Natürlich, wie anders, was wäre schon Italien ohne die „Ewige Stadt“? Das müssen auch die Norditaliener, sogar die Mitglieder der „Liga Nord“ akzeptieren. Einer von ihnen hat mir einmal erklärt, dass Italien zehn Kilometer südlich von Rom sein Ende hätte, das aber nur deshalb, weil Rom die Hauptstadt sei.

               Es ist auffällig, dass Rom, obwohl das Zentrum Italiens, nicht über das höchste Bruttoinhaltprodukt pro Kopf verfügt. Es ist nicht einmal die reichste italienische Provinz, wie es sonst so gut wie in allen europäischen Ländern  der Fall ist. Rom hinkt deutlich hinter Piemont mit Turin, Lombardei mit Mailand und sogar hinter Südtirol nach. Aber Rom ist einfach Rom, es ist etwas, was man sehen muss und deshalb werde ich meine erste Serie der Artikel über italienische Städte hier beenden.

               Die Römer sind ein eigenes Volk und mit dem Rest von Italien haben sie sich nie wirklich identifiziert (übrigens Rom wurde an Italien als das letzte Stück des Landes im Jahr 1870 als Folge der Niederlage des Kaisers Napoleon III. im Krieg gegen Preußen angeschlossen). Bis dahin war Rom unter einem französischen Protektorat (offensichtlich auf Wunsch des Papstes, der den Anschluss an Italien zurecht gefürchtet hatte) und die Italiener mussten die Hauptstadt ihres neuen Königsreiches von Turin nach Florenz verlegen und auf einen günstigen Moment warten. Im Jahr 1870  kam dieser Moment und es konnte nicht einmal der uralte Alexander Dumas helfen, der für die Rettung Roms vor bösen Italienern mit einem geliehenen Kriegsschiff mit einer Kanone und einem hübschen jungen Schiffsmädchen ins See stach. Als er Rom nicht retten konnte, starb er noch im gleichen Jahr.        

               Die Römer haben sich nicht einmal mit der italienischen offiziellen Sprache angefreundet, die zu ihrem Unmut aus dem toskanischen und nicht aus dem römischen Dialekt stammt. Sie pflegen also sehr sorgfältig ihren eigenen Dialekt und lassen sich durch Hochitalienisch nicht beirren. Möglicherweise deshalb wird die Anschrift SPQR, die man auf allen römischen Kanaldeckeln als eine Erinnerung an einstiges Römisches Reich (Senatus populusque Romanus – also Römischer Senat und Volk) vom Rest der Italiener als „Sono pezzi questi Romani“, interpretiert, also frei übersetzt – „Die spinnen die Römer“.      

               Das zeugt von der Tatsache, dass der Rest Italiens die Römer einfach nicht versteht. Einem Römer ist bewusst, dass er in einer Stadt lebt, die die Wiege der derzeitigen Zivilisation war und betrachtet also alle Nicht-Römer als mehr oder weniger zivilisierte Barbaren. Er fühlt also die Verantwortung für den Rest des Landes, lässt sich aber deshalb nicht seine südliche Gelassenheit nehmen. Die Haupteigenschaft eines Römers ist, dass er immer hinter seinem Zeitplan nachläuft (wenn er überhaupt einen hat) Er weiß es und baut diese Tatsache in sein Lebensprogramm ein, ohne dass ihm das Stress oder Kopfschmerzen verursachen könnte. Die Tatsache, dass er in sein Büro spät kommt, kann ihn nicht daran hindern, mit dem Trafikanten zu tratschen, dem gerade der neue Freund seiner Tochter Sorgen macht. Also einfach „Dolce Vita“, wie diese Lebenseinstellung der geniale Federico Fellini definierte. Rom ist einfach Rom und diese Stadt zu erleben ist ein Pflichtprogramm jedes Mitglieds der westlichen, also christlichen Zivilisation.         

               Wenn ich aber einen Artikel über Rom schreiben möchte und dieser sich in einem limitierten Rahmen halten sollte, stehe ich auf einem verlorenen Posten. Weil Rom nicht nur riesig, sondern auch vielfältig ist. Es gibt antikes Rom, mittelalterliches und natürlich auch modernes Rom. Alles ist so unglaublich miteinander verflochten, dass die Stadt einem gordischen Knoten ähnelt, den es unmöglich scheint, aufzuflechten. Die einzige Ausnahme ist das Mussolinis Stadtviertel  E.U.R,  das einen wirklich kompakten Komplex bildet – ein furchtbares Denkmal der faschistischer Architektur, sehr ähnlich der Schöpfung der Nazis oder des sozialistischen Realismus. Zum Glück traute sich nicht einmal Mussolini ein Stadtviertel im Stadtzentrum niederzureißen, um es mit diesem seinen Denkmal zu ersetzen – diese Entscheidung traf er umso leichter, weil die Italiener – wie wir schon wissen – ohnehin sehr ungern etwas niederreißen. Es gibt damit zu viel Arbeit. Sie bauen lieber um. Gott sei Dank.  

