Rom ist seit beinahe zweitausend Jahren ein Zentrum der kirchlichen und es war lange Zeit auch das Zentrum der weltlichen Macht. So war es seit dem achten Jahrhundert, als der fränkische König Pippin dem Papst im Gegenzug zu seiner königlichen Krönung ausgedehnte italienische Regionen in Mittelitalien als eine Basis der päpstlichen weltlichen Macht geschenkt hat. Diese erreichte  ihren Höhepunkt im sechzehnten Jahrhundert, als sie nach der Einnahme von Ferrara im Norden den Fluss Po erreichte. Die französische Armee unter Anführung von Napoleon nahm Rom für das französische Kaisertum ein, nach dem Wiener Kongress entstand der Kirchenstaat für kurze Zeit noch einmal. Im Jahr 1860 verlor er aber mit Ausnahme von Latium große Teile seiner Besitzungen an das neu entstandene italienische Königreich. Trotzdem durfte der Papst seine Unabhängigkeit unter französischem Schutz bis zum Jahr 1870 behalten. In diesem Jahr verlor er aber seine weltliche Macht um sich weiterhin nur um die Seelen der Gläubigen sorgen zu dürfen.

               Aus der Regel, dass der Name des römischen Patriarchs an der ersten Stelle unter den fünf kirchlichen Oberhäuptern vor Konstantinopel, Jerusalem, Alexandria und Antiochia geschrieben werden sollte, bauten Päpste allmählich ein Machtmonopol aus. Dies war natürlich dadurch begünstigt, dass die letzten drei genannten Sitze der Patriarchen unter arabische Macht gerieten und der Patriarch von Konstantinopel nach der Eroberung der Hauptstadt des Oströmischen Reiches von den Türken im Jahr 1453 nach dem weit entfernten Moskau umgezogen hat. Gerade am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, nach dem Sieg über die Konzilbewegung, die die päpstliche Macht einschränken wollte, haben die Päpste die Machtstellung eines uneingeschränkten Herrschers über die Welt genossen, nach der sie jahrhundertelang strebten. Sie demonstrierten diese Macht durch monumentale Bauten, die Menschen auf die Knie vor der päpstlichen Allmächtigkeit zwingen sollten.

               Die römische Kirche kennt sechs Kirchen in dem Rang „Basilica maior“. Zwei davon findet man in Assisi, der Rest ist in Rom. Sie sind den wichtigsten Personen des Neuen Testaments gewidmet, dem heiligen Johannes dem Täufer, der Jungfrau Maria und den Aposteln Petrus und Paulus. Möchten Sie die ganze Pilgerreise nach Rom absolvieren, dann sind die vier Basiliken maior durch weitere drei Pilgerkirchen ergänzt – „San Sebastiano fuori le mura“, „Santa Croce in Geruzaleme“ und „San Lorenzo fuori le mura“. Schon die Tatsache, dass zwei von diesen Kirchen (eigentlich mit dem heiligen Paulus drei) den Namen „hinter den Mauern“ haben, deutet an, dass sie vom Stadtzentrum ziemlich weit entfernt sind – das antike Rom war nämlich verdammt groß. Nur zum heiligen Paulus fährt die Metro, die anderen drei muss man zu Fuß oder mit Taxi erreichen.

               Jede dieser vier Basiliken ist einzigartig.

„San Giovanni in Laterano“ war jahrhundertelang der Hauptsitz des Papstes. Den Bau dieser Kirche wurde direkt vom Kaiser Konstantin dem Großen befohlen, seine Statue steht in der Vorhalle der Kirche. Das Grundstück spendete die Familie des Generals Sextus Lateranus, nach dem das Stadtviertel seinen Namen bekommen hat. Die Kirche unmittelbar bei der von Kaiser Aurelianus errichteten Stadtmauer war das Zentrum der katholischen Kirche bis zur Entführung des Papstes nach Frankreich am Anfang des vierzehnten Jahrhunderts. Auch heute noch hat diese Kirche in der kirchlichen Hierarchie eine höhere Stellung, als die des heiligen Petrus im Vatikan. Gerade hier findet am Gründonnerstag das Ritual der päpstlichen Fusswaschung statt. Als die Päpste nach mehr als siebzig Jahren im Jahr 1378 nach Rom zurückgekehrt sind, fanden sie ihre Basilika beinahe als Ruin und deshalb entschieden sie, in den Vatikan auf dem anderen Tiberufer zum Grab des heiligen Petrus umzusiedeln.

