Schon wieder Sputnik! Unser Kanzler will nicht loslassen und er kündigt schon wieder eine Million Dosen dieses Impfstoffes an. Ist Sputnik V ein gutes oder ein schlechtes Vakzin? Ist es ein Teil des hybriden Krieges, den Russland gegen die EU führt oder ist diese Hypothese nur ein hysterischer Schrei der Gegner Putins?

               Dass Sputnik V ein Politikum ist, entschieden die Russen selbst in dem Moment, als sie dem Vakzin seinen Namen gaben. Das Sputnik war doch einer der größten Erfolge der sowjetischen Wissenschaft, als sie ihre Überlegenheit im Kampf um das Weltall über die USA demonstrierte. Übrigens Sputnik V brachte ins All zwei Hündinnen Belka und Strelka gemeinsam mit 40 Mäusen und 2 Ratten und es ist das erste Mal gelungen, lebende Wesen wieder zurück zur Erde zu holen. (Die erste Hündin Laika in Sputnik II wurde ins All nur geschossen, ohne mit einer Rückkehr überhaupt zu rechnen). Strelka hatte später sechs Welpen, ein davon, Puschinka, wurde Caroline Kennedy, der Tochter Johns F. Kennedy geschenkt. Aber das nur am Rande.

               Wenn man also einen Impfstoff mit einem Namen benennt, der ein Symbol für die größten Erfolge der Geschichte bei der Bemühung die Welt zu beherrschen ist, gibt man der ganzen Sache vorhinein eine politische Bedeutung. Schon hier sieht man eindeutig den Grund, warum dieser Impfstoff von Russen so aggressiv vermarktet wird. Obwohl damit zu Hause weniger als 3% der Bevölkerung geimpft wurde. Der Schutz der eigenen Bevölkerung ist offensichtlich nicht das primäre Ziel dieses Vakzins.

               Lassen wir aber Emotionen bei Seite (wenn es überhaupt möglich ist) und betrachten wir nur die sachliche Seite der ganzen Angelegenheit.

               Die Idee des Impfstoffes Sputnik V ist grundsätzlich nicht schlecht. Es handelt sich um einen Vektorimpfstoff, er arbeitet also auf einem ähnlichen Prinzip, wie es auch die Wissenschaftler von der Universität Oxford für die Firma Astra-Zeneca entwickelt haben. Es handelt sich um ein genetisch manipuliertes Adenovirus, das sonst bei Menschen für die üblichen respiratorischen Infekte verantwortlich ist. Dieses Virus wurde auf seiner Oberfläche so verändert, dass es wie Coronavirus aussieht aber trotzdem die Eigenschaften eines harmlosen Adenovirus behält. Er verursacht also einen leichten respiratorischen Infekt, den man kaum bemerken würde, es werden aber dadurch Antikörper gebildet, die im Falle, dass man mit dem echten Coronavirus angesteckt wird, dieses Virus unschädlich machen. Es geschieht gerade wegen dieser Ähnlichkeit der Oberfläche des Virus im Impfstoff mit dem Coronavirus-Original, die das menschliche Immunsystem voneinander nicht unterscheiden kann. Die Schwachstelle der Vektorvakzinen ist die Tatsache, dass, wenn man einen Infekt mit dem Adenovirus bereits in seinem Leben durchgemacht hat, und das Virus dem Immunsystem dadurch bekannt ist, keine Antikörper gebildet werden und man gegen Coronavirus schutzlos bleibt. Um diese Tatsache zu umgehen, verwendeten die Wissenschaftler von Oxford ein Virus, das Infektionen bei Schimpansen, nicht aber bei Menschen verursacht. Die Russen verwendeten zwar ein menschliches Adenovirus, zur Sicherheit gibt es aber in dem Impfstoff zwei Stämme, was die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Infekt mit beiden Typen des Adenovirus durchgemacht hat, reduziert. Natürlich, je älter der Mensch ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er bereits beiden Viren begegnet ist, diese Tatsache ist aber nicht wirklich bedeutend, da die Hauptzeit des menschlichen Lebens, in der man Infekte mit Adenoviren durchmacht, die Zeit von Kinderkrippe, Kindergarten und der Volksschule ist.

