangelo. Dieses Museum hat so komische Öffnungszeiten, dass ich es bei meinen eintägigen Ausflügen nie geschafft habe, es zu besuchen (es ist 8:15 bis 14 Uhr, aber einmal ist am Sonntag geschlossen, andersmal wieder am Montag und manchmal an beiden diesen Tagen und ich habe nie den richtigen Tag erwischt.) Das ist also einer der Hauptgründe, warum ich die toskanische Metropole unbedingt noch einmal besuchen muss. Oder vielleicht sogar zweimal?
Gerade in dieser Bauzeit wurde nach einem der wiederkehrenden Hochwässer, das die alte römische Brücke niedergerissen hatte, auf ihren Fundamenten eine neue Brücke gebaut, die allerdings paradoxerweise „Alte Brücke“, also „Ponte vecchio“ heißt und neben dem Palast auf der „Piazza della Signoria“ zum Wahrzeichen der Stadt werden sollte. Auf der Brücke wurden, wie es damals Brauch war, Geschäfte gebaut, vierundzwanzig auf jeder Seite, also insgesamt achtundvierzig. Ursprünglich wurden hier Lebensmittel verkauft, diese wurden aber später durch Goldschmiedgeschäfte ersetzt. Diese blieben hier bis heute. Ein Spaziergang über „Ponte vecchio“ ist also eine Augenweide, man wird von allen Seiten durch das Strahlen des Goldschmucks geblendet. Man muss hier nichts kaufen, aber ein Spaziergang über die Brücke ist einfach ein muss.
Schon deshalb, weil man sonst den Fluss nicht überqueren kann. Das wussten schon die Medici, die späteren Herrscher der Stadt und ließen sich im Obergeschoß der Geschäftenreihe einen geheimen überdachten Gang bauen, durch den sie unbeobachtet den Arno von ihrem Palast Pitti, wo sie lebten, zum „Palazzo dei Uffizi“, wo ihre Administrative, also ihre Beamten, ihren Sitz hatten, überqueren konnten.
Im gleichen Jahr wie der „Palazzo vecchio“ begannen die Florentiner mit dem Bau des Domes „Santa Maria del Fiore“. Hier überschätzen sie aber ihre Kräfte. Der Bau wurde infolge der Pestepidemie unterbrochen und musste auf seine Vollendung unter der Führung des genialen Architekten Brunelleschi bis 1436 warten. Aber darüber später. Erfolgreicher waren die Florentiner bei dem Bau des Glockenturmes. Für dieses Projekt gewannen sie niemand kleineren als Giotto, der für die letzen Jahre seines Lebens in seine Heimatstadt zurückkehrte. Sein Projekt wurde einige Jahre nach seinem Tod im Jahr 1359 fertig gebaut. Der Glockenturm ist 82 Meter hoch und man kann ihn auf 414 Treppen besteigen. Obwohl das eine physisch anspruchsvolle Leistung ist, steht vor dem Eingang ständig eine Schlange, da der Gipfel der „Campanilla“ einen berauschenden Blick auf die Stadt bietet.
Natürlich zogen im dreizehnten Jahrhundert beide Bettlerorden der Dominikaner und Franziskaner in die Stadt ein. Über die Kirche „Santa Maria Novella“, die Dominikaner gehört, stolpert der Stadtbesucher gleich vor dem Hauptbahnhof (der übrigens den Namen dieser Kirche trägt).
Hinter einem Platz mit einem kleinen Obelisk gibt es eine Kirche mit einem großen Kloster. Der ursprüngliche Bau war romanisch-gotisch, das derzeitige Aussehen im Stil der Renaissance bekam die Kirche von Leon Battista Alberti in der Zeit der Herrschaft des ersten Medici Cosimos des Älteren in den Jahren 1456 – 1470. Im Inneren blieb die Kirche gotisch, die Innenausstattung stammt aber aus der Zeit der florentinischen Hochrenaissance, wie die „Geburt Christi“ von Sandro Botticelli (sein Bild „Die Anbetung der drei Könige“ wurde von hier nach Uffizien überführt) oder die Fresken von Filippino Lippi in der Kapelle Filippo Strozzi.
Die Franziskanerkirche befindet sich natürlich am anderen Ende der Stadt, wie es Brauch war, damit sich die zwei Bettlerorden nicht konkurrierten.
Die Kirche „Santa Croce“ hat in Florenz eine beinahe symbolische Bedeutung. Nicht wegen ihrer Fassade, die aus dem neunzehnten Jahrhundert stammt, sondern dank ihrer Innenausstattung, wo man 250 Grab- und Denkmäler berühmter Italiener finden kann. Der berühmteste Florentiner liegt aber in seinem Grab nicht, darüber später. Die Fresken in den beiden Kapellen rechts des Hauptaltars sind ein Werk von Giotto.