               Die Kirche im Lateran ist riesig. Es ist eine fünfschiffige Basilika. Sie wurde zwischen dem vierzehnten und neunzehnten Jahrhundert gebaut und umgebaut, trotzdem wirkt sie ziemlich kompakt. Im Zentrum der Kirche gibt es den päpstlichen Altar, an dem nach der Überlieferung die ersten Päpste, also auch der heilige Petrus, ihre Messen lasen. Seine heilige Reliquie sowie auch die Reliquie des heiligen Paulus befinden sich in zwei Büsten aus Silber, die sich unter dem über den Altar stehenden Baldachin befinden. In Rom haben Reliquien einen großen Wert. Historisch ist auch das Baptisterium der Laterankirche sehr wertvoll. Man findet es hinter der Kirche und dem Lateranpalast auf dem Platz mit einem der vielen römischen Obelisken – der von Lateran ist angeblich der höchste. Römer litten immer an einer Obsession für ägyptische Obelisken und man findet sie wortwörtlich überall, insgesamt 13 an der Zahl, wenn wir nicht den Obelisk auf dem „Foro Italico“ dazurechnen, den Mussolini in seiner E.U.R Stadt bauen ließ. Das Baptisterium ist architektonisch von außen interessant, innen ist mit Ausnahme der Porphyrsäulen nicht viel von der ursprünglichen Ausstattung geblieben. Es ist trotzdem aus historischer Sicht sehr bedeutsam. Hier wurden nämlich am 11.Februar 1929 die sogenannten Lateranverträge unterschrieben, es war der Tag der Entstehung des päpstlichen Staates im Vatikan.

Der Papst  hatte nämlich seit 1870, also seit der Besetzung Roms durch italienische Truppen, kein Stück Land, das er verwalten könnte und fühlte sich wie „Gefangener in eigener Stadt“. Alle Versuche, das italienische Parlament zu überzeugen, dem Heiligen Stuhl ein bestimmtes Gebiet zu übergeben, auf dem er seine Staatshoheit ausüben könnte, scheiterten immer wieder am Widerstand der linksorienterten Abgeordneten. Der Papst hat sogar aus Verzweiflung überlegt, seinen Sitz nach Wien zu verlegen. Nachdem Mussolini die Macht übernommen hatte, wurde die Lage deutlich einfacher. Papst Pius XI. hatte plötzlich zur Verhandlung nur mehr eine Person. Mussolini, der sich nach seinem faschistischen Staatstreich in einer internationalen Isolation befand, ergriff seine Chance. Dadurch, dass mit ihm die Vertreter des Heiligen Suhls im Baptisterium von Lateran den Vertrag über  Ausgliederung des Gebiets des Vatikans aus dem italienischen Königreich und Übergabe der Souveränität über dieses Gebiet an den Papst unterschrieben, war es gerade die katholische Kirche, die als erste das Regime Mussolinis juristisch anerkannt hat und ihn dadurch auch für andere Regierungen der Welt salonfähig machte. Eine weitere Folge war dann zum Beispiel die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft für das Jahr 1934 an Italien (das geschah im Jahr 1932), wo dann Italien mit einer massiven Hilfe des schwedischen Schiedsrichters Ivan Eklind (der bereits im Halbfinale geholfen hat, Österreich zu eliminieren) im Finale die Tschechoslowakei besiegte und das erste Mal Weltmeister wurde.