               Der Idee kann man nichts vorwerfen, das Prinzip sollte funktionieren. Es gibt aber ein anderes Problem und das ist die industrielle Produktion des Impfstoffes. Über das Niveau und die Qualität der russischen industriellen Produktion ist einiges bekannt. Gerade die fehlende Qualität der Produkte ist der Hauptgrund, warum Russland auch in dem einundzwanzigsten Jahrhundert in seinen Exporten überwiegend nur bei Erdgas und Erdöl bleiben muss. Nur in einem Industriezweig erreichen die Russen eine Spitzenqualität, und das ist die Waffenproduktion – sie gehören auf diesem Gebiet zu den größten Exportären. Meine Generation kann sich noch erinnern, wie die Produktion in den kommunistischen Ländern vor dem Jahr 1989 funktioniert hat. Wenn die Partei befahl und einen Plan erstellte, musste dieser unter allen Umständen eingehalten werden. Entscheidend war die gelieferte Menge der Produkte, ihre Qualität war absolut nebensächlich. Wenn es sich diesmal um ein strategisches Produkt handelt, das dem Russland Putins helfen sollte, die Welt zu beherrschen oder zumindest ein Gefühl der Dankbarkeit und der Bewunderung zur Folge haben sollte, muss der Plan unter allen Umständen eingehalten werden. Diese Denkweise war auch die Ursache der Katastrophe von Tschernobyl. Ich glaube nicht, dass sich in dem russischen Denken in diesem Punkt zwischenzeitlich etwas geändert hätte.

               Also sie wichtigste Frage ist, wie weit stimmt der produzierte Stoff mit dem experimentalen Stoff, der im Labor entwickelt und danach angeblich an den Soldaten und Staatsbeamten, sowie auch in drei Ländern, nämlich in Venezuela, Weißrussland und Indien geprüft wurde, überein. Die Glaubwürdigkeit der Studien zweifelte etwas unglücklich Vladimir Vladimirovic selbst an, als er erklärte, dass der Stoff eine Wirksamkeit von über 90% hätte, noch bevor die Zulassungsstudie überhaupt begonnen hatte. Dass die Ergebnisse seine Ankündigung bestätigt oder sogar übertroffen haben, hat niemanden, der russische Verhältnisse kennt, gewundert. Nur Zweifel konnte das nicht zerstreuen. Es gibt kaum einen russischen Arzt, der Ergebnisse liefern würde, die die Worte des obersten Führers nicht bestätigt hätten. In Russland sterben Ärzte aus viel kleineren Gründen, wie zum Beispiel der betreuende Arzt von Alexej Navalny in Omsk, oder die Direktoren der Krankenhäuser, die sich geweigert haben, ihre Krankenhäuser zu Covid-Spitäler umzuwandeln, solange sie keine Schutzmittel für das Personal bekommen würden.

               Hier sind wir genau bei dem Problem angelangt. Funktioniert der industriell erzeugte Sputnik oder nicht? Ist er mit dem überprüften experimentalen Stoff ident oder handelt sich um ein Fläschchen mit einem Stoff, der zwar nicht schadet, aber auch nicht hilft? Ein peinlicher Rückschlag für Sputnik war eine Covid-Erkrankung des argentinischen Präsidenten, der sich bereits im Januar vor den laufenden Kameras mit Sputnik impfen ließ. Ungarn, das mit Sputnik schon einige Monate impft, hat gegenwärtig die höchste Sterblichkeit (umgerechnet auf die Bevölkerungszahl) weltweit. Das Land hat unter der weisen Führung des Diktators Viktor, der sich dafür vom Parlament alle Rechte zusichern ließ und für die Zeit der Epidemie keine parlamentarische Kontrolle fürchten muss, wirklich den westlichen Nachbar Tschechien in der Disziplin „Best of Covid“ überholt und vom ersten Platz in der Zahl der Toten abgelöst. Es drängt sich die Frage auf, wie ist es möglich, dass bei der hohen Impfungsrate der ungarischen Bevölkerung die Sterblichkeit nicht sinkt, sondern sogar steigt. Kann es sein, dass eine nicht funktionierende Scheinimpfung den Menschen ein falsches Sicherheitsgefühl bietet? Funktioniert sie dann überhaupt? Die Infektionszahlen explodieren derzeit auch in der Türkei, in Brasilien und Indien – alle Länder, die auf Sputnik bei der Impfung gesetzt haben. Die Türkei hat auch mit chinesischem Vakzin Sinopharm geimpft, die Chinesen gaben inzwischen ehrlich an, dass dieses Vakzin beinahe wirkungslos ist.

