Ich sage voraus, dass ich immer ein Befürworter der Maßnahmen zum Eindämmen der Pandemie war, solange diese logisch, begründbar und verständlich waren. Ich bin ein Befürworter der Impfung, weil dies meiner Meinung nach der einzige Weg ist, wie man die Pandemie überwinden kann. Natürlich konnte man manche Sachen rationaler machen und zum Beispiel anstatt des wochenlangen Leugnens der Thrombosen, die mit der Impfung mit dem Vakzin Astra Zeneca verbunden waren, einfach zugeben, dass es diese Thrombosen gab und dass sie beinahe ausschließlich Frauen vor der Menopause betrafen und dass diese Gruppe aus der Impfung mit diesem Vakzin ausgenommen werden sollte.

Ich bin auch ein Befürworter des Tragens der FFP2 Masken in geschlossenen Räumen und ich bin überzeugt, hätte man in Sommer genug von diesen Masken gekauft oder produziert und gleich in Oktober das Tragen von ihnen befohlen, solange die Akzeptanz bei der Bevölkerung noch ausreichend hoch war, hätte man sich einen großen Teil des Lockdowns und viele Tote ersparen können.

               Niemals habe ich ganz verstanden, warum kleine Geschäfte geschlossen werden mussten (und die großen offenbleiben durften), solange Menschen dort die FFP2 Masken getragen hätten und auch nicht das Verbot der Unterkunft in den Appartements um die Schipisten, die im Betrieb bleiben durften. Möglicherweise spielte hier die Angst, dass die Menschen in den Appartements sich gegenseitig besuchen und zusammen trinken würden, eine Rolle. Warum man im Freien kein Doppel beim Tennis spielen darf, verstehe ich auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Beinahesenior beim Single verletzen könnte, ist tausendmal höher als sich dabei mit Covid anzustecken. Aber o.k. Verboten ist verboten, dann spielen wir halt nicht.

               Trotz dieser Einwände war ich für das Einhalten der Regel. Bis ich mich entschieden habe, meine Mutter in Tschechien zu besuchen. Es war nämlich nach einem halben Jahr bei ihrem Alter von 84 Jahren schon dringend notwendig. Dafür musste ich aber die österreichisch-tschechische Grenze überqueren. Weil ich ein disziplinierter Bürger bin, entschied ich mich, es nach den gegebenen Regeln zu tun. Und das zeigte mir die Absurdität des gesamten Systems.

               Ich muss zuerst klarmachen, dass ich seit Februar geimpft bin – dieses Privileg habe ich mir durch die Arbeit auf der Intensivstation bei den Covidpatienten verdient. Ich habe eine Bestätigung über die Anwesenheit der Antikörper gegen Coronavirus in meinem Blut, also über eine ausreichende Immunisierung und wie wir wissen, reduziert die Impfung auch die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Virus anzustecken und das Virus weiter zu verbreiten um sagenhafte 96%. Diese Tatsache wird aber nirgends berücksichtigt, sie spielt bei den Vorschriften, die die Bewegungsfreiheit einschränken, keine Rolle.

               Der Übertritt der Grenze ist nur mit einem negativen Antigentest aus den letzten 24 Stunden möglich. Das ist kein so großes Problem, weil ich im Krankenhaus arbeite, wo ich ohnehin zu wöchentlicher Testung verpflichtet bin. Es ist mir gelungen auch bei einer wahnsinnigen Arbeitsbelastung im letzten Moment noch unseren Laborassistenten Laszlo zu erwischen, der diese Tests am Freitag machte, noch bevor er den Testraum verließ. Er war sehr lieb, machte bei mir den Test und ich durfte nicht vergessen vor dem Verlassen meines Arbeitsplatzes die Bestätigung auszudrucken.

               Bereits am Donnerstag füllte ich in der Webseite der tschechischen Botschaft in Österreich ein Onlineformular über meine Absicht, die Tschechische Republik zu besuchen, aus. Es war ziemlich lustig. Als ich den Ort Starojicka Lhota angegeben habe, den ich besuchen wollte, bekam ich eine Antwort, dass dieser Ort unbekannt wäre. Ich gab also die benachbarte Marktgemeinde Stary Jicin an. Wieder mit einem negativen Ergebnis. Ich gab die Bezirkshauptstadt Novy Jicin an. Der Computer kannte nicht einmal diese Stadt, er verlangte von mit um so energischer das wahre Ziel meiner Reise anzugeben. Aus Verzweiflung gab ich die Kreishauptstadt Ostrava an. Siehe, der Computer kannte das. Die nächste Frage war, ob ich mit einem Kind jünger als 18 Jahre reisen würde. Ich klickte „nein“ an und sandte das Formular ab. Die Stelle wurde bedrohlich rot und verlange „mindestens ein Kind unter 18 Jahre anzugeben.“ Ich wurde unsicher. Ich kontrollierte, ob ich nicht zufällig bei der Frage, ob ich mit Kindern reise, das „ja“ aktivierte. Nein, aktiviert war der Punkt „nein“. Ich sandte das Formular erneut ab und der Computer schrieb mir das gleiche. Ohne mindestens ein Kind unter 18 Jahre keine Einreise nach Tschechien! Ich begann nachzudenken, wo ich mir so ein Kind ausborgen könnte und ob es mit mir fahren möchte.