               Gleich neben dem Eingang in die Kirche befindet sich die „Scala Santa“. Es soll sich um die Treppe handeln, auf der Pontius Pilatus Christus verurteilte. Die Kaiserin Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, ließ auf ihrer Pilgerreise nach Jerusalem im Jahr 326 die Treppe der Festung Antonia zerlegen und auf Schiffen nach Rom transportieren, wo sie den Eingang in die Kirche in Lateran bilden sollten, die ihr Sohn gerade bauen ließ. Schon damals durfte man diese Treppe nur kniend betreten. Heute steht sie außerhalb der Kathedrale vom Lateran, also man kann die Kirche betreten, ohne sich an Kniegelenken weh zu tun. Die „Scala Santa“ kann man separat besuchen und auf den Knien besteigen. Wenn man die Werbung von Toyota hybrid auf der Fassade des Gebäudes ausblenden konnte, war das ein Ort mit mystischer Bedeutung und Atmosphäre.   Auch heutzutage ist es möglich, die Treppe nur kniend und betend zu besteigen. Obwohl die ursprüngliche Steintreppe mit einer Holzverkleidung abgedeckt ist, bis man die oberste Treppe  erreicht, tun die Knien ordentlich weh. Es ist ein für Gebet und Meditation bestimmter Platz, man darf hier ohne Blitz fotografieren, das Filmen ist allerdings streng verboten, damit Menschen, die die Treppe gerade im Gebet besteigen, in ihrer Meditation nicht gestört werden.

               Die berühmteste Kirche nicht nur in Rom aber weltweit ist natürlich der Petersdom im Vatikan (italienisch „San Pietro in Vaticano“). Als Papst Julius II. die alte mittelalterliche Kirche im Vatikan niederreißen ließ, protestierten die Römer sehr hektisch, weil sie befürchteten, dass ein neues Gebäude niemals gebaut wird. Das Ergebnis kennen wir alle und es ist sehr imposant. Obwohl gerade der Bau dieser Kirche die Reformation startete, die den Verfall der päpstlichen Macht eingeläutet hat. Die Päpste überschätzten in ihrem Gefühl der Unverletzlichkeit ihre Kräfte. Gerade der Petersdom ist ein Beweis dafür – laut der Parkinsonsgesetze bauen Staaten und Regime die großartigsten Gebäude gerade in der Zeit, in der ihre Macht zu zerbröckeln beginnt. Der Petersdom mit seiner riesigen Kuppel, entworfen von Michelangelo Buonarotti und mit der Kolonnade auf dem Platz vor der Kirche von Bernini, verdient sich natürlich eine Menge Superlative. Sie ist die größte, die höchste und in der Gegenwart auch die wichtigste Kirche des Christentums, wo über das Grab des heiligen Petrus unter einem Baldachin von Bernini nur der Vertreter Christi, also der Papst selbst oder ein von ihm beauftragter Kardinal, Messe lesen darf. Es ist allerdings möglich, die Messe im hinteren Teil der Kirche zu besuchen, die haben einen ganz normalen  pompöse freien Verlauf und das Licht der Nachmittagssonne, das hier durch das Fenster mit Abbildung des Heiligen Geistes durchdringt, verleiht diesem Erlebnis einen wahren mystischen Schein. Der Aufstieg auf die Kuppel ist interessant, man steigt auf einer Wendeltreppe unter der Kuppel empor und tief unter ihm wimmelt es von Touristen oder es wird Messe gelesen.  In der Kirche selbst ist möglich, neben vielen anderen Statuen die „Pieta“ von Michelangelo zu bewundern oder man kann am Grab von Johannes XXIII. beten. Andere Päpste, inklusiv Johannes Paulus II., sind in der Krypta begraben, der Eingang ist auf der gegenüber liegenden Seite des Eingangs zum Kuppelaufstieg.