               Nichtsdestotrotz traue ich mich nicht, einen zusammenfassenden Artikel über die römische Kultur und die Sehenswürdigkeiten zu schreiben, maximal könnte ich mich um  ein paar subjektive Sondierungen bemühen. Während dreier Besuche der ewigen Stadt kann man nur einen Bruchteil seiner Schönheit kennenlernen, zu seinen Geheimnissen schafft man das in dieser kurzen Zeit überhaupt nicht.                            

Selbstverständlich muss man in Rom Frascati kosten, einen Wein aus Lazio (den Rotwein Cesanese ist etwas schwieriger zu besorgen, er wird im Gegenteil zum Weißwein in dieser Region nur in kleinen Mengen angebaut) aus südlichen Vorstädten Roms und natürlich auch „Gnochi  ala Romana“ oder „Saltinboca“ ausprobieren, ein Naturschweinschnitzel, paniert auf Butter, das, wie der Name sagt, selbst in den Mund springt. Überraschenderweise kann man in Rom für ziemlich akzeptable Preise essen. Die Konkurrenz der Gaststätte ist riesig, man muss nicht unbedingt im ersten „Ristorante“ bleiben, über das man stolpert, auch wenn man bereits das Gefühl hat, durch Hunger zu sterben. „Insider Tipps“ sind dringend wünschenswert, die Qualität der Speisen in verschiedenen Restauranten ist sehr variabel und nicht immer im Einklang mit dem Preis. Wenn man sich entscheidet, auf der „Piazza Navona“ zu Mittag zu essen, muss man akzeptieren, dass man viel für wenig zahlen würde. Man zahlt hier für den Blick auf einen der schönsten römischen Plätze. Aber zum Beispiel in der „Osteria suburana“ im früheren römischen Sündenviertel Subura oder im „Pane e Vino“ in der „Via di Parione“ kann man gut essen, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen.

               Wenn man sich für einen Ausflug nach Rom entscheidet, muss man in Kauf nehmen, lange Strecken zu Fuß zurücklegen zu müssen. Das historische Zentrum ist logischerweise ziemlich groß und die Strecke C der U-Bahn, die durch das Zentrum führen sollte, wird wahrscheinlich niemals fertiggebaut. Es wird an ihr bereits jahrzehntelang gearbeitet, aber egal, wohin die Bauleute graben, immer finden sie ein historisches Artefakt und sie haben sofort die Denkmalschutzbehörde am Hals. Also gibt es nur die Strecken „A“ und „B“, die das historische Zentrum des antiken Roms in einer respektablen Entfernung umkreisen. Diese Entfernung muss man dann zum Fuß bewältigen. Aber es ist möglich. Sogar meine achtzigjährige Mutter hat das geschafft, obwohl sie es mit einer Bursitis im Hüftgelenk bezahlte.      

               Ich versuche durch die Zeit zurück zu rudern, also vom modernen zum antiken Rom und ich bitte um Verzeihung, wenn ich aus Versehen den Weg verlassen würde. Das kann nämlich in Rom sehr leicht passieren. Ich versuche also  immer tiefer nach der Art der Archäologen zu graben, also gegen die Zeit zu reisen.

Ich werde meinen Bericht über Rom in drei Blöcke teilen. Heute beginnen wir also mit dem modernen Rom und wir tauchen bis in die Schichten des Höhepunktes der päpstlichen Macht – also in die Zeit von Barock und Manierismus – ein. Das wird sicher für heute genug sein.

Das neueste Gebäude, das eines Besuches wert ist, ist das „Museo Nazionale delle Arti del XXI Secolo“ genannt kurz MAXXI.