Anfangs des vierzehnten Jahrhunderts begannen die Florentiner den dritten Mauerring mit einer Gesamtlänge von acht Kilometern mit achtundsiebzig Türmen zu bauen. Dieser schloss auch die Vorstädte ein, die bisher nur mit Palisaden geschützt wurden. Die Mauer sollte sich auszahlen. Im Jahr 1311 zog Kaiser Heinrich VII. nach Italien, um hier die kaiserliche Autorität zu festigen, was seit der Zeiten Barbarossas niemand gewagt hatte. Die Stadt Florenz, die gerade vor kurzer Zeit die Seiten gewechselt hatte und von Guelfen, also der Papstpartei, beherrscht wurde, stellte für ihn ein Hindernis dar, das unbedingt entfernt werden musste. Das durch Krankheiten dezimierte kaiserliche Heer konnte aber keinen Belagerungsring um die Stadt bilden, der Kaiser schaffte es gerade noch, vor den Toren der Stadt seine Macht und Ärger zu demonstrieren, was die Florentiner ruhig ignorieren durften. Als der Kaiser zu einem neuen Angriff ansetzte, diesmal gestärkt durch Kontingente der anderen mit Florenz rivalisierten toskanischen Städte, die die wachsende Macht der Arnostadt mit Sorgen beobachteten, starb er plötzlich in einem Militärlager bei Siena. Die Mauer von Florenz musste auf die nächste Belastungsprobe weitere zweihundert Jahre warten, bis sie von Kaiser Karl V. belagert wurde – und nicht stand hielt.
Der Anfang des Aufstieges von Florenz zu Metropole von Toskana war ganz unauffällig. Mit der Verwaltung dieser Region wurde im Jahr 1245 der uneheliche Sohn Kaisers Friedrich II., Friedrich von Antiochia, der mit einer schönen Frau aus Florenz verheiratet war, beauftragt. Dieser charmante und regierungsfähige Kunstliebhaber wählte die Geburtsstadt seiner Gattin zu seiner Residenz und – was für weitere Entwicklung der Stadt wichtig war – er vertrieb die Guelfen, als die Papstpartei, im Jahre 1248 aus der Stadt. Es wurden die Türme der Paläste der Guelfen niedergerissen und die Stadt wurde streng ghibellinisch, was sich als Segen für die kulturelle Entwicklung der Stadt herausstellen sollte.
Gerade in dieser Zeit sollte die Stadt der Welt die größten Schriftsteller ihrer Zeit, Dante Alighieri und Giovanni Boccacio, aber auch die Künstler der darstellenden Kunst wie Giotto, der in Florenz geboren und in dieser Stadt die letzten Jahre seines Lebens verbrachte, schenken. Die Ausnahme ist nur Francesco Petrarca, der dritte der größten Schriftsteller der entstehenden Renaissance. Seine Eltern stammten zwar aus Florenz, aber als Anhänger der Papstpartei mussten sie die Stadt in der Regierungszeit von Friedrich von Antiochia verlassen. Francesco kam also in Arezzo zur Welt, er studierte in Bologna, lebte in Avignon und starb letztendlich nahe Padova. In Florenz hatte er nur seine Wurzel.
Dante hatte die besten Voraussetzungen eine große politische Karriere in seiner Geburtsstadt zu machen. Er stammte aus einer bedeutenden florentinischen Familie, er wurde in die Familie Donati verheiratet, einer der wichtigsten Familien in der Stadt. Er zeichnete sich in zwei Schlachten, die Florenz gegen ihre Nachbarn führte, aus. Zuerst in der Schlacht bei Campaldina im Jahr 1289 gegen Arezzo und dann im Kampf um die Festung Caprone gegen Pisa. Dante stieg in das „Consiglio de Podesta“ auf, also in das Beratungsgremium des Bürgermeisters. Dann traf er seine Beatrice (obwohl er verheiratet war), verliebte sich in sie und wurde zum Dichter. Seine Sonettensammlung „La vita nuova“ aus dem Jahr 1296 gilt als Geburtsstunde der Renaissanceliteratur. Schon deshalb, da Dante es wagte, im florentinischen Dialekt zu dichten, die offizielle Sprache der Literatur war damals natürlich Latein. Latein war aber die Sprache der Kirche und Dante stellte ins Zentrum seines Interesses einen Menschen (eine Frau), die Liebe zu ihr und die Bewunderung eines Menschenwesens. Der Grundstein zum Humanismus wurde damit gelegt und entfernte aus der Mauer des mittelalterlichen Denkens, in dem das Leben auf der Erde nur ein Marsch durch einen Tränental sein sollte mit Belohnung im Jenseits, den ersten Stein. Infolge der Untergrabung dieser Weltansicht sollte diese Mauer bald einstürzen.