Hinter der Kirche befindet sich dann der Vatikan, also der Sitz des Papstes, der einen eigenen Bahnhof und ein Postamt hat und wo nur sehr wenig Zivilpersonen leben dürfen – die absolute Mehrheit der Beamten verlassen den Vatikan abends nach der Arbeit.  Zum Vatikan gehören natürlich auch das Vatikanmuseum, die größten Kunstsammlungen in Rom, der Besuch wird durch den Besuch der Sixtinischen Kapelle gekrönt. Wenn man aber erwartet, das man dort allein oder in der Gesellschaft von ein paar Dutzenden Touristen die Fresken bewundern  könnte, wird man sehr enttäuscht sein. In dem kleinen Raum drücken sich Hunderte Leute, das Fotografieren oder Filmen ist verboten und aus dem Lautsprechen hört man jede Minute „Psst, Silencio“. Das alles auszublenden und die Schönheit der Fresken an den Wänden zu genießen, erfordert sehr viel psychische Widerstandfähigkeit.

               Die dritte Basilika maior ist „San Paolo fuori de Mura“,.

Sie wurde auf der Stelle gebaut, wo der heilige Paulus hingerichtet wurde und wo er sein Grab hat- zumindest ein Teil davon kann man in der Krypta unter dem Altar sehen –  sein Sarkophag mit Anschrift „PAULO APOSTOLO MART“ wurde bei Ausgrabungen im Jahr 2006 entdeckt. Obwohl die Sankt Paulus Kathedrale vom Stadtzentrum ziemlich weit entfernt ist (Paulus wurde auf dem Weg nach Ostia außerhalb der Stadtmauern hingerichtet, wie es sich für einen römischen Bürger gehörte – diese durften nämlich nicht innerhalb den Stadtmauern hingerichtet werden), es führt dorthin aber eine Metrolinie und die Metrostation ist von der Kirche nur einen Steinwurf entfernt. Die Kathedrale war bis zur Vollendung des Petersdoms die größte Kirche der Welt, sie ist auch eine fünfschiffige Basilika, die Hauptattraktion sind Portraits  aller Päpste vom heiligen Petrus bis zu Franciscus. Einer Legende nach sollte  der Weltuntergang kommen, wenn das letzte Medaillon an der Wand gefüllt wird. Weil es bereits wirklich drohte, bauten kreative Italiener einige weitere Medaillons dazu – und der Weltuntergang wurde dadurch  – vorläufig – vertagt.

               Die schönste der vier Basiliken ist die „Santa Maria Maggiore“.

Diese umwerfende Kirche in der Nähe des römischen Hauptbahnhofs Termini blendet durch ihre Innenausstattung. Sie wirkt sehr kompakt und kann Menschen wirklich begeistern. Die Decke wurde von Papst Alexander VI. Borgia mit dem ersten Gold, das nach Rom aus der Neuen Welt, also aus Amerika gebracht worden ist, geschmückt. Es ist die einzige Kirche, wo seit dem fünften Jahrhundert ununterbrochen täglich Messe gelesen wird. Einer Legende nach erschien am 5.August 352 dem Papst Liberius die Mutter Gottes und befahl ihm, die Kirche auf einer Stelle zu bauen, wo in der kommenden Nacht Schnee fallen würde (in August, wohlbemerkt!). Weil es dann auf dem Hügel Esquilin wirklich in der kommenden Nacht schneite, ließ der Papst auf diesem Platz zu Ehre der Jungfrau Maria diese Kirche bauen. Das Innere der Kirche ist einfach umwerfend. Den Baldachin über dem Altar tragen viere Porphyrsäulen, die hierher aus der Villa Kaisers Hadrians in Tivoli gebracht worden sind. Für eine unverschämte Gebühr kann man die barocke Treppe von Bernini und die „Sala dei Papi“, sowie auch die Mosaiken in der Loggia im ersten Stock der Kirche besuchen. Das unauffällige Grab des großen Meisters Bernini befindet sich unter einer Treppe seitlich vom Altar.