               Die rettende Idee war, die Seite zu verlassen und dann wieder zu öffnen. Jetzt verlangte das Formular kein Kind mehr. In diesem Moment fiel mir ein, die deutsche Tastatur auf meinem Computer gegen die tschechische auszutauschen. Damit hatte ich die „Striche und Hackerl“ zur Verfügung. Ich gab „Starý Jičín“ an – und es hat funktioniert! Wie das ein Österreicher machen soll, der diese Tastatur auf seinem Computer logischerweise nicht hat, weiß ich nicht. Die Österreicher und Deutschen müssen also nur nach Praha, Brno, oder Ostrava fahren, also in die Ortschaften, die in ihren Namen keine Striche und Hackerl haben.

               Ich durfte also die Reise antreten. An der Grenze kontrollierte mich niemand, kein Zollbeamte war in Sicht, weder an der österreichischen noch an der tschechischen Seite. Obwohl auf meinem Beifahrersitz ein ausgefülltes und ausgedrucktes Formular, mein Impfpass, sowie auch die Bestätigung über den negativen Antigentest lag.

               Nur an der ersten Tankstelle verstand ich, dass ich noch nicht gewonnen habe. Mein Wunsch, eine Autobahnvignette zu kaufen, wurde abgeschlagen. Es wäre nur online möglich. Ich muss betonen, dass ich ein Analogtyp bin und das Internet auf dem Handy hasse – schon deshalb, weil dort alles sehr klein ist und ich dort kaum etwas lesen kann. Die Dame an der Tankstelle war aber sehr lieb und teilte mir mit, dass man die Vignetten an den Tankstellen der Firma Eurooil kaufen könnte, allerdings befand sich im Umkreis von 100 Kilometer keine solche Tankstelle. Dann verriet sie mit aber, dass es an der Grenze einen Automaten gab. Ich müsste nur zurück zur Grenze fahren, an den LKW-Abstellplatz abbiegen und dort gäbe es den Automaten, wo man die Autobahnvignette kaufen konnte. Sie gab mir sogar eine Zeichnung, wie ich den Automaten finden konnte, weil „er ist versteckt, damit ihn die Menschen nicht finden“ (Ende des Zitates). Dank dieser Zeichnung fand ich den Automaten wirklich. Von beiden Seiten mit Schranken unzugänglich gemacht, damit man mit dem Auto nicht hinkommen konnte. Der Einkauf der Vignette war selbsterklärend und einfach – sogar für eine analoge Person wie mich – und die Vignete ist für Dauer eines Jahres gültig, also nicht nur für das Kalenderjahr. Das war die erste positive Überraschung. Wie aber diese Situation ein gebürtiger Österreicher oder Deutscher meistern kann, der der tschechischen Sprache nicht mächtig ist, blieb für mich ein Rätsel.

               Ich kam zu meiner Mutter und trat die verpflichtende fünftägige Quarantäne an. Dem negativen Test, Impfung und Antikörpernachweis zum Trotz. Freilich gab es eine Möglichkeit sich aus der Quarantäne durch einen negativen PCR-Test freitesten zu lassen. Beim besten Willen konnte ich aber in dem ganzen Nordmährischen- sowie auch Olmützerkreis, also im Umkreis ca. 150 Kilometern, keine einzige Teststelle finden, wo man sich zwischen Freitag und Montag 16 Uhr testen lassen konnte. Also habe ich auf der Webseite einen Termin in Nový Jičín für Montag, 16 Uhr reserviert. Bis zu diesem Zeitpunkt durfte ich das Haus meiner Mutter nicht verlassen und keine Besuche empfangen. Bezahlen musste man direkt bei der Bestellung online, ob man dann auch zu dem Termin kommt, war meine Sache. Die Kosten 1350 Kronen – ungefähr 54 Euro.

               Am Montag ließ ich mich testen und nach dem negativen Ergebnis erhielt ich die Bewegungsfreiheit. Theoretisch, nicht praktisch. Das Ergebnis erhält man nämlich binnen 48 Stunden. Also konnte ich eigentlich zu keinem, weder früheren noch späteren, Termin als am Montag zum Test gehen, weil sonst bis Mittwoch, als ich zurückfahren musste, das Ergebnis nicht fertig wäre. Es ist sicher gut, dass das Testergebnis 72 Stunden gültig ist, damit kann man zumindest 24 Stunden Freiheit genießen. Genießt man aber nicht, weil Mittwoch der letzte mögliche Tag war, zurückzufahren, damit man die fünftägige Pflichtquarantäne in Österreich antreten konnte. Der Grund?