Natürlich, die moderne Kunst ist nicht Jedermanns Sache, man findet hier aber auch ältere Kunstwerke, zum Beispiel im „Museo Aristaios“ gibt es Sammlung, die vom Dirigenten, Archäologen, aber auch Psychiater Giuseppe Sinopoli gespendet wurde. Interessanter als die hier untergebrachten Sammlungen ist aber vielleicht sogar das Gebäude selbst, seine avantgarden Formen verdankt es der Architektin Zaha Hadid (1950 – 2016). Besuchen Sie, wenn möglich, das Museum bei schönem Wetter, das schönste Erlebnis ist nämlich ein Espresso auf der Terrasse. Ein Problem ist, dass dieses Museum ziemlich weit vom Stadtzentrum liegt, es ist von der „Piazza di Popolo“  in Richtung Norden zu Fuß noch einen nicht gerade kurzen Weg entfernt. Man kann die Straßenbahn benutzen, nämlich die Linie 2 in Richtung Piazza Mancini.

               Siebzig Jahre vorher wurde die furchtbare Mussolinistadt E.U.R. gebaut. Sie ist eigentlich einen Besuch wert. Es ist im Grund genommen der einzige Werk der faschistischen Architektur, der uns erhalten geblieben ist – wahrscheinlich auch nur deshalb, weil Italiener – im Gegensatz zu Deutschen – wie bereits hundertmal erwähnt, äußerst ungern etwas niederreißen und auch, weil Rom im zweiten Weltkrieg an die Alliierten übergeben wurde, ohne durch Straßenkämpfe beschädigt worden zu sein. Häuser aus Beton mit Reliefs wie aus dem realen Sozialismus und sogar ein Obelisk – nicht aber ein alter ägyptischer, sondern ein neuer. Sollte jemand denken, Mussolini ließ diesen Obelisk bauen, damit in Rom nicht die unglückliche Zahl von 13 Obelisken steht, muss ich ihn enttäuschen – einen Obelisken, der auf Piazza Porta Capena stand, gaben die Italiener an Äthiopien erst im Jahr 2005 zurück.

Von Mussolinis Bescheidenheit zeugt die Tatsache, dass sein Obelisk mit seinen siebzehn Meter Höhe nur der fünft höchste in Rom ist. Die U-Bahn bringt euch zu E.U.R und wieder zurück, wenn Sie genug von dieser Architektur hätten. Was ziemlich schnell passieren könnte.

               Ein weiteres Monument ist um fünfzig Jahre älter als E.U.R und es ist eines der Wahrzeichen Roms „Monumento Nazionale Vittorio Emmanuelle II.“. Es wurde in den Jahren 1885 – 1911 von Architekten Giuseppe Sacconi gebaut und er wertete damit das Zentrum Roms für immer und ewig ab. Außer einer großen Reiterstatue des ersten italienischen Königs, der zu seinem Glück die Fertigstellung dieses Monuments nicht erlebte (er starb im Jahr 1878) gibt es hier auch das „Grab des unbekannten Soldaten“ mit ewiger Flamme und einen „Heimatsaltar“.  Die Römer konnten sich mit diesem Ungeheuer nie abfinden (im Gegenteil zu Franzosen, die sich nach anfänglichen Protesten mit ihrem Eifelturm doch anfreunden konnten oder Österreichern, die nach heftigen Hasstiraden letztendlich ihre Wiener Oper lieben und dort jedes Jahr sogar tanzen.) Die Römer nennen dieses Riesengebäude in Anspielung auf seine Form bis heute „Die Schreibmaschine“.

Das ist genau das, was ich an den Italienern liebe. Sie können sich über sich selbst lustig machen und ihr Humor gegen sich selbst kann auch sehr giftig sein, trotzdem hören sie nicht auf, auf ihr Land, ihre Kultur, Geschichte und Küche stolz zu sein. Es ist ihnen gleichgültig, dass erzählt wird, dass die zwei kürzesten Bücher der Welt das britische Kochbuch und das Buch der italienischen Heldentaten sind. Egal wie viele Kriege die Italiener verloren haben, immer konnten sie nach der Niederlage etwas für sich gewinnen. Die Österreicher werden ihnen niemals Südtirol und schon überhaupt nicht Triest verzeihen, sie können aber nichts mehr ändern. Zwar einigermaßen ironisch, aber trotzdem pompös, das ist das Monument Vittorio Emmanuelle, die Verherrlichung der italienischen Staatlichkeit.    

               Zum Glück hat Rom solche Denkmäler nicht im Überfluss. Wir können gleich um einige Jahrhunderte tiefer eintauchen und beginnen das barocke Rom zu bewundern. Weil Barock, der hier sein Ursprung erlebte, gibt Rom sein dominantes Gesicht. Am Beginn dieser Epoche stand Gian Lorenzo Bernini, der Vater dieses Baustils.           

