Diese Halbinsel im Süden der Toskana im Tyrrhenischen Meer war einst eine Insel. Erst als der Fluss Albegna genug Sand und Schlamm angeschwemmt hatte und so drei schmale Landzungen entstanden, die die Insel mit dem Festland verbanden, wurde aus der Insel eine bergige Halbinsel. Der höchste Berg, der Monte Telegrafo, erreicht eine Höhe von 635 Metern über dem Meeresspiegel.
Zwei dieser Landzungen bilden die südliche und nördliche Verbindung zum Festland (Tombolo di Feniglia und Tombolo di Giannella). Die mittlere, auf der die kleine Stadt Orbetello liegt, reicht nicht bis zur Insel, sodass die Menschen sie mit einer Brücke ergänzten, über die Monte Argentario erreichbar ist.
Heute ist die Gegend ein attraktives Urlaubsziel. Früher jedoch hatte die Insel eine strategische Bedeutung, weshalb sie sehr begehrt war und oft den Besitzer wechselte. Schließlich fiel sie – wie auch das nahegelegene Grosseto – an die Republik Siena. Siena stand jedoch ständig in Konflikt mit dem mächtigeren Florenz und suchte Verbündete, die es gegen den nördlichen Nachbarn verteidigen konnten. Nach einem Bündnis mit den Visconti aus Mailand und einer kurzen Phase der Diktatur unter Pandolfo Petrucci entschied sich die Stadt im Jahr 1512, sich unter den Schutz von Kaiser Karl V. zu begeben und damit die spanische Oberhoheit anzunehmen. Ob das die richtige Entscheidung war, ist fraglich, denn schon bald herrschte unter den Italienern Unzufriedenheit mit der spanischen Regierungsweise. Das nutzte Cosimo de’ Medici, der erste Großherzog der Toskana.
Im Jahr 1555 – als Kaiser Karl, geplagt von Gicht und Depressionen, nicht mehr in der Lage war, zur Hilfe zu eilen (im selben Jahr dankte er ab, übergab die Kaiserwürde an seinen Bruder Ferdinand und die spanische Krone an seinen Sohn Philipp) – entschloss sich Siena zu einem fatalen Schritt: es verbündete sich mit Frankreich. Großherzog Cosimo gelang es im Namen des Kaisers nach langer Belagerung, Siena einzunehmen und seinem Großherzogtum einzuverleiben. Doch gemäß dem Vertrag zur Aufteilung der habsburgischen Ländereien fielen alle italienischen Besitzungen an Karls Sohn Philipp.
Um einen langen und erschöpfenden Krieg mit dem mächtigen spanischen König zu vermeiden, entschied sich Cosimo, den Spaniern bestimmte Gebiete abzutreten, an denen sie besonders interessiert waren – und das waren logischerweise Küstengebiete. So wurden die Hafenstadt Piombino, Teile der Insel Elba und eben Monte Argentario im Jahr 1557 spanisch – und blieben es für lange Zeit. Es entstand das Stato dei Presidi, also der „Staat der Festungen“. Dieses Gebiet blieb bis 1708 spanisch, als es im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges von Österreich erobert wurde. Im Jahr 1735 fiel es erneut an Spanien, danach ging es in den Besitz des Königreichs Neapel über. 1797 besetzte Napoleon die Halbinsel und gliederte sie in das neu geschaffene Königreich Etrurien ein, das 1807 von ihm wieder abgeschafft, woraufhin das gesamte Gebiet Teil des Französischen Kaiserreichs wurde. Erst der Wiener Kongress schuf 1815 endgültig Ordnung und gliederte alle diese Festungen dem Großherzogtum Toskana ein.
An die spanische Präsenz auf der Insel erinnern zahlreiche Festungen in den beiden Städtchen, die sich auf der Halbinsel befinden – Porto Santo Stefano und Porto Ercole. In Porto Santo Stefano gibt es eine Festung, die sich inmitten der Stadtbebauung befindet und daher leicht zu Fuß erreichbar ist.

In Porto Ercole hingegen gibt es zwei deutlich größere Festungen, die auf Hügeln an beiden Seiten des Hafens errichtet wurden – der Aufstieg zu ihnen gleicht einer kleinen Bergwanderung.
Porto Ercole ist winzig, aber liebenswert – ein kleiner Hafen für Privatyachten, mit einer Promenade, an der sich eine Reihe kleiner Geschäfte und Restaurants befinden. Über dem Ort thronen die zwei bereits erwähnten riesige spanische Festungen, die einst die Zufahrt zum Hafen kontrollierten. In Porto Ercole starb im Jahr 1610 der Maler Caravaggio. Dieser geniale Raufbold führte ein intensives Leben und geriet praktisch überall, wo er hinkam, in Konflikte. 1606 tötete er in Rom einen Mann und musste fliehen. Er fand Zuflucht auf Malta (wo er ein Gemälde des heiligen Hieronymus malte), doch auch dort geriet er in Streit mit Ordensbrüdern und musste erneut fliehen. Er kam nach Porto Santo Stefano, wo er auf die Begnadigung aus Rom wartete. Doch wie ich bereits im Artikel über Grosseto schrieb, war das südliche toskanische Küstengebiet von Mücken und Malaria verseucht. Caravaggio erkrankte an Malaria und starb mit nur 36 Jahren. Sein Grab befindet sich in der Kirche Sant’Erasmo.