               Trotz der Impfung, der nachgewiesenen Antikörper und des aktuellen negativen PCR-Tests musste man für weitere fünf Tage in der Quarantäne zu Hause sitzen, um sich dann am Sonntag wieder testen zu lassen, um in die Arbeit gehen zu dürfen. Sonst wäre der Arbeitsgeber nicht verpflichtet, das Gehalt zu zahlen, wenn ich die ganzen vorgeschriebenen zehn Tage zu Hause bleiben würde. Abgesehen davon, wer an meiner statt inklusiv der Nachtdienste arbeiten würde. Natürlich musste ich vor der Abfahrt in Richtung Österreich wieder ein Onlineformular ausfüllen, damit die österreichischen Behörden wussten, dass sich so eine brandgefährliche Person in Richtung österreichische Grenze in Bewegung setzt.

               An der Grenze kontrollierten mich österreichische Zollbeamten. Sie waren sehr freundlich, zuvorkommend, aber genau. Sie verlangten den Reisepass, das Zertifikat über den PCR Test und die Registrierung. Dabei haben sie entdeckt, dass ich ein falsches Formular ausgefüllt habe. Wo das richtige im Internet zu finden ist, habe ich keine Ahnung. Sie waren allerdings bereit sogar das richtige Formular mit den Daten, die ich in das falsche Formular geschrieben habe, selbst auszufüllen. Es hat gereicht, es zu unterschreiben und dann die Heimreise anzutreten – in die fünftägige Quarantäne. Also grobgerechnet: wenn man nur einen einzigen Tag in Tschechien verbringen möchte, muss man mindestens 10 Tage Urlaub nehmen.

               Solche Maßnahmen, die auch eine geimpfte Person einhalten muss, haben mit einem Hausverstand nichts zu tun. Es ist einfach nur ein Machtspiel und ein Mobbing des Bürgers. Sogar die Verfassungsjuristen machen sich Gedanken, ob es vertretbar ist, die Freiheit eines Menschen, der nachweislich nicht mehr ansteckend sein kann, so massiv einzuschränken. Nur unsere Regierungen nicht! Von der tschechischen und österreichischen Seite gleichermaßen. Ist das nur ein Zufall, dass diese Regierung immer wieder Probleme mit der Verfassung und dem Verfassungsgericht hat? Die Symmetrie der Maßnahmen zeugt allerdings davon, dass diese unsinnigen Maßnahmen nach einer Einigung beider Seiten (der tschechischen und der österreichischen) beschlossen wurden. Wenn man schon die Reisen zwischen den EU-Staaten nicht verbieten konnte, machte man sie zumindest unmöglich. Es ist klar, dass jeder, der diese alle Regel einhalten würde (mein Beispiel) sich logischerweise wie ein Trottel fühlen müsste. Es wundert mich nicht, dass die absolute Mehrheit der Menschen solche Vorschriften ignoriert. Fatal ist aber eine andere Sache. Wenn man schon bestimmte Regel, die man wirklich nicht einhalten kann, ignoriert, hält man sich auch an die anderen Regeln nicht. Weil sie von den gleichen Personen, also von unseren Politikern bestimmt wurden. Von denen, die um unsere Stimmen kämpfen werden. Ich sage gleich, meine haben sie schon verloren.

               Ich mag niemanden, der einen Dummkopf aus mir machen will. Weil ich mich in meiner Würde beleidigt fühle.

               Ich bin sehr gespannt, wie es die Regierung mit dem Frohleichnam regeln würde, wo sich schon halb Österreich Unterkünfte in Norditalien gebucht hatte. Wenn sich nichts ändern würde, dann verbringen sie alle bei der Rückkehr mindestens 24 Stunden an der Grenze bei den Kontrollen und danach 5 Tage in der Quarantäne. Abgesehen davon, ob es genug PCR Tests in Grado geben würde. Ich wünsche einen schönen und entspannten Aufenthalt. Zumindest werden sie aber wissen, wem sie dafür zu danken haben.

NACHTRAG. Gestern habe ich erfahren, dass eine Lockerung der Maßnahmen kommen sollte. Infolge der Äußerungen der Verfassungsjuristen oder wegen Frohleichnam? Für mich aber definitiv zu spät.

2 Comments on Die Reise über die Grenze in den Coronazeiten

  1. Ein Albtraum!

    Da ist das Reisen nach Spanien und wieder zurück ein Kinderspiel,obwohl es auch nervenraubend ist.
    Den Test für meine Rückkehr nach Österreich erhielt ich von der Klinik in Cartagena um 22 30h am Abend vor der Abreis

    • Musstest du dann in Österreich nicht in die Quarantäne?
      Jedenfalls willkommen zu Hause. So, wie ich das beschrieben habe, ist es, wenn die Regel von “nicht gerade kompetenten” Politikern und Beamten geschrieben werden. Vielleicht würden wir uns bessere verdienen.

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