               Bernini kam nach Rom als achtjähriger Bub mit seinem Vater, den Papst Paul V. Borghese als Baumeister anstellte. Der Papst, der den Anfang des Dreißigjährigen Krieges mitgestaltete und am 3.Dezember 1620 eine feierliche Messe zur Ehre des Sieges der katholischen Waffen am Weißen Berg bei Prag persönlich zelebrierte. Bernini begann für ihn im Jahr 1618 zu arbeiten und bis zum Tod im Jahr 1680 schuf er in Rom eine Reihe Werke, die der heutigen Stadt ihren Charakter verleihen. Die Borghesen prägen das Stadtbild von Rom bis heute dank ihrer Villa auf dem Berg oberhalb der Spanischen Treppe. Das Grundstück ergatterte der Neffe des Papstes Paul V. Scipionne Scafarelli und die Borghesen blieben hier. Es handelt sich um eine Villa mit einem riesigen Park und einer Gallerie von Statuen, wahrscheinlich der schönsten in Rom – unter anderen gibt es hier auch die Statue der schönen Schwester Napoleons, Pauline, die ein Mitglied der Familie Borghese  Camillo geheiratet hat. Pauline ließ sich nackt als Göttin Venus darstellen. In ihrer Zeit war es ein riesiger Skandal, meiner Meinung nach musste sich Pauline für ihr Aussehen sicher nicht schämen.  

Bernini schuf den Baldachin über das Grab des heiligen Petrus im Dom im Vatikan und den gigantischen Säulengang, der den Platz vor der Kirche des heiligen Petrus umrahmt. Als ich mich das erste Mal zu diesem Platz näherte, verstand ich nicht, wie durch das Mitte Roms eine Autobahn laufen könnte. Es gab hier keine, allerdings könnten die Säulen von Bernini locker eine Autobahn tragen, sie rahmen einen der größten und schönsten Plätze Europas ein Auch der Vorraum des Pantheons ist ein Werk von Bernini und natürlich auch die legendäre Fontäne der vier Flüsse auf der „Piazza Navona“.

Bernini arbeitete insgesamt für acht Päpste, am Ende erschwerte ihm das Leben der Neid seiner Kollegen. Er wurde in der Kirche Maria Maggiore begraben. Sein Grab ist einfach und es ist schwer zu finden, nur sein Name auf einer der Stufen, die zur Apsis führen, erinnert an den Platz seiner Ruhestätte. Große Meister brauchen keine großen Grabmäler, ihr Werk spricht ausreichend für sie. Barock, dieser repräsentative Baustil, siegte in Rom dank Bernini.

Der Höhepunkt der barocken Kunst sind weitere bekannte Denkmäler, wie die Spanische Treppe, gebaut für französisches Geld vom König Ludwig XV. Zum Glück wurde das ursprüngliche Projekt, in dem über der Treppe eine riesige Reiterstatue dieses Königs stehen sollte, nicht vollendet (der Papst war dagegen). Heute steht oberhalb der Treppe die französische „Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit“.

               Nicht weit von hier gibt es die „Fontana di Trevi“.

Dieses wunderbare Wasserspiel machte vor allem der Film „Dolce Vita“ von Federico Fellini mit Anita Eckberg und Marcello Mastroiani aus dem Jahr 1959 berühmt. Das nächtliche Bad von Anita Eckberg machte das Werk berühmter als alles andere, seitdem ist die Fontäne ein Pflichtprogramm für jeden Besucher Roms und dementsprechend  schaut es dort auch aus. Sollten Sie die mutige Idee haben, in den Nachmittagstunden die Fontäne zu besuchen, bereiten Sie sich auf unglaubliche Menschenmengen, die alle sich unbedingt vor dem Werk der Architekten Nicola Salvi und Giuseppe Pannini, das aus Anlass des Papstes Klement XII. gebaut wurde, ein Photo machen wollen. Von Gruppen, einzelne Personen, Selfie, alles was nur möglich ist und natürlich gibt es hier eine unglaubliche Menge Rosenverkäufer, die euch nicht in Ruhe lassen. In einem Moment habe ich gehofft, sie wären endlich weg – es begann nämlich zu regnen. Die Freude dauerte nur ein paar Augenblicke, dann waren sie wieder zurück, zwar ohne Rosen, dafür aber mit Regenschirmen. Einen Unternehmergeist kann man ihnen nicht abstreiten. Wenn man nur ein bisschen Privatsphäre hier erleben möchte, hier oder auf der Spanische Treppe, gibt es nur eine verlässliche Methode – man muss früh aufstehen. Was in Rom nicht unbedingt bedeutet, um sechs in der Früh wach zu sein. Die Römer sind keine Frühaufsteher. Es reicht, zur Spanischen Treppe um acht Uhr morgens zu kommen, dann hat man ein Photo nur für sich allein.