               Der größte Schatz der Kirche ist aber die Ikone der heiligen Mutter Gottes „Salus Populi Romani“, also „Heil des römischen Volkes“, die man in der Borghese-Kapelle findet. 

Sie sollte persönlich von heiligem Evangelisten Lukas gemalt worden sein und wurde unter Papst Sixtus III. (432 – 440) nach Rom für die bereits bestehende Basilika gebracht. Sie darf nur zu besonderen Anläsen die Kirche verlassen, wie diese Woche, als vor ihr Papst  Franciscus in Vatikan für das Ende der Coronavirus-Pandemie betete. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns zu wünschen, dass das heilige Bild seine Wunderkraft wieder einmal zeigen würde.

               Außer diesen vier Basiliken gibt es in Rom natürlich Unmenge Kirchen, die eines Besuchs wert sind. Unterwegs vom Lateran zum Kolosseum, also in Richtung Zentrum, geht man an der Kirche des heiligen Klemens vorbei. Die Kirche ist dem dritten Nachfolger des heiligen Petrus, Klemens, geweiht, einem Papst, der einen Märtyrertod auf dem Krim gestorben ist, wohin ihn Kaiser Traianus verbannte. Die Kirche ist mit alten Fresken geschmückt (Die Kirche wurde nach ihrer Zerstörung durch die Normanen im Jahr 1084 im zwölften Jahrhundert neu gebaut), hat das klassische Atrium, also eine Architektur eines römischen Tempels.

Interessant ist sie auch dadurch, dass die sterblichen Überreste des heiligen Klemens die mährischen Missionare Konstantin und Methodius nach Rom gebracht haben. Deshalb wurde dann gerade im Heiligen Klement als einer der fünf römischen Kirchen Messe in der altslawischen Sprache gelesen, die vom Papst Hadrian als die fünfte liturgische Sprache (neben Latein, Griechisch, Hebräisch und Armenisch) anerkannt worden ist. In der Krypta der Kirche befindet sich das Grab des heiligen Cyrilos (das ist der Name Konstantins, den er nach dem Eintritt in den Kloster angenommen hat) und noch eine Etage tiefer entdeckten die Archäologen einen Tempel des Gottes Mithras. Die christliche Kirche wurde offensichtlich an der Stelle einer alten Patriziervilla gebaut, deren Besitzer den Kult des Mithras betrieben. Gerade in den ersten Jahrhunderten nach Christi wettfeierten Mithras und Christus um die dominante Position im geistigen Leben der römischen Gesellschaft. Der Polytheismus war zu dieser Zeit schon weitgehend überwunden, Menschen wollten nur an einen Gott glauben, der der damaligen, bereits zentralisierten römischen Gesellschaft besser entsprach. In dem Wettkampf zwischen Mithras und Christus hat Christentum gesiegt – aus einem einfachen Grund – zu den Mysterien von Mithras wurden nur Männer zugelassen, Frauen waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Das Christentum setzte auf Frauen und ihre Gleichberechtigung – und siegte. Später, als der Sieg sicher war, hat die Kirche dieses Prinzip verlassen.

               Es gibt so viele Kirchen im Rom, dass nur ein Versuch, sie aufzuzählen, diesen Artikel sprengen würde. Also werde ich es gar nicht versuchen.

               Allerdings – das päpstliche Rom sind nicht nur Kirchen, obwohl sie natürlich die größten Dominanten der Stadt sind. Niemand kann aber die Engelsburg auf dem rechten Tiberufer übersehen, die durch einen Gang mit dem Vatikan verbunden ist und jahrhundertelang dem Papst als Zuflucht diente, wenn es wirklich schlimm war.

