Nach vielen enttäuschten Hoffnungen mit verschiedenen Medikamenten (Hydrochloroquin oder Remdesivir) öffnet eine neue STOIC Studie der Forscher aus Oxford unter der Führung von Sanjay Ramakrischman, die am 9.4.2021 in der Zeitschrift Lancet publiziert wurde, neue Perspektiven.

               Diese allerdings kleine Studie mit lediglich 146 Patienten bewies eine klinische Besserung bei Probanden, die bei einer COVID 19 Infektion mit inhalativem Kortikoid Budesonid behandelt wurden. Diese Wirkung ist auch pathophysiologisch erklärbar, da inhalatives Kortikoid antientzündlich wirkt, die Expression des für den Eintritt in die Zelle notwendigen Angiotensin Converting Enzyme (ACE 2) in der Lunge reduziert und in Zellkultur-Experimenten die Replikation der Coronaviren hemmt.

               Die Ergebnisse sind ermutigend, allerdings müssen sie auch mit Vorsicht umgesetzt werden. Wie bereits gesagt, die Studie war sehr klein und der Endpunkt der Studie „weich“. Es handelte sich um die Anzahl der Patienten, die Hilfe in der Notambulanz gesucht haben. Im Studienarm mit Budesonid war es ein einziger Patient, im Arm mit der Standarttherapie ohne Budesonid waren es 14% der Probanden. (Ein „harter“ Endpunkt wäre zum Beispiel die Sterblichkeit, dafür war die Studie aber viel zu klein). Der Besuch der Notambulanz hängt sehr vom subjektiven Wohlbefinden des Patienten ab und liefert keine objektiven Kriterien. Trotzdem sind diese Ergebnisse ermutigend. NNT, das heißt die Zahl der Patienten, die behandelt werden müssten, um einen Besuch in der Notambulanz mit COVID 19 Infektion zu verhindern, lag bei acht, was eine sehr gute Zahl wäre.

               Diese Studie unterstützt auch die Beobachtung, dass bei Patienten mit Asthma bronchiale, die primär als Risikogruppe für schwere Verläufe der Covidinfekten definiert waren, die Erkrankungen eher mild verliefen und es gab keine erhöhte Sterblichkeit bei dieser Gruppe zu beobachten. Ein therapeutischer Versuch bei nachgewiesener Infektion mit COVID 19 mit Budesonid wäre also prinzipiell zulässig, obwohl auf größere klinische Studie ungeduldig gewartet wird.

               Pulmologen werden infolge dieser neuen Kenitnissen mit zwei grundlegenden Fragen von Seite ihrer Patienten konfrontiert.

               Erstens – ist es sinnvoll prophylaktisch, also auch ohne einer nachgewiesenen Covidinfektion Budesonid zu inhalieren? Hier gibt es ein klares „Nein“! Alle inhalative Kortikoide haben auch mögliche Nebenwirkungen, unter anderen eine erhöhte Gefahr von bakteriellen Lungenentzündungen oder Reaktivierung einer latenten Infektion mit Mykobakterien, also Tuberkulose.

               Zweitens – sollten Asthmatiker, die ein anderes inhalatives Kortikoid in ihrer Therapie verwenden, prophylaktisch auf Budesonid umgestellt werden? In der pulmologischen Praxis werden folgende Kortisonpräparate verwendet: Budesonid, Beclometason, Fluticason, Ciclesonid und Mometason. Ihre „Stärke“ wird als Koeffizient zu Referenzstoff Dexametason definiert und beträgt bei Budesonid 9,3, bei Beclametason 13,5 bei Fluticason 18. In der Halbwertzeit oder bei der Bindung an die Plasmaproteine sind alle Stoffe vergleichbar. Also man könnte zwar eine vergleichbare protektive Wirkung aller inhalativen Kortikoiden erwarten, obwohl dazu – wie die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) in ihrer Stellungnahme betont – derzeit keine klinischen Daten verfügbar sind. Daher ist zu vermeiden, die Ergebnisse der STOIC Studie auf die gesamte Klasse der inhalativen Kortikoiden zu projizieren.

Warum in der Oxford- Studie Budesonid gewählt wurde, hängt mit der engen Beziehung der Universität Oxford mit dem britisch-schwedischen Pharmakonzern Astra-Zeneca zusammen. (Auch die – derzeit viel diskutierte – Vakzine von Astra-Zeneca ist ein Produkt der Forscher aus Oxford). Und Astra-Zeneca verwendet in ihren inhalativen Asthmamedikamenten (Pulmicort, Symbicort) Budesonid als inhalatives Kortison. Es ist also notwendig, ähnliche Studien auch mit den anderen Präparaten durchzuführen, sowie aber auch eine viel größere klinische Studie mit inhalativen Kortikoiden fertig zu stellen. Das wäre auch die Voraussetzung, die Zulassung dieser Therapie durch EMA (European Medicines Agency) zu veranlassen. In einer solchen Studie mit 2617 Patienten, die noch nicht publiziert ist, allerdings bereit zur Veröffentlichung eingereicht wurde, wurde in dem Budesonidarm 8,5% stationäre Aufnahmen und Todesfälle in der Kontrollgruppe 10,3% solche Ereignisse beobachtet. Der Unterschied war statistisch signifikant, also Budesonid trug zur Verbesserung der Prognose bei.

Derzeit gibt es allerdings keine Notwendigkeit, die laufende Asthmatherapie, solange sie gut funktioniert und der Patient von der Seite seines Asthmas gut eingestellt ist, umzustellen.

               Laut der Stellungnahme der ÖGP ist es derzeit noch nicht seriös möglich, endgültige Schlüsse für die frühzeitige Behandlung von COVID-19 mit inhalativen Kortikoiden zu ziehen. In der Studie STOIC handelt sich allerdings um einen neuen ermutigenden Ansatz in der Suche nach einer wirksamen Therapie der Covid 19 Infektion.

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