               Die Vektorvakzinen lösen meistens eine Impfreaktion aus, also Symptome einer Infektion mit Adenovirus. Leider auch unangenehme Nebenwirkungen. Weil sich hier um ein genetisch manipuliertes Coronavirus handelt, das ein Weltmeister in Bildung von Blutgerinnsel (also Thrombosen) ist, erschienen ziemlich logisch (obwohl sehr selten, aber mit der Impfung in einem eindeutigen Zusammenhang stehende) Thrombosen in den Gliedmaßen, in der Lunge und leider auch in den Sinusvenen im Hirn.  Diese Komplikationen könnten sogar tödlich sein. Zum 15. April wurde weltweit 86 Thrombosen der Hirnvenen registriert (bei 26 Millionen geimpften), 19 davon endeten tödlich. Neu wurden sehr seltene Thrombosen auch bei der Impfung mit dem Impfstoff von Johnson und Johnson registriert. (Ebenfalls ein Vektorimpfstoff). Sputnik arbeitet auf dem gleichen Prinzip, über das Auftreten von Thrombosen fehlen bei diesem Stoff jegliche Zahlen. Ein ungarischer Kollege meines Schwiegersohnes wurde mit Sputnik geimpft, ohne die geringsten Nebenwirkungen zu verspüren. Keine erhöhte Temperatur, keine Gliederschmerzen – mein Schwiegersohn lag nach der Impfung mit Astra Zeneca einen Tag im Bett. Verlässliche Informationen über die Zahl der Menschen, die trotz einer Impfung mit Sputnik an Covid-19 erkrankten und über die Zahl der Thrombosen in Zusammenhang mit dieser Impfung können wir von den staatlich kontrollierten ungarischen Medien nicht erwarten. Sputnik ist doch ein Herzensprojekt Viktor Orbans. Aus Russland gibt es dann überhaupt keine Daten bezüglich der Nebenwirkungen.

               Verlässliche Informationen gibt es nicht, symptomatisch ist, dass die Russen weder der EMA noch dem slowakischen Institut für Medikamentenzulassung die benötigten Unterlagen lieferten. Die größte Blamage war es, als die Slowaken festgestellt haben, dass der gelieferte Stoff eine andere Zusammensetzung hatte als der Stoff, dessen Ergebnisse in der Zeitschrift Lancet publiziert wurden. Es folgte eine wütende russische Reaktion, die Russen wollten ihren Stoff sofort zurück. Unter dem Vorwand, dass die Slowaken den Stoff überprüfen lassen habe, obwohl es angeblich in dem (geheimen) Vertrag ausdrücklich verboten war.  Laut einer Umfrage würden sich 53 000 Slowaken ausschließlich mit Sputnik impfen lassen, weitere 500 000 wären damit einverstanden, sollte kein anderer Impfstoff zu Verfügung stehen.

               Wie ein Geschenk Himmels konnten die Russen die tragische Darstellung der Firma Astra-Zeneca hinnehmen, die nicht im Stande war, die vereinbarte Mengen des Impfstoffes zu liefern und dann kamen die Berichte über tödliche Komplikationen noch dazu. Eine ganze Reihe der europäischen Staaten stützten ihre Impfstrategie gerade auf diesen Impfstoff.

               Interessant war die Meinung eines deutschen Epidemiologen, der meinte, er hätte nichts gegen Impfung mit Sputnik – wenn dieser unter kontrollierten Bedingungen in Deutschland produziert wäre. Damit kann man einverstanden sein. Das Patent ist nicht schlecht, die russische Wissenschaft ist nicht notwendig prinzipiell abzulehnen. Nur mit der Qualität und mit der Glaubwürdigkeit haben die Russen ein traditionelles Problem.

               Natürlich drängt sich die Frage auf, warum Kanzler Kurz immer wieder mit der Sputnik-Karte spielt. Er hat bestimmte Versprechungen gemacht und die sind wahrscheinlich mit den westlichen Vakzinen (besonders bei den Problemen mit Astra Zeneca) nur schwer einzuhalten. Aber Impfung ist nicht nur hier, um die Impfstrategie durchzuziehen und dann den Erfolg abzuhacken. Sonst wird der Impfstoff zum bloßen Politikum. Es geht dabei nicht primär um die Punkte bei den Umfragen! In erster Linie sollte die Impfung vor der Erkrankung schützen. Derzeit sieht man das weder in Ungarn noch in Brasilien, Indien oder Türkei. Warum also sollte es in Österreich anders sein?

               Meiner Meinung nach gehört die Zukunft ohnehin den mRNA Impfstoffen. Die Vektor- und andere Vakzinen werden auf dem Markt nur eine untergeordnete Rolle spielen.

               Also ich halte Sputnik als Impfstoff in Österreich für keine gute Idee.

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