Aber gerade für Dante sollte das Leben zum Tränental werden. Als er im Jahr 1302 in Rom als Anführer einer Gesandtschaft der Stadt weilte, fand in seiner Abwesenheit in der Stadt ein Staatsstreich statt. Die Partei der Guelfen gelang an die Macht und für Dante gab es keine Rückkehr mehr. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe und zum Besitzverlust verurteilt und als er sich weigerte, in die Stadt zurückzukehren, zusätzlich zum Tode durch Verbrennung. Die Strafe betraf auch seine Söhne, nicht aber seine Frau, die in die Stadt zurückkehren und sogar den Besitz, den sie in die Ehe als Mitgift brachte, retten durfte. Dante wurde zum Anführer der Opposition, die sich in Emigration befand. Wir finden ihn beim Heer der Emigranten in Moltepulciano, das allerdings beim Versuch, die Verhältnisse in Florenz zu ändern, im Jahr 1304 scheiterte. Wir finden ihn auch an der Seite Kaisers Heinrich VII. bei seinem eher erbärmlichen Versuch im Jahr 1312, die widerspenstige Stadt einzunehmen. Dann verschwand Dante vom Bildschirm des damaligen politischen Lebens, dafür begann er mit dem Schreiben seines wichtigsten Werkes, das auch heute zu den größten Werken der Weltliteratur gezählt wird – mit der „Göttlicher Komödie“. Im Exil wechselte er seine Aufenthaltsorte, nach Verona ließ er sich in Ravenna nieder, da der örtliche Herrscher Guido da Polenta sein großer Verehrer war. In seinem Auftrag fuhr Dante im Jahr 1321 als Gesandter nach Venedig, steckte sich dort mit einer fieberhaften Erkrankung an und nach der Rückkehr nach Ravenna fand sein erschöpfter Körper nicht mehr genug Kräfte, sich der Krankheit zu erwehren. Er starb am 13. September 1321 im Alter von sechsundfünfzig Jahre. Florenz bekannte sich zu spät zu seinem berühmtesten Landsmann. Vergeblich wurde ihm in der Kirche „Santa Croce“ ein prächtiges Grabmal gebaut, dieses ist bis heute leer. Ravenna weigerte sich, den Leichnam des Vaters der italienischen Sprache auszuliefern. Er ruht in Ravenna, nur das Öl, das an seinem Grab brennt, darf seine Geburtsstadt Florenz, die ihn so schändlich behandelte, liefern.
Auf Hochmut folgt Fall. Seit Mitte des vierzehnten Jahrhunderts erlitt Florenz einige vernichtende Schläge. Zuerst war das die Pest im Jahr 1348, die die Hälfte der Bevölkerung ausrottete – dafür aber Boccacios „Decameron“ entstehen ließ. Danach gingen die Bankhäuser Bardi und Cerchi in Konkurs und rissen eine Reihe kleineren Banken mit sich ins Verderben. Ihre größten Schuldner, der französische und englische König, verzettelten sich nämlich in den hundertjährigen Krieg und waren nicht imstande, weder die Kredite, noch zumindest die Zinsen, zu zahlen. Im Jahr 1378 kam es dann zum Aufstand der Arbeiter der Textilerzeugung der Stadt, die inzwischen neben dem Bankwesen die wichtigste Rolle spielte. Der Aufstand der „Ciompi“ erschütterte die Struktur der Stadt und ihre Verfassung, die noch aus dem Jahr 1255 stammte und auf die die Florentiner so stolz waren. Es dauerte lange vier Jahre, bis es gelang, die rebellierende Menschenmenge auf der Straße zu besiegen und mehr oder weniger wieder Ordnung in der Stadt herzustellen.
Dass sich die Stadt von diesen tödlichen Schlägen im Gegensatz zu ihren Konkurrenten erholen und einen neuen und noch größeren Ruhm erreichen konnte, war Verdienst einer Familie. Bereits in der Zeit des „Ciompi“ Aufstandes zog ein gewisser Salvestro Medici im Hintergrund die Fäden, sein Sohn Giovanni begründete dann den Ruhm seiner Familie als ein beliebter Anwalt der Armen und natürlich auch als ein erfolgreicher Bankier, der den von der traditionellen Bankenfamilien geräumten Raum einnahm. Aber darüber das nächste Mal.