Manchmal war es tatsächlich so. Am 6.Mai 1527 marschierten plündernde und mordende Truppen Kaisers Karl V. in Rom ein, denen der Kaiser irgendwie vergaß, Sold zu bezahlen. Der Anführer, Karl III. Herzog von Bourbon, starb bei dem Angriff auf die Stadtmauer und die wilden Truppen, die jetzt keinen Kommandanten hatten, wüteten in der Stadt wie von Sinnen. Papst Klemens VII., der sich in diesem  Krieg der falschen, also französischen, Seite anschloss, sollte gefangen genommen oder getötet werden. Unter dem Schutz der schweizerischen Gardisten, die ihm als Leibgarde vom französischen König geschenkt worden waren, gelang es ihm, in die Engelsburg zu flüchten und sich dort belagern lassen. Aus der schweizerischen Garde starben in den Kämpfen 147 von 189 Männern, sie schafften es aber, die Flucht des Papstes zu schützen. Als Dank für ihre Tapferkeit ist auch heute noch die Tradition, dass in die päpstliche Leibgarde nur Schweizer treten dürfen, natürlich mit katholischem Glaubensbekenntnis. Die ursprüngliche Bedingung der Körpergröße ist heutzutage offensichtlich nicht mehr aktuell, wir sahen in den Uniformen der Garde auch Männer mit Körpergröße knapp über 160 cm. Es gibt offensichtlich in den wenigen schweizerischen katholischen Kantonen nicht eine so große Auswahl an Rekruten. Der Papst schaffte es, mit den übrigen Gardisten die Engelburg einen Monat lang zu verteidigen. Am 5 Juni nahmen die kaiserlichen Truppen die Burg ein und der Papst blieb hier sechs Monate als Gefangener. Am 7. Dezember gelang es dem Papst dank einer Menge Geld, mit der er einige kaiserlichen Offiziere bestach, die Flucht durch einen Geheimgang (Pasetto) in den Vatikan und dann weiter nach Orvieto. Wenn man an den Mauern der Engelsburg steht, kann man sich gar nicht vorstellen, wie jemand diese Festung überhaupt einnehmen konnte. Trotzdem hat sie ziemlich oft den Besitzer gewechselt, einmal sogar fünfmal in einem einzigen Jahr. Die Antwort ist ein bisschen italienisch. In Italien werden Festungen nicht mit Kanonen sondern mit Geld erobert. Wenn es genug davon gibt, findet man immer jemanden, der bereit ist, das Tor zu öffnen.

               Es ist schwer zu glauben, aber die Engelsburg wurde als Mausoleum des Kaisers Hadrian gebaut. Das Grab von diesem kunst- und philosophieliebenden Kaisers, der neben der Gattin auch einen männlichen Liebhaber hatte, war ein echtes Wahrzeichen des antiken Roms. Auf dem Dachfirst, wo heute der Engel mit Schwert steht, gab es damals die Statue des Kaisers, der nach dem guten römischen Brauch nach seinem Tod zum Gott erklärt wurde und das ganze Mausoleum war durch unzählige Marmorstatuen der Götter und Göttinnen geschmückt. Der ganze Schmuck wurde im Krieg zwischen Ostgoten und Byzantiner vernichtet. In den Jahren 535 – 555 kämpften die Ostgoten gegen die Byzantiner um die  Vorherrschaft in Italien.  Von Januar 537 bis März 538 belagerte der ostgotische König Wittiges erfolglos Rom, wo sich die byzantinische Garnison unter der Führung des Generals Belisaros verschanzte. Einer der größten ostgotischen Angriffe wurde gegen das Hadrianmausoleum  geführt. Die Verteidiger schlugen in ihrer Verzweiflung die Marmorstatuen in Stücke und bewarfen mit ihnen die angreifenden Ostgoten. Die Ostgoten wurden abgewehrt, aus dem Mausoleum wurde eine Festung, die in dieser neuen Funktion weitere tausendfünfhundert Jahre dienen sollte.

               So kommen wir aber zu der nächsten römischen archäologischen Schicht – zum antiken Rom. Aber darüber das nächste Mal.   

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