               Nur ein paar Minuten Spaziergang weiter gibt es Fontäne der Tritonen auf der „Piazza Barberini“, wieder ein Werk des genialen Bernini, diesmal für den Papst Urban VIII. gebaut.

Kommen wir aber noch eine architektonische Schicht tiefer – zum Manierismus. Der Gründer dieses Stils, der die klassische Renaissance verließ und eine neue Maß der Kunst vorgab, war kein anderer als ein weiteres Genie, der (unter anderem) auch in Rom lebte und arbeitete – Michelangelo Buonarotti.  Seine Werke, ähnlich wie die von Bernini, sind ebenso im ganz Rom verstreut, ein der berühmtesten ist natürlich die Pieta in der Kirche des heiligen Petrus. Es ist sein erstes großes Werk, mit dem sich der damals noch junge Künstler den Platz an der Sonne verschaffte. Durch Führung des Schicksals war eines der letzten Werke des bereits mehr als siebzigjährigen Künstlers die Kuppel der Kirche. Gerade die riesigen Kosten, die mit dem Bau des gigantischen Doms über das Grab des heiligen Petrus, mit dem Julius II. begann, die durch einen unverschämten europaweiten Sündenerlassverkauf finanziert wurden, waren der Grund, warum Martin Luther im Jahr 1517 seine Revolte startete. Michelangelo ist aber an vielen anderen Stellen in Rom durch seine Werke anwesend. Natürlich ist das die legendäre Sixtinische Kapelle, also ihre Decke und die Frontseite – die Seitenwände sind mit Fresken anderer Autoren, nämlich der größten Künstler der Renaissance wie Sandro Boticelli, Perugino, Roselllino und weiteren geschmückt. Das Fresko der Schöpfung des Adams ist allerdings ein der berühmtesten Motiven und neben dem David in Florenz wahrscheinlich das bekannteste Werk Michelangelos. Das Jüngste Gericht an der Frontseite der Kapelle malte Michelangelo zwanzig Jahre später – der Gott gönnte ihm für seine Arbeit genug Zeit. Michelangelo beteiligte sich auf entscheidende Weise auch am Bau des wunderschönen „Palazzo Farnesse“, in der Kirche „San Pietro in Vinculi“ im Stadtviertel Subura findet man seinen berühmten Moses, in der Kirche „Santa Maria Minerva“ dann seinen „Auferstehenden Christus“.  Ein echtes Schmankerl ist dann die Kirche „Santa Maria degli Angeli e dei Martiri“ auf der „Piazza della Republica“.

Der damals bereits fünfundachtzigjährige Künstler entschied sich für eine absolut geniale Lösung, als er aus der Ruine der ehemaligen Terme Kaisers Diokletianus eine Kirche bauen sollte. Er entschied sich die hohen Säle des Tepidariums (90 Meter lang, 27 Meter breit und 30 Meter hoch) zu nutzen und baute die Kirche in der Form eines griechischen Kreuzes (Die Arme des griechischen Kreuzes sind im Unterschied zum lateinischen gleich lang), was der Kirche eine fabelhafte Symmetrie verleiht. Von außen geht es um ein unauffälliges Gebäude – Die Fassade bilden die römischen Ruinen – im Inneren gibt es aber ein unbeschreiblich schönes Erlebnis. Johannes Paul II. schenkte der Kirche die „Milleniumsorgel“, bereits vor ihm ließ  Papst Klement XI. in den Boden der Kirche den so genanntes „Meridian“ einbauen, der zu genauer Zeitmessung dienen sollte.

Ich habe Michelangelo immer bewundert. Er war keiner der Künstler, die einen bereits existierenden Kunststill zur Perfektion bringen, wie z.B. Leonardo da Vinci, sondern einer, der neue Räume eröffnete. So erkennt man ein wahres Genie. Michelangelo hatte den Mut, die schroffen obwohl schönen Linien der Renaissance zu verlassen und sich auf einen neuen unerforschten Weg zu begeben. Der dann weiter in Richtung Barock und zu weiterer Entwicklung der menschlichen Schöpfung führte.

Der Artikel jetzt fortzusetzen wäre beinahe eine Sünde. Schließen wir die erste römische Etappe mit Michelangelo, in die nächste Schicht, nämlich in die Stadt der allmächtigen Päpste in der Zeit der Renaissance und Mittelalters, tauchen wir das nächste Mal ein.

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