Der zweite Hafen, Porto Santo Stefano, ist hingegen ein touristisches Zentrum. Von hier legen Boote zu den Inseln des toskanischen Archipels ab, insbesondere zur größten Insel, Giglio. Diese ist 18 Kilometer entfernt, und dort ereignete sich am 13. Januar 2012 das tragische Unglück des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia, bei dem 32 Menschen ums Leben kamen.
Der Hafen von Porto Santo Stefano ist deutlich größer und wunderschön.

Die Häuser sind gepflegt, es gibt viele Restaurants mit herrlichem Blick auf das Meer, und ein riesiger Parkplatz erleichtert den Besuch. Es gibt zwei Buchten, auf der Landzunge dazwischen steht die dem heiligen Stephan – dem ersten Märtyrer – gewidmete Kirche Chiesa arcipretale di Santo Stefano Protomartire. Die Kirche wurde noch zur spanischen Zeit im Jahr 1750 erbaut, im Zweiten Weltkrieg jedoch von den Deutschen völlig zerstört und nach dem Krieg wiederaufgebaut. Sie wurde am 26. Dezember 1950 – am Stephanstag – erneut geweiht.
Über der Stadt erhebt sich stolz die spanische Festung Fortezza Spagnola. Ein riesiger Steinbau mit zwei Stockwerken und Terrassen, von denen man einen traumhaften Blick über die Stadt und das Meer hat. In der Festung befindet sich ein Museum mit etruskischen Ausgrabungen und aus dem Meer geborgenen Artefakten, denn die gesamte Region war ursprünglich von den Etruskern besiedelt, bevor sie unter die Verwaltung der Römer kam – insbesondere der Familie Ahenobarbi. Diese wurde durch Geldverleih reich, und von ihnen stammt auch der Name der Halbinsel: „Argenti“ hießen im Römischen Reich die Schuldscheine.
Dass sich Porto Santo Stefano und ganz Monte Argentario ihren Charme bewahrt haben, ist Susanna Agnelli zu verdanken – der Enkelin des Fiat-Gründers Gianni Agnelli. Sie war hier Bürgermeisterin und sorgte dafür, dass keine Hochhäuser gebaut wurden und der Massentourismus fernblieb. Die Region konnte sich so ihren familiären Charakter erhalten. Ein großes Dankeschön an sie!
Am nördlichen Verbindungsarm der Halbinsel zum Festland gibt es zwar einige Apartmentanlagen und Hotels, doch baden kann man hier nicht – die Wasserqualität ist zu schlecht. Über diese Route gelangt man weiter in den Süden nach Grosseto oder Saturnia.
Auf dem mittleren „Finger“, der erst durch eine Brücke vervollständigt wurde, liegt das Städtchen Orbetello. Die Kathedrale dort hat eine gotische Fassade aus dem 14. Jahrhundert, wurde jedoch im 16. Jahrhundert im spanischen Stil umgebaut.

Von der spanischen Besatzung zeugen auch die Vizekönigsresidenz auf der „Piazza Eroe dei Due Mondi“, eine Festung sowie die Stadtmauern.
Der südliche „Finger“ ist nicht befahrbar, doch von Porto Ercole aus gelangt man zum einzigen wirklich schönen Strand Feniglia – lang, sandig und mit der nötigen Infrastruktur ausgestattet.
Übrigens suchte der Komponist Giacomo Puccini in der Nähe der südlichen Landverbindung bei Ansedonia Linderung für seine Lungenkrankheit – die er sich durch sein leidenschaftlichen Tabakkonsum zugezogen hatte. Der Torre Puccini ragt dort über dem Meer empor – jedoch ist es schwierig, dorthin zu gelangen. Uns gelang es nicht. Der Turm befindet sich angeblich im Privatbesitz und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Wer dann Lust auf ein wenig Nervenkitzel hat: Eine Rundstraße führt um Monte Argentario – nur teilweise asphaltiert, entsprechend schmal, aber mit spannenden Momenten und herrlichen Ausblicken.
Als Urlaubsziel ist dieses eher unauffällige Fleckchen Italiens bestens geeignet: zum Baden, Wandern oder als Ausgangspunkt für Ausflüge ins Umland – etwa nach Grosseto, Saturnia oder Tarquinia. Alles ist von hier aus gut erreichbar.